Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
meisterlicher Fertigkeit ausgeführt. Sie hatte keinen Zweifel, dass dieser junge Maler es noch sehr weit bringen würde.
Er winkte ihnen nach, während Isacco das Boot von der Fondamenta abstieß und zur Mitte des Kanals ruderte.
»Das hat lange gedauert«, meinte Isacco. Sein Tonfall war gelassen, doch Laura erkannte dahinter die unausgesprochenen Vorwürfe.
»Er hat jemanden getroffen, der ihn aufgehalten hat.« Sie hoffte, er möge ihre Erklärung akzeptieren und es dabei bewenden lassen, doch er fuhr fort, ihr Vorhaltungen zu machen. Dass es unziemlich für eine junge Frau sei, ein Gerüst zu erklimmen und mit zwei hergelaufenen Malern zu palavern, und dass es sich erst recht nicht schicke, sich einem der beiden am Ende auch noch als Modell zur Verfügung zu stellen.
»Modell?«, fragte Laura verständnislos. »Wie kommst du denn auf einmal darauf ?«
»Ich habe es mit eigenen Ohren gehört!« Seine Wangen hatten sich vor Entrüstung gerötet, und in seinen Augen stand ein zutiefst gekränkter Ausdruck.
»Das bildest du dir ein.«
»Nein, es stimmt«, mischte Matteo sich ein. »Er hat dich vorhin auf der Fondamenta gefragt, ob du ihm Modell sitzen willst, und du sagtest: Sicher. «
Gleich darauf hob der Kleine an, von seiner Unterhaltung mit dem Meister Zorzo da Castelfranco zu berichten, offenbar noch immer ganz erfüllt von all den Erkenntnissen, die er dabei gewonnen hatte. Der Maler hatte ihm viel über die Freskenkunst erzählt, und Matteo war davon restlos begeistert. Wollte er in der vergangenen Woche noch ein großer Mathematiker und Konstrukteur werden, so beabsichtigte er jetzt, die Laufbahn eines Malers einzuschlagen, am besten kombiniert mit der eines Architekten, dann würde er auch gleich die passenden Häuser für die kunstvollen Wandgemälde erbauen können.
Laura war wie Isacco in Schweigen versunken. Ihr Herzschlag hatte sich wieder beruhigt, ihre Aufregung war abgeflaut. Doch der Himmel über dem Kanal schien sich mit einem Mal verdunkelt zu haben. Sie ahnte, dass sie Antonio heute noch wiedersehen würde.
Crestina beobachtete ihre Umgebung mit weit intensiverer Aufmerksamkeit als sonst, beinahe so, als könnte sie sich auf diese Weise vergewissern, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Der zusammengefaltete Brief knisterte hin und wieder in der Tasche ihrer Schürze, eine Erinnerung an Notwendigkeiten und Zwänge, vielleicht auch an Versäumnisse, denen abzuhelfen ihr kaum noch Zeit blieb.
Vieles hatte sich geändert in den letzten Jahren, aber auf eine Weise, die sie hatte vorhersehen können. Schon damals bei Lauras Ankunft hatte die Gicht ihren Knochen zugesetzt. Jetzt waren ihre Gelenke so steif, dass sie kaum noch ihre Arbeit erledigen konnte. Außerstande, bei diffizilen Zusammensetzungen von Kräuterzubereitungen noch die richtigen Abmessungen und Mischungen vornehmen zu können, hatte sie bereits vor langer Zeit diese Aufgabe Laura überlassen, so wie auch alle anderen Verrichtungen und Besorgungen, die zum Betrieb des Geschäfts nötig waren.
Niemand eignete sich in Crestinas Augen besser zur Apothekerin als Laura. Im Umgang mit den einzelnen Pflanzenarten zeigte sich das Mädchen ebenso umsichtig wie bei der Verwendung von Ingredienzien, deren Zubereitung einige Vorsicht erforderte. Salzige, metallische und pflanzliche Gifte waren ihr vertraut, und auch die Fundorte und Bezugsquellen seltener Pflanzen und exotischer Zutaten bedeuteten für sie längst kein Geheimnis mehr. Mittlerweile kaufte sie ohne Crestinas Mitwirkung die nötigen Rohstoffe, verkaufte die fertigen Produkte im Laden und an feste Abnehmer, die als Zwischenhändler fungierten, und ganz nebenbei hatte sie sich sogar mühelos mit der Buchhaltung vertraut gemacht. Laura brauchte bei alledem keinerlei Beistand oder Rat mehr.
Crestina hatte das Mädchen in alles eingeweiht, was es für eine Farmacista zu wissen gab, angefangen von den Erkenntnissen, die aus alten Zeiten überliefert waren, bis hin zu den neuesten alchimistischen Einsichten, die sie aus Büchern hatte zusammentragen können. Sie hatte Laura mehr beigebracht, als Mansuetta jemals hätte lernen können, und sie hatte schon vor geraumer Zeit erkannt, dass sie selbst und Mansuetta in der Apotheke eher im Weg als von Nutzen waren.
Ah, Mansuetta! Wenn auch nicht Frucht ihres Leibes, so doch Kind ihres Herzens! Welche Laune des Himmels hatte das arme Mädchen mit all diesen körperlichen Unzulänglichkeiten strafen müssen? Wie war es
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