Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
diesem Fall mit ein paar wilden Kräutern aus Eurem Garten, vor allem weißem Senf. Außerdem ist die restliche Pasta von gestern darin, dazu ein ordentlicher Markknochen, frisches Gemüse und ein wirklich gutes Stück Fleisch, aus dem man auch einen Braten hätte zubereiten können. Viele Leute meinen, Fleisch als Suppeneinlage könne minderwertig sein, aber das ist natürlich ein Irrtum.«
»Natürlich.« Monna Josefa kaute mit vollen Backen. »Euer Geld ist wahrlich gut angelegt in diesem Stück Fleisch, so viel steht fest. Ich frage mich ernsthaft, warum Euer Vetter Euer begnadetes Essen verschmäht.«
»Weil es nicht koscher ist«, sagte Matteo.
Laura verschluckte sich und hustete. Mansuetta klopfte ihr auf den Rücken. Während Laura noch fieberhaft überlegte, mit welcher launigen Bemerkung sie die verfängliche Situation entschärfen konnte, meinte Monna Josefa ungerührt: »Nun ja, einmal Jude, immer Jude, was? Ich kannte früher auch einige Marranen. Christliche Herren vom Scheitel bis zur Sohle, sogar wenn sie ihr Gewand auszogen. Nie hätte man ihnen angemerkt, dass sie Spätgetaufte waren. Außer natürlich an jenem speziellen Beiwerk, das alle Männer mit sich herumtragen.« Sie grinste breit. »Aber wehe, man wollte mit ihnen gemeinsam ein Häppchen essen. Dann wurde rasch klar, dass alte Gewohnheiten sich schlecht ablegen lassen.«
»Welches Beiwerk?«, erkundigte Matteo sich interessiert.
Monna Josefa lachte noch lauter. »Schau zwischen deine Beine, da hängt eins!«
»Was ist an meinem anders als bei den Marranen? Außer der Größe, meine ich.«
»Matteo«, sagte Mansuetta errötend, »geh doch rasch rauf zu Isacco und frag ihn, ob er von dem Kuchen essen möchte, den ich mit deiner Hilfe heute Morgen gebacken habe. Sag ihm, er ist gerade so, wie ihn auch seine Mutter in seiner Kindheit zubereitete, dann wird er wissen, was ich meine.«
»Ich sehe, Ihr stimmt mir zu«, meinte Monna Josefa gelassen.
»Er hat sich nur seiner Mutter zuliebe taufen lassen«, sagte Laura, als wäre das zugleich eine hinreichende Erklärung für Isaccos ungeselliges Verhalten.
»Männer sind Männer, beschnitten oder unbeschnitten, wen kümmert ihr Glaube.« Monna Josefa rülpste genussvoll und machte damit deutlich, dass sie eher an dem Essen als an familiären Konflikten interessiert war. Laut rief sie Matteo nach: »Und wenn er noch was von dem Kuchen haben will, soll er’s sofort sagen, oder seine Portion gehört mir. Und das mit dem Beiwerk sollten dir deine Schwestern nachher erklären, sonst tu ich’s.«
Die Frage nach einem Leibwächter stellte sich bereits am nächsten Tag erneut, als zwei angetrunkene Soldaten Veronica auf dem Weg zum Markt belästigten. Sie kam mit zerrissener Bluse und geschwollenen Lippen nach Hause – ohne das Geld, das sie für ihre Einkäufe mitgenommen hatte. Sie wirkte nicht sonderlich betroffen, sondern nahm die Männer sogar noch in Schutz.
»Außer einem Kuss und den paar Münzen haben sie mir nichts genommen. Ich habe bei meinem früheren Herrn schon Schlimmeres erlebt.«
»Kindchen, das nächste Mal schneiden sie dir die Gurgel durch, lass es dir gesagt sein«, verkündete Monna Josefa. Sie hatte auch gleich eine Empfehlung für einen ordentlichen Leibwächter, den sie, wie sie erklärte, noch an diesem Tage herbitten wolle.
»Er hat schon früher für mich gearbeitet, der gute Orso.«
Laura, die bereits mehrfach bereut hatte, nicht wenigstens einen der wehrhaften Zwillinge aus Venedig mitgenommen zu haben, war sehr damit einverstanden.
Orso, der im Laufe des Nachmittags bei ihnen vorstellig wurde, machte seinem Namen alle Ehre. Er war ein wahrer Bär von einem Mann. Größer als die meisten Menschen, war er gleichzeitig so breit, dass der Raum für ihn zu klein wirkte. Mit mächtigen Schultern und Armen, einem ausladenden Rumpf und Oberschenkeln, über denen die ledernen Beinkleider förmlich zu bersten drohten, war er der stärkste Mann, den Laura je gesehen hatte. Unterstützt wurde dieser Eindruck durch ein großflächiges Gesicht mit weit vorspringendem Kinn und ungewöhnlich borstigen Brauen. Und vor allem durch seine Stimme, ein dröhnender Bass, unter dem die Bodendielen zu vibrieren schienen. Seine Bewaffnung war nicht minder furchteinflößend. An seinem Schwertgurt hing ein Anderthalbhänder, dessen Spitze bei einem kleineren Mann auf dem Boden nachgeschleift wäre. Daneben trug er einen Krummsäbel osmanischer Herkunft und einen stachelbewehrten
Weitere Kostenlose Bücher