Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Hausherrin kicherten und warfen Antonio frivole Seitenblicke zu, während der Sänger seine Laute schlug und ein Lied intonierte, dessen Text Antonio ziemlich unzüchtig vorkam. Sein Französisch war weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber ein paar der sonor gesungenen Worte konnte er zweifelsfrei einordnen.
Der Abend ging auf diese Weise zwanglos in eine feuchtfröhliche Feier über. Musiker spielten zu einer Galliarde auf, die sich Antonio von einer der Hofdamen erklären ließ und dann sein Bestes gab, die anwesende Weiblichkeit mit seinen frisch erworbenen Tanzkünsten zu beeindrucken. Mosè saß beifällig grinsend in einem der geschnitzten Lehnstühle und ließ sich den Tokaier schmecken, während Antonio über die Tanzfläche hüpfte und sich nur deswegen nicht albern vorkam, weil er zu viel getrunken hatte. Später, als sie gemeinsam und bester Laune zu ihrer Kammer zurückgingen, fragte Antonio erschöpft: »Ist so das höfische Leben, Mosè?«
»Hat es Euch nicht gefallen?«
»Es ist anstrengender als sechs Wochen Reisen über Land. Aber es macht auch Spaß.«
»Der kleinen Hofdame, die Euch die Galliarde beigebracht hat, scheint es auch Spaß gemacht zu haben. Mir kam es vor, als hätte sie Euch zugeflüstert, wo sie ihre Kammer hat.«
Das hatte sie in der Tat, doch Antonio hatte so getan, als hätte er sie nicht verstanden.
Er wechselte das Thema. »Es war ein Riesendusel, dass wir Cattaneo übertrumpfen konnten, obwohl er vor uns da war.«
»Ich wusste, dass er vor uns da war, das gehörte zum Plan«, sagte Mosè gleichmütig.
»Wie konntet Ihr so sicher sein, dass wir ihn dennoch ausstechen würden?« Antonio hob fragend die Brauen. »Kennt Ihr etwa diesen Gilles de Rais?«
»Nein, und er ist mir auch egal. Er spielt nicht die geringste Rolle, außer der, dass er es uns leichter gemacht hat, wer immer er ist. Doch wir hätten Cattaneo in jedem Fall ausgebootet.«
»Wie konntet Ihr dessen so sicher sein?«
»Antonio, das fragt Ihr noch?« Mosè zeigte flüchtig seine Zahnlücke. » Oj , Ihr habt getrunken und getanzt, von beidem zu viel, das trübt ein wenig das Denkvermögen. Es gibt natürlich nur einen guten Grund. Wir haben mehr Gold.«
Dampf und Rauch erfüllten den Anbau bis unter die Decke. Laura wedelte hustend die Schwaden beiseite, schürte das Feuer unter dem Alambik und kontrollierte den Stand der Flüssigkeit im Inneren des Brennkessels. Beim Destillieren musste man stets darauf achten, dass kein Schaum aufstieg und nichts überkochte, sonst konnte das ganze Destillat verderben.
Schwitzend fächelte sie sich mit dem Tuch, das sie vorhin zum Reinigen des Kessels benutzt hatte, Kühlung zu. Sie versuchte, nicht allzu tief einzuatmen, denn die Maische roch abscheulich. Sie bestand aus gezuckerter Gerste, der sie reichlich Baldrian zugesetzt hatte, und der Gestank, der von dem gärenden Gebräu aufstieg, war so durchdringend, dass sie beschloss, trotz der Kälte, die draußen herrschte, die Tür aufzureißen. Doch bevor sie ihren Entschluss in die Tat umsetzen konnte, öffnete sich die Tür ohne ihr Zutun, und Mansuetta stand vor ihr. Laura machte sich auf eine weitere Gardinenpredigt gefasst, doch Mansuetta schien nichts dergleichen im Sinn zu haben. Ihr Gesicht wirkte ernst und besorgt. »Isacco ist da«, sagte sie. »Wir sollten mit ihm darüber sprechen, er weiß bestimmt viel mehr als wir.«
Laura nickte stumm und nahm den Kessel vom Feuer. In dem Auffangbehälter befand sich genug destillierte Flüssigkeit, um später eine kleine Flasche damit zu füllen, die sie Mansuetta geben wollte.
Sie hatten beide nach dem unvermuteten Auftauchen der Nonne darüber geredet, was zu tun war, doch bisher hatten sie sich nicht aufraffen können, weitere Erkundigungen einzuziehen, denn damit hätten sie vielleicht einen übereifrigen Amtsträger erst auf ihren Fall aufmerksam gemacht. Schließlich musste einkalkuliert werden, dass Suor Arcanzola mit ihren Behauptungen recht hatte. Laura hatte keine Ahnung, wer darüber bestimmte, was mit Waisen zu geschehen hatte, die noch nicht erwachsen waren; sie selbst wusste nur, dass diese Personen schon allein aufgrund von Minderjährigkeit kein freies Selbstbestimmungsrecht besaßen, sondern der Obhut der Obrigkeit unterstellt waren. Es gab sicher Ausnahmen, aber welcher Art diese waren oder wer sie festlegte, entzog sich ihrer Kenntnis. In ihren Albträumen sah sie sich bereits wieder im Waisenhaus, diesmal nicht als Zögling, sondern als Spül-
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