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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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fühlte sich unerklärlicherweise schuldig und versuchte unbeholfen und sehr verlegen, ihr Kleid wieder zuzuknöpfen.
    Dr. Taylor stand da und starrte auf den Schreibtisch. Dann sah er sie an. Ihren Kampf mit den Knöpfen schien er gar nicht zu bemerken.
    »Warum wollten Sie Dr. Preston sehen? Ich habe Sie doch erst letzte Woche untersucht.«
    »Mrs Moorling bestand darauf. Ich habe Schmerzen.«
    Augenblicklich schlug seine angespannte Haltung in professionelle Fürsorge um. »Welcher Art sind die Schmerzen?«
    »Krampfartige Schmerzen, hier. Und ich … ich …« Sie schaffte es nicht, das Wort laut vor ihm auszusprechen.
    »Blutungen?«
    Sie nickte, erleichtert, dass es heraus war. »Ein bisschen.«
    »Und das Kind – wann hat es sich zum letzten Mal bewegt?«
    Charlotte spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. »Heute noch gar nicht.«
    »Sie brauchen nicht zu erschrecken, wahrscheinlich schläft es einfach nur. Aber ich muss Sie trotzdem noch einmal abhorchen.«
    Wie beim letzten Mal holte er das hölzerne Rohr aus seiner Tasche und wieder setzte Charlotte sich auf den Tisch, doch diesmal betete sie. Bitte, Gott, bitte, Gott, bitte, Gott …
    Er presste das Rohr auf ihren Bauch. Sein Blick war ausdruckslos vor Konzentration. Dann schob er das Rohr ein wenig nach rechts … und nach links. Charlotte beobachtete sein Gesicht mit wachsender Angst.
    »Hören Sie etwas?«
    Er bewegte das Rohr nach unten.
    »Können Sie etwas hören?«, versuchte sie es erneut.
    »Nicht, wenn Sie die ganze Zeit reden.«
    Wieder verschob er das Rohr ein Stück.
    »Ich nehme an, manche Leute würden sagen, dass ich erleichtert sein sollte, aber ich bin es nicht.«
    »Natürlich nicht. Schhhh!«
    Charlotte biss sich auf die Lippen. »Glauben Sie, dass das Gottes Strafe ist?«
    »Charlotte, bitte legen Sie sich auf den Tisch.« Er ignorierte ihre Frage. »Ich muss Sie etwas tiefer abhorchen, aber das ist schwer, wenn Sie sitzen.«
    Sie gehorchte und er setzte das Rohr weit unten auf, dort, wo die Unterseite ihres gewölbten Leibes in die Hüftknochen überging. Er lauschte angestrengt, das Gesicht, so schien es ihr, zunehmend grimmig. Tränen liefen über Charlottes Schläfen und in ihr Haar. Er schob das Rohr über den gegenüberliegenden Hüftknochen und drückte es fest, fast schmerzhaft, in ihren Bauch. Diesmal schloss er die Augen, als konzentriere er sich allein auf seinen Gehörsinn. Vielleicht verschloss er die Augen aber auch nur vor der schmerzlichen Wahrheit.
    »Ah – hallo!«
    »Was?«
    »Ich höre Ihren kleinen Sohn, hier, etwas weiter unten.«
    »Wirklich?«
    Er nickte, setzte das Rohr ab und hob die Hände über ihren Bauch.
    »Darf ich?«
    Charlotte wusste seine Rücksichtnahme zu schätzen. Andere Patientinnen bat er wahrscheinlich nicht um Erlaubnis, bevor er sie untersuchte. Sie schluckte, nickte dann aber. Er legte die Hände fest auf ihren Unterleib und tastete ihn vorsichtig ab.
    »Hier haben wir den kleinen Popo.«
    »Das können Sie fühlen?«
    »Er hat sich hier unten zusammengerollt, die Kehrseite nach oben. Kein Wunder, dass ich Schwierigkeiten hatte, sein Herz zu finden.«
    »Es geht ihm also gut?«
    »Scheint so. Aber da ist immer noch die Blutung.«
    »Sie ist nur ganz geringfügig.«
    »Ja, und sie muss auch nicht zwangsläufig bedeuten, dass es Probleme gibt. Aber ich muss Sie dennoch untersuchen … innerlich, um zu sehen, ob die Geburt schon bevorsteht.«
    »Aber das wäre zu früh!« Sie setzte sich ruckartig auf dem Tisch auf.
    Er sah sie zweifelnd an und Charlotte las die Frage in seinen Augen. Zu früh für die Untersuchung oder zu früh für die Geburt? Sie senkte den Blick vor seinen hochgezogenen Augenbrauen.
    »Charlotte?«
    Sie schloss die Augen, so fest sie konnte, fasste wieder auf ihren Rücken und versuchte, die restlichen Knöpfe zu öffnen, unfähig, ihn dabei anzusehen.
    Würde es weniger schlimm sein, von Dr. Taylor untersucht zu werden als von Dr. Preston – oder vielleicht sogar noch schlimmer? Sie hielt die Augen weiter fest zugedrückt und war überrascht, als sie hörte, dass die Tür aufging. Als sie aufblickte, sah sie ihn in der Tür stehen, die Hand auf der Klinke.
    »Sie brauchen Ihr Kleid nicht auszuziehen«, sagte er über die Schulter in den Raum hinein.
    Er rief nach Gibbs und flüsterte auf dem Flur mit ihr. Ein paar Minuten später kam sie mit Mrs Krebs zurück.
    Dr. Taylor sagte: »Mrs Krebs wird Sie untersuchen, Char … Miss Smith.«
    »Ja«, murmelte Mrs Krebs,

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