Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
und Scheuermagd, jederzeit den Attacken von Monna Paulina oder den Bestrafungen von Suor Arcanzola ausgeliefert.
»Eher töte ich mich!«, hatte sie mit flammender Inbrunst erklärt, als sie und Mansuetta sich das erste Mal darüber unterhalten hatten. Schließlich waren sie übereingekommen, zunächst Isacco zu fragen, in der Hoffnung, dass er ihnen entsprechenden Rechtsrat erteilen könne. Schließlich war er ein hochgebildeter Mann, der mehr gelesen und studiert hatte als sie alle zusammen. Doch als sie mit ihm am Küchentisch beisammensaßen und darüber sprachen, stellte sich rasch heraus, dass er sich in der venezianischen Jurisprudenz weniger auskannte, als sie angenommen hatten. Er fand kein Argument, das Arcanzolas Feststellungen hätte entkräften können, im Gegenteil.
»Für Waisen muss ein Vormund bestellt sein, und der darf alle Angelegenheiten des Mündels bestimmen. Wenn keine Anverwandten sich dieser Frage annehmen, legen es die zuständigen Provveditori fest; sie beauftragen einen Vormund, das sind meist die Klöster oder Waisenhäuser.« Er zögerte und wurde rot. »Eine Ehe könnte das Problem aus der Welt schaffen. Laura würde dann ihrem Gatten unterstehen.«
»Wen sollte Laura denn heiraten?«, fragte Mansuetta argwöhnisch. »Etwa dich?«
»Ich war Jude, aber jetzt bin ich getauft!«
Mansuetta schaute ärgerlich drein. »Das meinte ich nicht, wen kümmert heute noch, dass du früher Jude warst. Nein, die Idee mit der Heirat ist Unsinn, aber aus ganz anderen Gründen.«
Isacco errötete noch stärker. »Ich bin ihr zugetan, und ich wäre ihr ein guter Ehemann!«
Laura sprang von ihrem Stuhl auf. »Ich will Isacco nicht heiraten!«, rief sie wütend aus.
Isacco zuckte zusammen und blickte sie gekränkt an.
»Nicht, dass ich dich nicht gut leiden kann!« Laura versuchte, ihrer letzten Bemerkung den Stachel zu nehmen. »Aber ich ... fühle mich einfach noch nicht reif für die Ehe.« Letzteres war eine fromme Lüge. Genau genommen war sie überreif für eine Ehe, reifer als alle anderen hier im Raum.
»Ich würde ihn sofort nehmen«, bekundete Veronica, die am Herd mit den Töpfen klapperte. Sie drehte sich um und strahlte Isacco an. »Auch wenn er Jude ist.«
»Er ist Marrane«, belehrte Matteo sie. »Eigentlich hießen zuerst nur die Juden so, die aus Spanien vertrieben wurden, weil man sie dort sonst verbrannt hätte. Sie haben sich taufen lassen und in anderen Ländern Schutz gefunden, zum Beispiel in der Serenissima. Aber auch die Juden, die sich hierzulande taufen lassen, nennt man so. Ich finde, es ist ein gutes Wort. Es klingt viel besser als getaufte Juden . Dass es eigentlich ein Schimpfwort ist, weiß ja niemand.«
»Was für ein Schimpfwort?«, wollte Veronica wissen.
»In der kastilischen Sprache bedeutet es so viel wie Schwein «, sagte Isacco düster.
Matteo zeichnete mit Hilfe eines Zirkels geometrische Figuren auf ein Blatt Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag. Zwischendurch nahm er einen Griffel und kritzelte Zahlenfolgen und unverständliche Symbole auf eine Schiefertafel. »Marranen können sich mit Christen verheiraten, wenn sie wollen.« Er blickte auf und lächelte. »Mir würde es gefallen, wenn Isacco Laura heiratet. Dann kann er bei uns wohnen und alle seine Bücher mitbringen.«
»Das täte ich gern«, sagte Isacco ernst.
»Ja, sicher«, rief Mansuetta erzürnt aus. »Und deine nörgelige, kranke Mutter gleich dazu!«
»Ich dachte, du magst meine Mutter.«
»Himmel, ja. Aber ich muss sie nicht ständig um mich haben!«
Er seufzte. »Das verstehe ich. Das verstehe ich sehr gut. Ich schlage daher vor, sie bleibt nebenan wohnen. Und ich auch, zusammen mit Laura. Wenn sie meine Frau ist, muss sie natürlich auch bei mir leben.« Er lächelte Matteo an. »Aber du kannst jederzeit trotzdem in meinen Büchern lesen.«
Laura schien es, als hätte sie vorhin gegen Wände geredet. Verärgert setzte sie an, ihm ein weiteres Mal zu erklären, dass sie nicht seine Frau werden wollte, doch ihre Schwester kam ihr zuvor.
»Himmel noch mal!« Mansuetta hieb mit der Faust auf den Tisch, sodass Isacco abermals zusammenzuckte. »Und was ist mit Matteo? Ist damit vielleicht sein Vormundschaftsproblem gelöst? Sind wir durch eine Heirat etwa dagegen gefeit, dass jemand ihn uns wegnimmt? Nein, solange wir nicht genau wissen, wie die wahre Rechtslage ist, schlägst du dir das besser aus dem Kopf.«
Sie stand ebenfalls auf. »Wir essen später«, sagte sie zu Veronica. An
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