Die Kunst des Sterbens: Thriller (German Edition)
sie gerade miteinander besprochen hatten. Mit einem kurzen Seufzer und einem Kopfschütteln erhob er sich, ganz steif von der ständigen Herumhockerei, und während er Senechal, seinem ungebeten Retter, aus dem Zimmer folgte, wandte er sich an den Beamten.
»Glauben Sie bloß nicht, ich finde nicht heraus, was heute hier passiert ist.«
Der Beamte lächelte, und auf seinen runden, verschwitzten Wangen bildeten sich Grübchen.
Während sie unterwegs zum Flughafen waren, wurde auf der Rückbank von Senechals Wagen kaum gesprochen. Sein Gastgeber erwartete offensichtlich nicht, dass er sich bedankte, und das tat Webster auch nicht. Er rief Elsa und Hammer an, doch durch seinen Kopf geisterte immer noch die Frage, die Senechal nicht beantwortet hatte. Das ergab alles keinen Sinn.
Schließlich stellte er sie erneut, den Blick nach vorne gerichtet.
»Woher wussten Sie, wo ich stecke?«
»Wir haben einen Anruf erhalten. Von der Polizei. Man wollte wissen, ob Sie tatsächlich für uns arbeiten.«
»Ich habe Qazai kein einziges Mal erwähnt.«
»Nun, man wusste Bescheid. Und das ist gut so.«
Als der Wagen langsam auf den Zubringer zum Flughafen fuhr, wandte Senechal sich ihm zu.
»Ich glaube nicht, dass Sie von denen noch einmal etwas hören werden, Mr. Webster. Die sind an diesen Privatdetektiven interessiert, nicht an Ihnen. Vorerst nicht. Aber Sie sollten Mr. Qazai Ihren Dank aussprechen. In der Form, die Sie für angemessen halten. Ich bin nicht auf Ihre Dankbarkeit angewiesen, aber er ist ein Ehrenmann und möchte, dass man seine Gefälligkeiten würdigt.«
Webster blinzelte langsam. Jetzt hatte er verstanden. Er drehte den Kopf, um Senechal, der zerbrechlich, aber energiegeladen neben ihm saß, direkt anzuschauen, allerdings fiel ihm keine Antwort ein.
»Also«, sagte Senechal, »ich weiß nicht, ob die Polizei der Sache weiter nachgehen wird. Falls ja, bin ich mir ziemlich sicher, dass Mr. Qazai Ihnen gerne nochmals behilflich ist. Zum Wohle unseres Vorhabens.«
Unser Vorhaben. So etwas wie ein Vorhaben gab es nicht.
12
Nach den Stunden im Gefängnis kam ihm Kensal Green unter den tristen Sommerwolken beinahe lächerlich behütet und friedlich vor. Zum ersten Mal seit Wochen regnete es wieder, und durch das geöffnete Fenster des Taxis drang der Geruch von Asphalt, als der Dreck von den warmen Gehwegen gespült wurde.
Webster bezahlte den Fahrer, bevor sie ihr Ziel erreicht hatten, um die letzten paar Straßen zu seinem Haus zu Fuß zurückzulegen; er drehte das Gesicht gen Himmel und streckte seinen steifen Nacken, und als er von der Harrow Road abbog, wurde der Lärm der Stadt leiser, bis er nur noch die Elstern hörte, die sich von Dach zu Dach etwas zuriefen.
Während dieses kurzen Moments holte er tief Luft und versuchte, den Tag aus seinem Kopf zu vertreiben, doch er ließ sich nicht abschütteln. Webster bereute es, dass er mit Elsa telefoniert hatte. Es wäre besser gewesen, ihr nichts von dem ganzen Zwischenfall zu erzählen, aber zu dem Zeitpunkt wusste er ja noch nicht, dass sich die Sache schnell erledigen würde. So wie es aussah, hatte er das, was er am meisten fürchtete – nämlich die Sicherheit ihres Zuhauses zu gefährden –, bis zu einem gewissen Grad bereits getan, und egal, wie sehr er die Sache auch herunterspielte und wie gelassen Elsa reagierte, von jetzt an würde sich das Unbehagen in ihrem Haus ausbreiten.
Wenn Elsa im Erdgeschoss war, hieß das, dass die Kinder schon schliefen, und er ertappte sich dabei, wie er sich inständig wünschte, dass das Zähneputzen und Geschichtenvorlesen länger als sonst gedauert hatte, damit er ihnen noch richtig gute Nacht wünschen konnte. Er wollte sie unbedingt sehen. Mit etwas Glück könnte er neben Nancy ins Bett kriechen und ihr eine letzte Geschichte vorlesen. Aber noch während er den Schlüssel im Schloss herumdrehte, hörte er aus der Küche Topfgeklapper und wusste, dass er zu spät dran war. In der Diele stellte er seinen Koffer ab und begrüßte das Haus mit einem nüchternen »Hallo«, denn normale Leute taten so etwas, wenn sie von der Arbeit kamen, und nachdem er sich zwischen den Fahrrädern und Kinderschuhen hindurchgeschlängelt hatte, trat er zu Elsa, die ihre Hände an einem Spültuch abtrocknete und ihn ansah wie eine Mutter, deren Sohn sich geprügelt hatte.
»Komm her«, sagte sie, legte das Handtuch zur Seite, zog ihn zu sich und nahm ihn fest in den Arm. Während sie ihn an der Taille umschlungen hielt, lehnte
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