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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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möglich, dass ein Menschenkind so entstellt sein konnte, das andere dagegen so makellos wie Laura?
    Beide entstammtem demselben Schoß, und bald würde sie es ihnen sagen müssen, schon allein um Mansuettas willen, die nicht schutzlos bleiben durfte, und auch, um zu verhindern, dass Laura je den Entschluss fasste, eigene Wege zu gehen. Mansuetta würde vielleicht in einem der Hospize für bedürftige, behinderte Frauen überdauern können, aber niemals würde sie es verwinden, wenn ihr Matteo genommen würde. Er war auch ihr Bruder, ebenso wie der von Laura, und eines Tages, so Gott gnädig war, würde der Junge dafür einstehen, dass seinen Schwestern kein Leid geschehen konnte. Bis dahin aber waren sie alle miteinander auf sich selbst oder genauer: auf Laura angewiesen. Auf die Geschäftstüchtigkeit, den Lebensmut und die ungezähmte Durchsetzungskraft eines sechzehnjährigen Mädchens. Laura war stark, weit stärker als alle anderen Frauen, die Crestina je gekannt hatte.
    Unter Crestinas wachsamen Augen war Laura zu einer freigeistigen und klugen jungen Frau herangewachsen, mit ungestümem Temperament, aber auch voller Liebe und tiefem Verständnis für die Schwächen ihrer Mitmenschen. Es gab dunkle Ängste, die sie begleiteten, das war Crestina in all den Jahren nicht verborgen geblieben, doch Laura hatte sie mit derselben Kraft im Zaum gehalten, mit der sie auch alles andere anpackte: selbstsicher, mit scharfem Verstand und jener natürlichen charakterlichen Integrität, wie sie nur Menschen gegeben ist, die ohne Zwänge und in Liebe aufwachsen.
    Wie anders hätte Laura bei Anna und Guido Monteverdi aufwachsen können als in reiner Liebe? Wenn Crestina mit Laura und Matteo auf den Friedhof ging, um mit ihnen gemeinsam am Grab ihrer Eltern zu beten, ließ sie sich nichts anmerken von ihrem Kummer. Aber manchmal, wenn sie allein in ihrer Kammer war, weinte sie immer noch um das verlorene Glück des Paares. Sie trauerte stellvertretend um die Liebe jener beiden, die sich so sehr gewünscht hatten, den Schatten an ihrem Horizont für immer zu entfliehen.
    Dennoch hatte ein Teil ihrer Liebe überdauert, Crestina konnte sie jeden Tag in Lauras und Matteos Gesichtern sehen, und manchmal, wenn die Sonne schien und der Tag von allen Sorgen frei war, einen kleineren Teil davon in den Augen von Mansuetta.
    Die Liebe war es auch, die Crestina zwang, allein von hier fortzugehen. Die Versuchung, sich der drängenden Pflicht zu entziehen, war da, aber nur als lästige Randerscheinung. Es war kaum mehr als ein kleiner Nadelstich, den sie hin und wieder spürte und der ihr sagte, wie bequem es doch wäre, ein wenig länger das geruhsame Leben mit den Ihren zu genießen, sich weiterhin der liebevollen Fürsorge Lauras anzuvertrauen, für eine kurze Zeit einfach nur zu nehmen, statt zu geben.
    Eine Weile hatte sie sich außerdem bedacht, ob sie es wagen könne, Laura der Gefahr weiterer Entführungen auszusetzen, doch sie war rasch zu der Erkenntnis gelangt, dass sie es ohnehin nicht hätte verhindern können. Er hatte es damals allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz geschafft, Anna aufzustöbern, an jenem Tag, als sie mit Matteo niedergekommen und kurz darauf gestorben war. Damals mochte ihn die Existenz einer weiteren Tochter Annas überrascht haben, aber vermutlich hatte er das Mädchen, während er noch überlegt hatte, wie er sich verhalten sollte, aus den Augen verloren, nachdem sie aus dem Waisenhaus verschwunden war. Laura war vor ihm in Sicherheit gewesen, jedoch nur bis zu jener zweiten Begegnung an dem Abend des großen Brandes vor drei Jahren. Crestina gab sich keinen Illusionen hin. Er wusste, wo sie war. Wenn er es wollte, würde er sich das Mädchen holen. Dass er sich seither ferngehalten hatte, ließ darauf schließen, dass er nicht interessiert daran war.
    Crestina humpelte langsam durch die Hintertür des Hauses in den kleinen Garten, der erfüllt war vom Duft der Kräuter, die an der Außenwand des Schuppens zum Trocknen hingen. Matteo saß mit Mansuetta unter einem der beiden Mandelbäumchen, die den Garten im Frühjahr in einem schäumenden Meer aus Blüten ertrinken ließen. Der Kleine las Mansuetta aus einem Buch vor, und in den Pausen steckten die beiden die Köpfe zusammen und lachten.
    Crestina schluckte, um die Enge in ihrem Hals zu vertreiben, während sie die Tür zum Anbau aufstieß, wo Laura mit der Arbeit beschäftigt war. Das Mädchen drehte sich zu ihr um, und Crestina nahm sich die Zeit, sie zu

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