Die Kristallsaengerin
Shuttles und Raumschiffen eingeschlossen gewesen war, wirkte sogar eine Mondbasis geräumig. Die Annehmlichkeiten von Shankill reflektierten ihren Nutzen sowohl als kommerzielle wie auch als wissenschaftliche Einrichtung. Man hatte viele Gedanken und große Mühe auf eine annähernd gleiche planetarische Umgebung verwandt, um die hier Lebenden wie auch die Durchreisenden die feindlichen Bedingungen draußen vergessen zu lassen. Hologramme an der Außenseite der Rampe stellten eine prächtige Berglandschaft dar, deren Lichtverhältnisse sich wahrscheinlich dem Tagesrhyth-mus der Basis anpaßten, »Draußen« war es ungefähr Mittag, aber sie ignorierte ihr Magenknurren.
Auf der anderen Seite einer Schleuse, hinter der rot schraffierten Zone, nach der sie sich selbst Ausschau zu halten versprochen hatte, öffnete sich der Korridor in ein gro-
ßes Foyer.
Entlang der Wand waren Hologramme von Bäumen und Blumen, die zwischen den Reihen von Sträuchern mit leuchtenden Blättern nickten und tanzten. Der Dekorateur hatte hier die Flora von verschiedenen Planeten vermischt, dachte sie, aber mit Hologrammen, die kaum botanische Probleme mit sich brachten. Abgesehen davon war der Effekt farben-prächtig.
Die Verpflegungseinrichtung unter ihr erstreckte sich über mehrere Ebenen, die erste ein breiter Korridor zwischen zwei Bereichen für Getränke, von denen in einem ein menschlicher Angestellter bediente. Sie wandte sich nach links und betrat einen anderen kurzen Korridor, der den Verpflegungs-und den Gildebereich verband.
Flüchtig kam ihr in den Sinn, daß die Gildebüros über Mittag möglicherweise geschlossen waren, und sie war überrascht, daß sie ohne weiteres in das Empfangsfoyer eingelassen wurde. Hier blieb sie erstaunt stehen.
Mondbasis oder nicht, die zwölfeckige Halle war gewaltig, die Decke sicher fünf, wenn nicht sechs Meter hoch. Von der Mitte der Bögen, die die Decke trugen, hing ein riesiges, buntes Kristallgebilde herab, das schwach leuchtete. Das einzige Mobiliar in dem offenen Raum war eine geschwungene Konsole, aber Killashandra bemerkte die Lichter von Auslageni-schen, die in verschiedenen Höhen in die Wände eingelassen waren.
»Oh«, stieß sie in leisem Erstaunen aus und hörte, wie der Kristallüster klirrend antwortete. Er war nicht bloß, wie sie anfänglich vermutet hatte, ein Beleuchtungskörper, sondern schien aus vielen Kristallen von verschiedener Farbe und Form zu bestehen: Meisterwerke der Kristallkunst. Was für eine Verschwendung. Plötzlich sah sie, daß sich das Gebilde langsam drehte, wobei seine leuchtenden Spitzen Lichtpunkte in den Raum warfen, die sich zu einem immer neuen Muster zusammenfügten, ständig begleitet von jenem leisen, fast unwirklichen Klingen.
Wenn einen dieser Ton nicht verwirrte, dann wurde man vom Licht gefangen, dachte Killashandra. Sie schüttelte die kaum merkbare hypnotische Wirkung ab und begann, in der gewaltigen Hal e herumzustöbern. In der ersten Nische lag ein Fä-
cher aus winzigen Splittern eines blaßrosa Kristalls, wie sie wahrscheinlich als Computerchips oder -wandler verwendet wurden.
Sie fragte sich, wie scharf ihre Kanten wohl sein mochten. Die nächste Auslage zeigte vergrößernd kristalline Adern von verschiedener Färbung und verschiedenem Durchmesser. Das konnte man bestimmt nicht »schneiden«. Vielleicht zersplitterte der gelb-liche Kristal in solche Fäden.
Den dritten Schaukasten beherrschte die Igelform einer Kri-stallantriebseinheit, doch der meiste Platz war dem schwarzen Kristall gewidmet, der tatsächlich weder schwarz noch, wie es schien, ein Kristall war. Als sie zur nächsten Wand des Zwölfecks ging und durch eins der Gucklöcher spähte, konnte sie einen anderen sehen, der unter der Spezialbeleuchtung eindeutig schwarz war.
Plötzlich begann der Leuchter zu klingen, und als sich Killashandra erschrocken umdrehte, entdeckte sie im Eingang den gro-
ßen, schmalen und nervösen Mann aus dem Raumschiff. Er hatte sich geräuschvoll geräuspert, und der Lüster reagierte auf diesen harten Laut. Der Mann sah aus, als wollte er eben entsetzt wieder aus der Halle stürmen. »Ja?« fragte sie, um seiner Flucht zuvor-zukommen. Warum sollte sie nicht versuchen, herauszufinden, was ihn so verfolgte.
»Ich möchte mich nicht in Ihr Privatleben einmischen«, platzte er in heiserem Flüstern heraus. Offensichtlich hatte er sich die seltsame Reaktion des Leuchters von vorher gemerkt. »Aber dieser Mann, der bei Ihnen auf
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