Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
Typisch Avisa, erst an die Kampftüchtigkeit des Jungen zu denken. Jede andere Frau wäre vor Angst außer sich gewesen. Sie hatte sich in den Kampf mit den Strauchdieben geworfen, obwohl diese in der Überzahl waren.
Er müsste dankbar sein, dass sie bereit gewesen war, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Sie hatte sie alle gerettet, und am erstaunlichsten daran war der Umstand, dass sie ihre Leistung offenbar für nicht außergewöhnlich hielt.
»Baldwin ist jung«, sagte Christian. »Er war auf das, was auf ihn zukam, nicht richtig vorbereitet.«
Sie ließ die beschmutzten Sachen auf den Boden beim Feuer fallen. »Niemand kann vor seinem ersten Kampf perfekt sein.«
Er bückte sich nach den Kleidungsstücken und warf sie ins Feuer. Dann ging er wieder ans Fenster und starrte in die Nacht hinaus.
»Christian, es tut mir leid«, sagte sie.
»Ihr habt getan, was Ihr konntet.« Er lachte kurz auf. »Ihr habt Euch besser geschlagen als wir alle zusammen. Nie werde ich die entsetzte Miene des Räubers vergessen, als sein Bart unversehens gestutzt wurde. Ihr handhabt das Schwert meisterhaft, Avisa. Hätte Guy sich nur halb so geschickt angestellt, wäre er jetzt nicht in den Händen der Banditen.«
»Das hätte jedem von uns zustoßen können.«
» Mir hätte es passieren sollen!« Er schlug mit der Faust gegen die Wand. Schmutzpartikel umschwebten ihn. Er ignorierte sie.
»Warum sucht Ihr die Schuld bei Euch? Sucht sie bei mir und Baldwin. Wir ließen Guy verwundet und allein im Stich, um den Räubern nachzujagen.«
»Um mich zu retten.« Er fluchte. »Ihr musstet mich retten, einen Ritter in König Henrys Dienst. Eine Frau und ein Kind mussten mich retten.«
»Seid Ihr deshalb so aufgebracht? Weil Ihr glaubt, eine Chance vertan zu haben, Euch als ebenso tapfer zu zeigen wie einer der Günstlinge des Königs? Wie hieß er doch gleich? De Tracy?«
»Was soll der Unsinn?«
»Ihr beklagt Euch, dass Ihr am Leben seid. Bekümmert Euch dies mehr als das Los Eures Bruders?«
»Lächerlich.«
»Wieso? Es ist doch so.«
Mit drei Schritten war er bei der in den Boden eingelassenen Feuerstelle in der Mitte des Raumes. »Wenn es tagt, werde ich den Bauern John bitten, er solle seine Nachbarn zusammentrommeln und uns helfen, die Banditen zu vertreiben.«
»Und das ist alles?« Sie kniete neben ihm nieder und ließ die übrigen Streifen ihres abgerissenen Ärmels auf den Rand des Kamins fallen. Ihre Finger waren ganz behutsam, als sie einen Streifen um seinen dröhnenden Kopf wickelte.
»Was erwartet Ihr denn? Ich nehme an, Ihr habt schon einen kühnen Befreiungsplan im Kopf.«
»Nein, nur einen Vorschlag.« Sie befestigte den Verband mit einem Knoten. Dann griff sie wieder zu einem Stoffstreifen, legte ihn auf ihren Schoß und fasste nach seinem Ärmel. Sie schob das mit Blut verkrustete Material zurück. »Ich muss erst Wasser holen.«
»Warum? Das fehlt mir noch, dass Ihr eisiges Wasser auf meinen Arm rinnen lasst und ich mich noch elender fühle.« Dies klang selbst in seinen Ohren sehr wehleidig.
»Wie soll ich die Fleischwunde untersuchen, wenn mich getrocknetes Blut daran hindert?«
»Legt einen Verband an, das reicht.«
Sie stand auf, stützte die Hände in die Hüften, wobei ihr Kleid eng an sie gedrückt wurde. Er schluckte schwer, als er die Rundungen anstarrte, die er so gern erkundet hätte. Als er sie vor einigen Tagen an sich gedrückt hatte, hatten sich ihre Hüften mit einem unausgesprochenen Angebot an ihn gepresst, dem Verlangen folgend, das er so mühsam beherrschte.
» Ich kümmere mich um Euren Arm«, sagte sie eisig. » Ich werde entscheiden, was zu tun oder zu unterlassen ist, und wüsste es zu schätzen, wenn Ihr zu schätzen wüsstet, was ich für Euch tue.«
Er seufzte. Am Morgen würde er ihre Mitarbeit brauchen und würde sie nie bekommen, wenn ihre Augen so sprühten wie die Glut im Kamin.
»Ich weiß zu schätzen, was Ihr für mich tut«, erwiderte er. »Doch es ist nicht nötig.«
» Ich entscheide, was nötig ist. Ich lernte, dass man eine Wunde reinigt, ehe man sie verbindet, und ich sehe nicht ein, warum ich das, was ich in der Ab …« Ihr Gesicht wurde zu einer bleichen Maske, »… was ich in unserer Kräuterkammer lernte, nicht umsetzen soll.« Sie lief in den angrenzenden Raum, dass ihre Röcke flogen und ihm einen reizvollen Blick auf ihre schlanken Beine boten.
Was hatte sie jetzt so aus der Fassung gebracht? Sie war eine Frau, die einen wirklich in den Wahnsinn
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