Die Lady mit dem Bogen
rühren. Er bedachte sie mit einem kleinen Lächeln, ehe er dorthin ging, wo die anderen gesessen hatten. Noch ehe er seine Laute in Stellung bringen konnte, stürzte Lady Elita zu ihm hin und schlang ihre Arme um seinen Nacken.
»Ach, Saxon, ich finde es entzückend, dass du gekommen bist, um uns zuzusehen!« Sie kitzelte ihn unter dem Bart, als sie sich über ihn beugte. »Wirst du ein Gedicht über uns schreiben?«
Mallory wartete seine Antwort nicht ab. Sein unbekümmertes Lächeln verriet deutlich genug, wie sehr er Lady Elitas Aufmerksamkeit genoss. Warum vergaß sie immer wieder, dass er so treulos war wie alle anderen Männer?
Sie straffte ihre Schultern und sagte laut: »Meine Damen, die Pause war lange genug. Wir fahren in unseren Übungen fort.«
Sie war nicht sicher, ob Lady Elita von Saxons Seite weichen würde, doch kam die blonde Schöne zu ihr gelaufen und streckte die Hände nach Mallorys Bogen aus. Als Lady Elita einen Blick über die Schulter warf und Saxon ihr zublinzelte, merkte Mallory, dass die Dame sich vor ihm aufspielen wollte.
»Nicht diesen Bogen!«, sagte Mallory. »Er gehört mir. Für Euch sind diese hier bestimmt.« Sie deutete auf den Haufen Bogen, die sie aus den Holzabfällen in Meister Ivons Werkstatt angefertigt hatte.
Die Frauen drängten sich um die Bogen. Ein Knacken ertönte, und eine hohe Stimme durchschnitt die Nachmittagsluft: »Ihr habt meinen Bogen zerbrochen.«
Lady Elita drängte sich an den anderen vorbei und hob einen Bogen hoch. Sie schockierte Mallory, indem sie einen Pfeil an die Sehne legte. Woher hatte sie den Pfeil? Als sie die Spitze eines anderen Pfeils aus der Manschette von Lady Elitas langen Ärmeln ragen sah, fragte Mallory sich, wie die blonde Frau so gedankenlos und anmaßend sein konnte zu glauben, sie könnte, wenn sie einen Bogen in der Hand hatte, gleich beim ersten Mal einen Pfeil abschießen?
»Nicht! Haltet den Bogen nicht so!« Mallory lief zu Lady Elita, die mit dem Pfeil auf den eigenen Fuß zielte, als sie versuchte, den Pfeil an die Sehne anzulegen.
»Achtung!«, rief Saxon.
Rufe und Gebell ertönten von allen Seiten, als sie Lady Elitas Arme packte und sie hochriss, just als die Blonde den Pfeil abschoss.
Er flog in hohem Bogen in die Luft. Unter Warnrufen stoben die Frauen auseinander, und der Pfeil fiel zu Boden, ohne Schaden anzurichten.
»Ihr seid schuld, dass ich fehlte!«, rief Lady Elita.
»Ja. Ich bin schuld, dass Ihr Euren Fuß verfehlt habt.«
»Unsinn! Nie hätte ich auf meinen Fuß gezielt.« Sie griff nach dem zweiten Pfeil, legte ihn an und hob den Bogen.
Da konnte Mallory nicht an sich halten. Sie drückte Elitas Arm nach unten, und der Pfeil schlitterte durch das Gras.
»Es ist Eure Schuld, dass ich wieder einen Fehlschuss tat!«, fauchte Lady Elita sie an und stieß einen Schrei aus, der eher Erstaunen als Schmerz verriet, als Mallory ihr den Bogen entriss.
»Das reicht«, sagte Mallory in einem Ton, der ihre Schülerinnen im Kloster gewarnt hatte, besser auf sie zu hören. »Wenn Euch schon nichts an der Sicherheit Eurer Gefährtinnen liegt, dann denkt an all die anderen in Eurer Umgebung.«
»Welche anderen?«
»Dort.« Sie zeigte auf eine Frau und zwei Männer, die unter den Bäumen am Ufer einhergingen.
Lady Elita verdrehte die Augen. »Ihr macht Euch unnötig Sorgen.«
»Ein Pfeil ist kein Spielzeug. Er …« Sie verstummte, als sie die Frau und die zwei Männer aus dem Baumschatten hervortreten sah. Ihr Inneres krampfte sich zusammen wie in einem Schraubstock. Die Frau war Königin Eleanor!
Neben ihr gab Lady Elita einen erstickten Laut von sich und trat hastig fort von Mallory. Die anderen Frauen erstarrten, und auch Mallory entdeckte, dass sie sich nicht rühren konnte.
Eine Hand berührte ihren Ellbogen. Hitze entströmte der keuschen Berührung, und sie wusste, dass Saxons Finger ihren Arm streiften. Sie riss ihren Blick von der Königin los, die in Begleitung von de Mauzé und Mangot auf sie zukam, und sah Saxon an. Sein Gesicht verriet Ingrimm, und sie wusste, dass er dasselbe dachte wie sie. Nichts leichter, als dass ein verirrter Pfeil die Königin hätte treffen können.
Mallory, die das Knie beugte, stand auf, als die Königin sagte: »Erhebt Euch, Lady Mallory, und berichtet, wie es mit den Übungen vorangeht.«
»Eure Damen versuchen sich die Grundbegriffe des Bogenschießens anzueignen«, sagte sie und starrte den Saum des Gewandes der Königin an. Sie wollte dem Blick der Königin
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