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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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blieb es eine großartige Geschichte, und die Medien würden sie in die Welt hinausposaunen, nachdem sie sich davon überzeugt hatten, daß alles der Wahrheit entsprach.
    Max zog seinen Mantel über und ging nach draußen. Mondlicht schien auf die Grabungsstelle, beleuchtete das Rundhaus und warf tiefe Schatten in den kreisförmigen Ausschnitt, in welchem es stand. Peggy Moores Theorie, daß der Ausschnitt im Fels künstlicher Natur war und daß jemand den Felsen bearbeitet hatte, um das Objekt aufzunehmen, schien inzwischen außer Frage. Die felsige Küste hatte zu weit oberhalb der Wasserlinie gelegen, dachte Max und stellte sich den verschwundenen See vor. Also hatten sie ein Stück Gestein entfernt, ihr Bootshaus aufgestellt und die letzten paar Fuß durch einen Kanal überbrückt.
    Irgendwann war das Binnenmeer ausgelaufen, und das Ding war hoch und trocken zurückgeblieben. Im Verlauf von zehntausend Jahren hatte der Wind alles unter Staub und Erde begraben.
    Vielleicht konnte er ja das Stück Fels entdecken, daß sie ausgeschnitten hatten? Max trat dicht an den Abgrund und spähte nach unten.
     
    Harry Ernest war der einzige Kriminelle in ganz Fort Moxie. Er hatte in Chicago seine Leidenschaft für Graffitis entdeckt und war nach dem Tod seiner Mutter nach North Dakota gekommen, um bei seinen Verwandten zu leben. (Seinen Vater hatte Harry niemals gekannt.)
    Harrys größtes Problem war, daß sich ein freier Geist in einer Stadt wie Fort Moxie nicht verbergen konnte. Er war der einzige allseits bekannte Vandale nördlich von Grand Forks, und konsequenterweise wußte der Deputy stets ganz genau, an wen er sich wenden mußte, wenn wieder einmal ein obszöner Appell den Wasserturm oder eine der Kirchen oder die Elks Hall verzierte.
    Zu seiner Ehrenrettung – und zum Entsetzen seiner Familie – muß erwähnt werden, daß Harry sich seiner Kunst mit Hingabe widmete. Da er wußte, daß er unausweichlich den Preis zu zahlen hatte, lernte er mit der Zeit, seine Ziele so auszuwählen, daß er die größtmögliche Wirkung erreichte. Als das Rundhaus im Fernsehen auftauchte, erschien das Harry wie der Ruf einer Sirene.
    Tom Brokaw hatte sich kaum von seinen Zuschauern verabschiedet, da sammelte Harry bereits die Sprühfarben ein, die er auf dem Dachboden versteckt hatte. Weiß und Gold, dachte er. Das würde einen hübschen Kontrast zum dunklen Grün des Objekts ergeben.
    Er dachte lange über eine angemessene Botschaft nach und beschloß schließlich, daß die einfachste Lösung zugleich die beste war. Er würde die gleichen Gedanken zum Ausdruck bringen, die er bereits auf zahllosen Steinmauern in und um Chicago hinterlassen hatte. Harrys Antwort auf die Welt.
    Gegen elf Uhr abends, als im Haus alles ruhig geworden war, nahm er die Wagenschlüssel vom Schreibtisch im Büro seines Onkels, kletterte aus dem Fenster seines Zimmers und ließ den Ford der Familie aus der Garage rollen.
    Eine halbe Stunde darauf entdeckte er, daß die Zufahrtsstraße durch einen Polizeiposten überwacht wurde. Er fuhr an der Abzweigung vorüber und parkte eine halbe Meile weiter am Straßenrand. Von dort aus bahnte er sich einen Weg durch den Wald, traf schließlich auf die Zufahrtsstraße und ging zu Fuß nach oben.
    Das Rundhaus war ein dunkler, zylindrischer Schatten im schwachen Sternenlicht. Es überblickte das gesamte Tal. Welche Botschaft Harry auch immer hinterlassen würde – bei Tageslicht wäre sie von der Route 32 aus nicht zu übersehen.
    Mehrere provisorische Unterkünfte waren rings um das Objekt aufgestellt worden. Harry bemerkte Licht und Bewegung in einer davon. Ansonsten lag die Grabungsstelle still und verlassen.
    Er schlenderte leise pfeifend über den Sattel und genoß das Gefühl. Im Schatten des Rundhauses hielt er inne und überprüfte seine Sprühdosen. Es wurde wieder ziemlich kalt, doch sie funktionierten noch. Befriedigt stand er für eine Minute oder so da und ließ sich den Wind ins Gesicht blasen. Ja. Das war es, was Leben ausmachte. Wind in den Haaren. Schneefall. Und der Welt den Finger zeigen.
    Harry lächelte und trat auf den schmalen Grat aus Felsgestein hinaus, der das Rundhaus vom Abgrund trennte. Das Nichts neben ihm ließ ihn kalt. Er erreichte die Mitte und drehte sich zu seiner Leinwand um. Dann wich er bis zum Rand des Abgrunds zurück. Glücklicherweise kam der Wind aus Westen, so daß die Konstruktion ihn schützte. Das war wichtig, wenn man mit Sprühdosen arbeitete.
    Harry stellte

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