Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
töten. Es wird Zeit, ein Ende zu machen.«
Antonio merkte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Giacomo Cattaneo war in Venedig! Anscheinend hatte der Mistkerl es für besonders schlau gehalten, gleichsam im Schutze der Seuche zurückzukehren. Der Zeitpunkt, das musste Antonio einräumen, war gut gewählt. Cattaneo hatte die Pest schon gehabt, und in der Stadt herrschte Panik. Das waren gleich zwei Vorteile, die er sich zunutze machen konnte.
»Ich weiß, dass auch du noch eine Rechnung mit ihm offen hast«, sagte Carlo.
»Mehr als eine«, stimmte Antonio grimmig zu. »Wo steckt das Schwein?«
»Bist du bereit, sofort mitzukommen?«
Antonio warf die angebissene Melonenspalte über die Kaimauer ins Wasser und berührte seinen Waffengurt. »Worauf warten wir noch?«
An der Stelle, wo Crestina am Vortag gesessen hatte, war niemand zu sehen.
»Sie ist nicht da.« Mansuetta starrte durch ihre Augengläser zum Strand.
»Wir sind vielleicht ein wenig früh«, gab Giovanni zu bedenken.
Mansuetta bewegte sich unruhig. »Sie wird aber doch noch kommen, oder?« Die Frage war, wie sie sofort merkte, absurd. Giacomo konnte es genauso wenig wissen wie sie selbst.
Sie hob erneut die Brille und blickte suchend über die Insel. Im Sonnenlicht sah San Lazzaro harmlos, ja sogar einladend aus. Eine kleine Kirche mit einem leicht baufällig wirkenden Glockenturm, davor ein gepflasterter Campo, in dessen Mitte sich ein Ziehbrunnen befand, und rund um diesen Platz eine Ansammlung von Hütten und Ziegelhäusern, von denen die meisten sauber und solide wirkten. Üppig blühende Gärten umgaben das bewohnte Areal, und am befestigten Teil der Küste lagen Boote vertäut, an denen einige Fischer arbeiteten.
Nichts an dieser Idylle deutete darauf hin, dass San Lazzaro eine Insel der Verdammten war. Mansuetta kämpfte mit den Tränen. Die Vorstellung, dass ihre Mutter gezwungen war, bis zu ihrem Ende hier auszuharren, war grauenhaft. Obwohl sie eine Nacht darüber geschlafen hatte – in Giovannis Armen, zum ersten Mal sogar ganz offiziell –, erschien ihr die Gewissheit, ihre Mutter nie mehr bei sich haben zu können, unerträglich. Die ganze Zeit über war sie so nah gewesen!
»Wo bleibt sie nur? Sie müsste doch schon hier sein! Ich kenne Mutter. Sie ist die Verlässlichkeit in Person.« Mansuettas Blick streifte die Kiste, die unter der Ruderbank stand. »Meinst du, sie freut sich über die Sachen? Vielleicht hätte ich noch mehr Seife einpacken sollen.«
»An Seife wird es ihr sicher nicht mangeln«, versetzte Giovanni geduldig.
Vermutlich hatte er recht. Wie es hieß, bekamen die Bewohner der Insel alles, was sie benötigten. Bedarfsgüter, die sie nicht selbst erzeugen konnten, wurden von kirchlichen und behördlichen Einrichtungen geliefert. Venedig behandelte seine Aussätzigen gut. Dennoch hatte Mansuetta nicht gezögert, alles zusammenzupacken, von dem sie meinte, Crestina damit eine Freude zu machen. Unter anderem einen Stapel Bücher, außerdem einen neuen Umhang, den sie für sich selbst hatte schneidern lassen, ferner eine Kräutersalbe zur Linderung von Hautbeschwerden sowie eine Wolldecke, die ihrer Mutter im Winter gute Dienste leisten würde.
Mansuetta wandte sich impulsiv ihrem Mann zu. »Lass uns zu den Fischern da drüben rudern und sie bitten, Mutter Bescheid zu sagen!«
Er lächelte. »Du gibst wohl nie Ruhe, was?« Er hob die Braue über dem unversehrten Auge, was ihm das kühne Aussehen eines Piraten verlieh. »Zuerst musst du mich küssen.«
»Giovanni, du bist unmöglich«, schalt sie. Doch sie konnte nicht verhindern, dass bei seinen Worten ein warmes Gefühl in ihr aufstieg. Sie legte beide Hände auf seine Schultern und hob ihm ihren Mund zu einem Kuss entgegen. Er machte ausgiebig Gebrauch von dem Angebot und presste sie dabei an sich, bis sie seine Erregung spüren konnte. Das Blut strömte heiß und schnell durch ihre Adern, und sie merkte, wie ihr Tränen in die Augen schossen, weil es so köstlich war, sich in seinen Armen ganz und gar als Frau zu fühlen.
»Giovanni, du bist mein Leben«, murmelte sie. »Wie ich dich liebe!«
Sacht schob er sie ein wenig von sich. »Das sagst du mir zum ersten Mal, weißt du das?«
»Wirklich?« Sie runzelte die Stirn. »Gedacht habe ich es aber jeden Tag!«
»Gut zu wissen.« Er lachte und fing an zu rudern. »In Zukunft werde ich dich wohl öfter fragen, was dir gerade durch den Kopf geht!«
Als sie das Strandstück erreichten, wo die Fischer
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