Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)
fragte sie. »Morgen Abend.«
»Keine Ahnung. Mir wird noch was einfallen. Es ist nicht schwer, über ihn was Nettes zu sagen.« Elsa schaute zu ihm auf, dann lehnte sie sich gegen seine Schulter. Und er legte seinen Arm um sie. Der Wind wurde ein wenig stärker und frischte leicht auf.
»Du machst das schon.«
»Ich weiß. Sie sind ein dankbares Publikum. Aber bisher hatte ich nicht die Gelegenheit dazu. Und ich möchte es möglichst gut machen.«
Für eine Minute saßen sie alle schweigend da. Nancy zupfte eifrig an ihrer Schnur, während Daniel seine bloß anstarrte.
»Das Schwimmen hat dir gutgetan«, sagte Elsa.
»O ja. Der Fluss hilft immer.« Er ließ seinen Blick über das plätschernde Grau des Wassers wandern, das hinter der Linie, die die beiden Landzungen bildeten, heller war und mit weißen Schaumkronen besetzt; über die zerklüfteten gelbbraunen Felsen vor der Küste, mit den darunter verborgenen Sandbänken; über die unzähligen Boote, die zwei, drei Kilometer weiter hinten in Helford vertäut waren. Das Mündungsgebiet war eine vollständige kleine Welt für sich. Vielleicht könnten sie hier tatsächlich leben.
Nancy kreischte kurz auf und hob die Schnur in ihren Händen über den Kopf. »Daddy! Daddy! Ich glaub, ich hab einen!«
Webster ging nach vorne, setzte sich zwischen sie und Daniel und half ihr, die Schnur einzuholen. Diesmal konnte er ein Gewicht am anderen Ende spüren, und während er daran zog, hielt er im Wasser Ausschau nach dem silbernen Glitzern eines Fisches. An der Schnur waren ein Dutzend oder noch mehr Haken, und an den letzten hingen drei dicke Makrelen, jede etwa dreißig Zentimeter lang. Ihre schimmernden Rückseiten krümmten sich im Licht und trieften vor Wasser.
Webster ließ sie ins Boot fallen und nahm Nancy in den Arm, während die Fische zwischen seinen Füßen herumzappelten.
»Klasse, Schätzchen. Drei Stück! Die essen wir zum Tee.«
Die Brise war zu einem kräftigen Wind aufgefrischt, und die See unter ihnen war aufgewühlt. Sie würden in Kürze anlegen müssen. Webster nahm die erste Makrele vom Haken, hielt sie am Schwanz umklammert, hob den Arm und schlug sie kräftig gegen die Sitzbank. Der Fisch zuckte ein letztes Mal und hörte dann auf, sich zu bewegen. Als Webster sich hinunterbeugte, um den zweiten abzunehmen, klingelte sein Handy – ein merkwürdig städtisches Geräusch –, und Elsa blickte ihm fest in die Augen. Für einen Moment war er abgelenkt und wartete, bis das Klingeln verstummte, dann machte er sich wieder an die Arbeit und tötete die beiden anderen Fische, während Nancy und Daniel mit einem kindlichen Mangel an Mitgefühl dabei zuschauten.
Jetzt lagen die drei Makrelen neben ihm, genau parallel. Webster wollte gerade damit beginnen, sie auszunehmen, und griff nach dem Taschenmesser in seiner Jackentasche, da klingelte erneut sein Handy, und das altmodische Läuten hörte nicht mehr auf.
»Schalt’s halt ab«, sagte Elsa.
»Heute ist Freitag«, sagte er.
Es war eine amerikanische Handynummer, die er nicht kannte.
»Hallo.«
»Ben?«
»Ja.«
»Lester. Wie geht’s?«
»Lester? Mein Gott. Wie geht es dir?«
»Gut, Alter, gut. Wir vermissen dich. Wie läuft’s mit Ike?«
»Ganz okay. Gut, danke. Hör zu, Lester, ich sitze gerade in einem Boot, neben drei toten Makrelen. Kann ich dich in einer Stunde zurückrufen?«
Er drehte sich um, damit der Wind nicht ins Handy blies.
»Sicher. Hör zu, ich hab einen Anruf von einem Typen bekommen, der behauptet, er sei ein Headhunter, und einer seiner Klienten habe vielleicht einen Auftrag für dich.«
»War das wirklich ein Headhunter?«
»Er hat mir seinen Namen und seine Nummer gegeben, seine Handynummer. Keine Firmenadresse. Jonathan Whitehouse. Brite. Ich konnte keinen Headhunter mit diesem Namen ausfindig machen. Jedenfalls nicht auf diesem Planeten.«
Webster wusste, was er damit meinte. »Man sollte glauben, dass solche Leute professioneller dabei vorgehen.«
»Genau. Haben die nicht recherchiert, wer wir sind?« Lester kicherte.
»Was wollte er wissen?«
»Was für ein Mensch du wohl bist. Und warum du gegangen bist. Das hat er versucht einzustreuen. Ich hab ihm gesagt, dass es nicht zu meinen Angewohnheiten gehört, mit Leuten zu reden, die ich nicht kenne. Also, wer will was über dich wissen, Ben? Hast du dich mit jemandem angelegt, den du besser in Ruhe gelassen hättest?«
»Mein Gott, keine Ahnung. Irgendein Russe? Lester, ich sollte jetzt Schluss machen.
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