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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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immer noch auf eine Antwort.
    »Zuerst nicht. Wir waren übereingekommen, noch ein paar Jahre zu warten. Aber … er gewöhnt sich an die Vorstellung.«
    »Hm.«
    Schweigend traten sie in den Pisonienwald ein, wo die Luft schwül und feucht war. Isobel wischte sich die Schweißperlen von der Oberlippe, nahm den Hut vom Kopf und fächelte sich damit zu. Beide Frauen blieben stehen, um den Streit zweier Noddy-Seeschwalben über das Anbringen eines Blatts an einem halbfertigen Nest zu beobachten.
    »Alle Paare haben häusliche Meinungsverschiedenheiten«, bemerkte Jennifer. Sie dachte an ihren nicht vorhandenen Nestbau. »Unser Kind wird wahrscheinlich in einer Kiste auf dem Boden schlafen«, versuchte sie zu scherzen. »Rosie ist sehr entgegenkommend und lässt uns mit dem Baby bleiben, bis Blairs Vertrag ausläuft. Dann werden wir uns hoffentlich etwas dauerhafter niederlassen.«
    Isobel machte eine wegwerfende Handbewegung. »Babys brauchen keine teure Ausstattung. Solange es bei dir ist, hat es alles, was es braucht. Milch, Kuscheln, Schmusen, die Geräusche von Meer und Vögeln. Perfekt.«
    »Ach, Isobel, ich weiß nicht, ob du einfach eine unverbesserliche Optimistin bist oder mich beruhigen willst«, sagte Jennifer und seufzte. »Ich wollte, alles wäre so einfach, wie du es darstellst.«
    Sie gingen weiter und erreichten die Weggabelung.
    »Ich besuche Gideon«, sagte Isobel.
    »Ich gehe zurück zur Ferienanlage.« Jennifer hatte das Gefühl, Isobel danken zu müssen, doch sie wusste nicht, wofür. Wenn überhaupt, hatte sie Unruhe und Ärger in ihr geweckt, und die Ahnung, dass sie anders handeln, ihr Leben anders führen könnte.
    Isobel berührte Jennifers Wange. »Mein liebes Mädchen, lass dir von mir helfen. Weißt du, was dir fehlt?«
    Jennifer wollte schon antworten, dass ihr überhaupt nichts fehle, dachte aber daran, wie sie sich eben noch gefühlt hatte. Sie senkte den Blick auf ihre sandigen Füße in den Sandalen und schüttelte nur den Kopf.
    Isobel legte einen Finger unter Jennifers Kinn und hob ihr Gesicht an, so dass sie einander in die Augen sehen konnten. »Du hast den Zauber der Kindheit, des Wunderns verloren. Des wahren Sehens. Du kannst deinem eigenen Kind keine gute Mutter sein, solange du ihn nicht mit ihm teilen kannst.«
    Unerklärlicherweise füllten sich Jennifers Augen mit Tränen.
    Isobel lächelte. »Wir werden diesen Zauber wiederfinden. Gemeinsam. Dafür sind Freunde doch da, oder?« Sie drückte Jennifers Hand und ging weiter. Sie warf einen Blick zurück auf Jennifer, die an der Gabelung des Sandwegs stand, und sie fragte sich, ob das Mädchen wusste, dass es an einem Scheideweg ihres Lebens stand. Sie hoffte, dass Jennifer den Mut aufbrachte, den Weg der Selbstfindung zu gehen.
    Jennifer konnte Blair nirgends finden. Nachdem sie gegessen und die Küche aufgeräumt hatte, ging sie zum Anleger der Ferienanlage. Es war später Nachmittag, und wie immer verblüffte es sie, dass der Anleger, obwohl die Ferienanlage mehr als hundert Gäste beherbergte, menschenleer war. Wo waren die Gäste tagsüber? Sie sah Lloyd, der auf seinem Boot mit einem Schlauch das Deck abspritzte, ging hinüber und begrüßte ihn.
    »Hey, Jennifer, wie geht’s? Wie ich höre, hast du dich in der Forschungsstation niedergelassen?«
    »Mein zweites Zuhause. Und wie geht’s dir?«
    »Komm an Bord. Bin gerade von einem Ausflug zurück. Magst du eine Tasse Tee?«
    »Warum nicht?« Sie stieg die massive Holztreppe hinab, hielt sich an einem Mast fest, der einmal ein Urwaldriese gewesen war, ergriff Lloyds Hand und sprang aufs Boot.
    »Allmählich wirst du Stammkundin bei mir. Komm doch das nächste Mal zum Angeln mit raus!«
    »Ich mag die Fische nicht sterben sehen. Außerdem würde ich wahrscheinlich seekrank. Ich bin schwanger, weißt du?«
    »Pech. Wegen des Angelns, meine ich.« Er stellte den Teekessel auf die Gasflamme. »Das macht mir Sorgen … Da draußen gibt es kaum noch Fische.« Er deutete auf zwei schwarze Markierungen an der Kante des Schandecks.
    »Sieh mal – fünfundvierzig Zentimeter. Alles, was kleiner ist, wandert zurück ins Meer. Und das ist der Großteil der Fische, die die Touristen fangen. Natürlich jammern sie dann; ein Fisch von der Größe würde zwei Personen satt machen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, Geld dafür zu bezahlen, dass ich etwas fange, was in eine kleine Bratpfanne passt«, sagte Jennifer.
    »Branch ist nicht unbedingt für gute Fanggründe bekannt. Aber

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