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Die Lady mit dem Bogen

Die Lady mit dem Bogen

Titel: Die Lady mit dem Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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Stoffbahn, die von ihrem Ärmeln hing, um die Handgelenke wickelte und ihren Bogen spannte, blieb Saxon stumm. Sein merkwürdiges Schweigen brachte sie mehr aus dem Konzept als der immer näher heranrückende Donner.
    »Seht her«, sagte sie.
    Er nickte.
    Sie stellte den Köcher auf den Boden und holte einen ihrer Pfeile hervor, um damit auf einen über fünfzig Ellen entfernten Heuhaufen am anderen Ende des Hofes zu zielen. Als sie den Pfeil abschoss, landete er direkt im Heu. Das Geräusch des Aufpralls verriet ihr, dass er wie gewünscht ins Ziel getroffen hatte.
    »Und jetzt seht dies.« Vorsichtig nahm sie die zwei weiß befiederten Pfeile heraus.
    Sie legte sie an die Sehne an, wobei sie der Versuchung widerstand, den verbogenen Pfeil gerade zu richten, und hielt sie zwischen den Fingern ihrer Rechten. Sie musste ihren Griff einige Male verändern, um die Pfeile richtig auszubalancieren. Sobald es geschafft war, ließ sie die Sehne los. Sie hörte, wie Saxon scharf einatmete, als beide Pfeile losschnellten. Der gerade Pfeil flog in hohem Bogen und traf das Heu an der Stelle, auf die sie gezielt hatte. Der andere flog schlingernd dahin und landete einige Fuß weiter rechts auf dem Boden.
    Als sie ein Ende des Bogens an ihren Rist lehnte und die Sehne löste, stieß er einen leisen Pfiff aus. »Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, würde ich nicht glauben, dass man zwei Pfeile auf einmal abschießen kann.«
    »Mir scheint, dass ich mich irrte, als ich sagte, ich könnte es nicht.«
    »Mir scheint, das war so.« Er rieb sich das Kinn. »Aber möglich ist es, wie Ihr gezeigt habt.«
    »Ja. Ich glaube, auf die Königin schoss nur ein Schütze. Es wurden zwei Pfeile abgeschossen, um uns glauben zu machen, es gäbe zwei Angreifer. Einer dieser Pfeile aber war falsch befiedert, so dass er sein Ziel klar verfehlte, während der andere nicht traf, weil der Bogenschütze nicht gut zielte.«
    »Ein Pfeil traf das Heu, als ihr ihn abgeschossen habt.«
    »Ich ziele vielleicht besser als der versteckte Schütze.« Sie lächelte kühl. »Auch musste ich nicht fürchten, entdeckt zu werden wie er, als er auf die Königin anlegte. Auch das kleinste Zittern kann einen Pfeil auf eine nicht beabsichtigte Bahn schicken.«
    »Nie hätte ich gedacht, man könnte zwei Pfeile zugleich abschießen.«
    Sie hob ihren Köcher vom Boden auf und hängte ihn über die Schulter. »Könnt Ihr mit einem Bogen umgehen?«
    »Warum sollte ein Troubadour einen Bogen benötigen?« Sein Lächeln war ironisch, um nicht zu sagen abschätzig.
    »Warum sollte ein Troubadour einen Kampfdolch benötigen?«, gab sie zurück.
    »Nicht allen gefällt meine Musik.« Er wickelte eine ihrer Haarlocken um seinen Finger. »Ihr seid mitten in meiner Geschichte auf und davon. Wollt Ihr nicht wissen, wie sie ausgeht?«
    »Mir liegt mehr daran, dass der Königin nichts zustößt.« Sie löste ihr Haar von seinem Finger. Dann überquerte sie den Hof und griff ins trockene Heu, um die zwei Pfeile herauszuziehen. Sie tat sie in den Köcher und drehte sich um, um die anderen aufzuheben. Sie war nicht verwundert, dass Saxon sie bereits aufgehoben hatte.
    Er gab ihr die Pfeile, als sie zu ihm kam. »Eine interessante Demonstration, aber eine, die uns bei der Suche nach der Person, die auf die Königin schoss, nicht viel weiterhilft.«
    Nun war die Reihe an ihr, stumm zu nicken. Ihre Neugierde zu befriedigen und herauszufinden, ob es sich um einen einzigen Schützen gehandelt hatte, war aufregend gewesen, doch hatte Saxon recht. Die Entdeckung, wie die Pfeile abgeschossen worden waren, lieferte keine Spur zu der Person, die sie an die Sehne gelegt hatte.
    »Darf ich es versuchen?«, fragte er.
    »Ich frage noch einmal. Seid Ihr vertraut mit dem Bogen?«
    »Ich weiß, dass ich einen einzelnen Pfeil abschießen kann, nie aber könnte ich zwei abschießen und ein Ziel treffen, mag es noch so groß sein.« Er zwinkerte ihr spitzbübisch zu. »Ihr werdet ja da sein und dafür sorgen, dass ich die richtige Haltung einnehme und es nicht damit endet, dass ich irrtümlich durch ein offenes Fenster schieße.«
    »Saxon, ich bezweifle, ob Ihr etwas irrtümlich machen würdet.« Sie ließ ihm nicht die Chance zur Antwort, als sie durch den böig auffrischenden Wind zu der Stelle ging, wo sie gestanden hatte, als sie die Pfeile abschoss. Als sie sich umdrehte und den Heuhaufen ins Auge fasste, tat sie so, als sähe sie das Erstaunen in Saxons Miene nicht. Sie spannte den Bogen

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