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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Vorderseite des Rundhauses entlang. Jetzt, da die Stelle abgesichert war, begannen die Arbeiter damit, den Kanal auszugraben.
    Fernsehkameras liefen mit, als ein Mädchen im Rollstuhl von einer der örtlichen High Schools hergebracht wurde, um den ersten Spatenstich zu machen. Die Kleine lächelte brav in die Kameras und tat ihre Pflicht. Dann fingen die Grabungsmannschaften mit ihrer Arbeit an.
    Alle wußten, daß es eine langatmige Geschichte werden würde, da der Platz so beengt war. Lediglich zwei Männer konnten zur gleichen Zeit arbeiten.
    In der Zwischenzeit war der Himmel grau geworden, und die Temperatur stieg, ein Anzeichen für bald einsetzenden Schneefall. Entlang der Rundung des Gebäudes war eine ganze Armee von Arbeitern mit Besen und Lappen beschäftigt, die Wände und das halbe Dutzend Streben zu reinigen, mit denen die Konstruktion auf ihrem felsigen Fundament verankert war. April und Max beobachteten das Geschehen durch eine der Sicherheitskameras von der Kontrollbaracke aus.
    Für die meisten Arbeiter war es die letzte Woche hier oben. Man würde sie auszahlen, ihnen danken und sie schließlich entlassen. Charlie Lindquist plante ein Abschlußessen in der Stadthalle von Fort Moxie. Er hatte bereits Urkunden für die Männer anfertigen lassen (Ich half bei der Ausgrabung des Rundhauses). Die Berichterstattung in den Medien lebte wieder auf, genau wie die Besucherströme. Auf der Route 32 stauten sich Fahrzeuge meilenweit in beide Richtungen.
    April ging in regelmäßigen Abständen nach draußen, kletterte in den Graben und schritt die Wandung des Rundhauses ab. Sie war gern in seiner Nähe. Sie mochte das Gefühl des Materials auf ihren Händen und das Wissen, daß irgend etwas, das vielleicht ganz anders als Menschen aussah, einst an der gleichen Stelle gestanden hatte wie sie jetzt und den Blick über das blaue Wasser des lange verschwundenen eiszeitlichen Sees hatte schweifen lassen.
    Heute war die Wand irgendwie anders. April stand auf der Rückseite, in der Nähe des Hirschkopfes, und blickte an der geschwungenen Wandung vorbei auf den bewaldeten Hang, der zum nördlichen Teil von Johnson’s Ridge hin anstieg, und versuchte zu fassen, was ihre Instinkte ihr sagen wollten. Alles schien unverändert.
    Sie berührte die glatte Oberfläche. Preßte die Finger dagegen.
    Sie war warm.
    Nun, nicht wirklich warm. Aber auch nicht so kalt, wie sie eigentlich hätte sein müssen. April ließ die Handflächen auf der Wand verweilen.
     
    Im Westen wurde es dunkel, und der Wind frischte auf. Max beobachtete, wie die Mannschaften sich versammelten und Planen verteilt wurden. Die Arbeit am Kanal wurde unterbrochen, und Planen wurden über die Gräben gespannt, um zu verhindern, daß sie sich mit Schnee füllten. Nachdem diese Arbeit erledigt war, wurden sämtliche Arbeiter nach Hause geschickt.
    Niemand wollte auf der Straße überrascht werden, wenn der Sturm losbrach. Auch Max nicht. »Bist du soweit?« fragte er April.
    »Ja«, antwortete sie. »Fahr schon los. Ich komme direkt nach.«
    Max zog seinen Mantel über. Der Wind brachte den ersten Schnee mit sich. Die Sicht würde bald gegen Null gehen.
    »Hey«, sagte er. »Was hältst du davon, wenn ich unterwegs einhalte und uns eine Pizza besorge?«
    »Gute Idee. Wir treffen uns im Motel.«
    Max nickte und eilte aus der Tür. Der Wind hätte sie ihm fast aus der Hand gerissen.
    Er marschierte zum Tor und wurde von Andrea Hawk begrüßt. Sie gehörte zu den Sicherheitsleuten. Außerdem war sie Radiomoderatorin bei irgendeinem Sender in Devil’s Lake, wie Max sich erinnerte. Und sie war äußerst attraktiv. »Gute Nacht, Mister Collingwood«, sagte Andrea. »Seien Sie vorsichtig. Die Straße ist glatt.«
    »Was ist mit Ihnen?« fragte Max. »Wann verschwinden Sie von hier?«
    »Wir bleiben über Nacht oder bis zum Eintreffen der Ablösung, je nachdem.«
    Max runzelte die Stirn. »Sind Sie ganz sicher?«
    »Ganz sicher. Sicherer als Sie.«
     
    Whiteouts sind Stürme, die mit fünfzig Meilen in der Stunde über die Prärie toben und gesättigt sind mit trockenem Schnee. Manchmal bringen die Stürme den Schnee selbst mit, manchmal wird er vom Boden aufgewirbelt. Es spielt im Prinzip keine Rolle. Wer im Auto in einen Whiteout gerät, sieht nur noch wenig mehr als die Wischer vor der Windschutzscheibe.
    April ärgerte sich über die Verzögerung, die der Sturm verursachte. Sie dachte nur noch selten an etwas anderes als das Rundhaus, wie es inzwischen

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