Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
Vom Netzwerk:
seid.«
    »Dann sagt mir welche! Ich versuchte es mit Höflichkeit. Mit Humor. Ich tat alles, was ich konnte, um ihn abzuwehren - bis auf einen Stich in die Hand mit meinem Messer. Ich riskierte sogar, mir den Hals zu brechen.«
    »Genug!« Er ergriff ihre Hand. Er wusste, dass er sie nicht berühren sollte, doch konnte er nicht an sich halten.
    »Wenn Ihr meine Antworten nicht hören wollt, dann stellt mir keine Fragen.« Sie beäugte ihn von oben bis unten, dreist, wie der Lord sie gemustert hatte. »Oder hofft Ihr, wieder einen Kampf zu entfesseln wie heute Morgen?«
    Tarran zwang sich zu einer ausdruckslosen Miene, jeder andere Teil aber reagierte auf die Erinnerung an das, was sie auf dem leeren Hof geteilt hatten. Das Verlangen nach ihren Lippen durchdrang ihn so heftig wie ein Stich. Mochte er sich noch so sehr bemühen, er konnte sein Verlangen, sie begierig und weich zu spüren, nicht verdrängen. Sie hatte etwas Unschuldiges an sich, doch hatte sie rasch erfasst, wie sie seine Küsse erwidern musste, damit sie ihn erregten.
    Als er keine Antwort gab, machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zu Vala, worauf seine Männer sich erhoben und sich Platz an einem anderen Tisch suchten, Vala aber hieß sie voller Wärme willkommen. Er sah, wie sich die Anspannung in Elspeths Schultern löste, als sie sich neben Vala setzte, ganz so, als gehöre sie zu der alten Frau.
    Tarran schritt aus der großen Halle und kam gleich darauf wieder. Als er eine Magd mit einem Ale-Krug sah, winkte er sie herbei, und sie kam gelaufen. Wortlos griff er nach dem Krug. Sie schenkte ihm ein erwartungsvolles Lächeln. Er aber ließ sie stehen und stürzte davon, fort von Gelächter, von zu viel Geschwätz und von den Männern und Frauen, die um gegenseitige Aufmerksamkeit buhlten.
    Er brauchte Stille und Zeit, um nachzudenken. Hätte er am Morgen darüber nachgedacht, hätte er Elspeth nicht geküsst.
    Verzeih mir, Addfwyn. Du weißt, dass ich dir mein Herz gab, das du bei deinem Tod mit dir nahmst.
    Er wartete auf Antwort, doch es kam keine. Niemals kam Antwort. Nur wenn er sich eine Szene aus der Erinnerung ins Gedächtnis rief, konnte er das leise Lachen oder die warme Stimme seiner Frau hören.
    Doch war jede dieser Erinnerungen eine Qual für sich.
    Er setzte den Krug an und trank. Ale lief vorne an seinem Gewand hinunter, doch verschüttete er nur wenig. Als der Krug geleert war, stellte er ihn in eine Nische auf dem Gang.
    Er ging weiter und trat hinaus in die kühle Nacht. Die scharfen Winterwinde hatten sich gelegt, doch kam kühle Frühlingsluft vom westlichen Meer. Als er aufblickte, sah er, dass die Regenwolken sich verzogen hatten. Myriaden von Sternen funkelten an einem Himmel, an dem der Mond noch nicht aufgegangen war.
    Als die Lichter verschwammen, fragte er sich, wie viel Ale er in sich hineingegossen hatte. Erstaunlich, doch er hatte keine Ahnung. Es sah ihm nicht ähnlich, dem Ale maßlos zuzusprechen, ebenso wenig, wie es ihm ähnlich sah, begierig von fremden Lippen zu kosten.
    Er stützte die Ellbogen auf eine Brüstung und lehnte die Stirn in die Hände. Seit Addfwyns Tod hatte er keine Frau voller Verlangen angeblickt. Wie konnte ihm eine andere geben, was sie ihm gegeben hatte? Warum sollte er mit einer anderen teilen wollen, was er mit seiner geliebten Frau geteilt hatte?
    Vor allem aber fragte er sich, warum er ausgerechnet Elspeth Braybrooke in seinem Bett wollte? Sie selbst hatte über die Vermutung, sie wären ein Liebespaar, gelacht. Er hätte ihre Belustigung als Beleidigung auffassen und einfach weggehen sollen.
    Und doch wurde ihm überall eng, als er an den Duft ihrer von der Sonne getönten Haut dachte, an ihre schnellen Atemstöße. Diese Reaktion zeigte ihm, dass er noch immer lebte. Er wollte aber nicht leben. Er wollte bei Addfwyn sein, doch war dies unmöglich. Im Tod konnte er seinen Schwur nicht erfüllen und Rache an ihrem Mörder üben.
    Und er konnte Elspeth nicht wieder küssen.
    Fluchend schlug er mit der Faust auf die Brüstung. Er wartete, bis der Schmerz, der wie mit einem Echo durch seinen Arm schoss, seinen Kopf klärte, damit er das verlockende Bild von Elspeths Gesicht dicht unter seinem verdrängen konnte. Der Schmerz bewirkte indes, dass sein Blick noch verschwommener wurde.
    Er war betrunken.
    Bei allen Heiligen, er wusste es besser, als seine Beherrschung dem Ale zu opfern. Mit dem Rücken zur Brüstung ließ er sich zu Boden gleiten und die Beine über den Mauerrand baumeln. Er

Weitere Kostenlose Bücher