Die Lady mit der Lanze
umdrehen konnte. Sein Kuss war süß und bitter zugleich, von der Sorge belastet, die er mit jedem Herzschlag fühlte.
Elspeth entspannte sich. Ihre Verpflichtung nahm sie allzu oft in Anspruch. Sie wollte in seinen Armen verweilen, sie wollte, dass sie offen über ihre Gefühle reden konnten und Leidenschaft ihren Schmerz bannte. Doch als sie mit Gryn ging, wusste sie, dass es heute nicht sein konnte.
Sie blickte zurück. Tarran war um eine gleichmütige Miene bemüht. Sie wollte ihn drängen, wieder zu lächeln, doch solange sein Herz gebrochen war, war es wohl unmöglich. Sie wünschte, sie hätte ihm ihr Mitgefühl zeigen können, musste jedoch ihrer Rolle und Verkleidung treu bleiben. Die Bürde ihrer Verpflichtung der Königin gegenüber lastete so schwer auf ihr, als trüge sie Llech-lafar auf dem Rücken.
Sie ging mit Gryn zu einer Gruppe von Zuschauern. Männer, Frauen und Kinder in der ländlichen Kleidung des Dorfes. Ihr fiel ein Mann in hellen Gewändern auf, der zum Kloster am anderen Flussufer gehören musste. Oder gehörte er zu Druce? Wie Tarran traute auch sie Druce nicht, und sie fragte sich, ob er seine Späher auf sie angesetzt hatte. Sie wollte es Tarran melden, sobald sie ihn und den Karren hinter dem Dorf eingeholt hatte.
Kein Mensch hatte für sie und Gryn einen Blick übrig. Und zu ihrer Erleichterung beachtete niemand den Karren, während er die Straße entlangrollte, die ein wenig bergab in den Schatten der Burg führte, wo der Fluss nicht viel breiter war als der Alun.
Die Menschen umstanden einen großen Felsblock, der ihr zuvor nicht aufgefallen war. Kein Felsblock, wie sie sah, als sie näher heranging, sondern ein Mann, neben dem sich sogar Seith klein ausgenommen hätte. Er hätte einer der Berge sein können, die in der Ferne aufragten. Sein Kopf wirkte klein im Vergleich zur Masse seines Körpers. Die Leute gestikulierten, und er drehte sich um. In seiner Hand lag ein Stock, so groß wie er.
Glyn fluchte. »Mylady, Ihr müsst nicht alle Forderungen annehmen.«
»Ich weiß.« Sie blickte über die Schulter zu den Holzpalisaden oberhalb des Flusses. Wachposten beobachteten ihren Durchzug, anstatt auf den Mauern zu patrouillieren. Sie musste alle ablenken, bis der Karren das andere Ufer erreicht hatte.
»Ich werde ihm sagen, dass Ihr die Absicht hattet, nur Forderungen von Frauen anzunehmen«, sagte Gryn.
»Nein.« Sie packte seinen Arm, um ihn daran zu hindern, auf den Riesen zuzugehen. »Wenn er Krach schlägt, weil ich mich weigere, werden die Wachposten von den Mauern kommen und Ordnung schaffen. Dann werden wir mit Fragen konfrontiert, die wir nicht beantworten können.«
»Lasst mich gegen ihn antreten, Mylady.«
»Wann hast du zuletzt einen Stock benutzt?«
Er trat auf der schlammigen Straße von einem Fuß auf den anderen. »Mein Schwert ist mir lieber.«
»Hier kannst du es nicht einsetzen.« Sie deutete auf den Wagen, der um eine Ecke bog und noch immer an der Burgmauer entlangratterte. »Bring mir meinen Stock.«
»Er könnte Euch töten, Mylady.«
»Ehe es dazu kommt, werde ich mich ergeben.«
Er lächelte andeutungsweise. »Gewiss. Bei Euch geht es nicht um Mannesehre.«
Nur um die Ehre der Abtei , hätte sie am liebsten zurückgeschossen.
Während Gryn davonrannte, um ihren Stock zu holen, ging Elspeth auf den Hünen zu. Er musterte sie kalt und lachte. Sie behielt ihren ruhigen Ausdruck bei.
Außer Reichweite seines Stockes, der an beiden Enden mit Eisen beschlagen war, blieb sie stehen. Ihr provisorischer Stock war nur aus Holz. Sie sah sich zwei Nachteilen gegenüber, ehe der Kampf begonnen hatte.
»Ihr wollt meine Forderung annehmen?«, fragte sie.
»Vielleicht wollt Ihr sie zurückziehen.« Sein Lachen war wie ein Donnerschlag.
Gryn kam keuchend dahergelaufen und übergab ihr den Stock. Er wollte etwas sagen, sie aber bedeutete ihm zu schweigen. Sie hob ihren Arm und warf den Stock nach rechts.
Der Große lachte wieder. »Wenn du aufgibst, bist du klug, Mädchen.«
Sein Lachen verstummte, als der Stock auf einen Stein auftraf und ihr zurück in die Hand sprang. Sie musste dem Kerl gleich von Anfang an zeigen, dass sie so gut war, wie sie von sich behauptet hatte. Sie schwang ihre Waffe und traf ihn fest in die Schulter.
»Vielleicht willst du aufgeben.« Ihn zu reizen, bis er die Beherrschung verlor, konnte ihre wirksamste Waffe sein.
Der Mann äußerte grollend eine Antwort. Er überragte sie weit, als er schwer auf seinen Fersen
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