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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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arbeiteten, beugte Mansuetta sich über den Dollbord, winkte und machte mit lauten Rufen auf sich aufmerksam, bis einer der Männer aufblickte und näher kam. Er trug einen leichten Umhang mit einer Kapuze, die sein Gesicht verbarg, doch die Hände, die unter den weiten Aufschlägen seiner Ärmel hervorschauten, waren nur noch verkrüppelte Stümpfe. »Was wollt Ihr?«, rief er.
    »Meine Mutter sehen! Sie heißt Crestina Ferro. Gestern trafen wir sie da vorn bei den Felsen, heute wollte sie zur selben Tageszeit wieder dort sein. Könntet Ihr vielleicht rasch zu ihrem Haus gehen und ihr sagen, dass ihre Tochter gekommen ist?«
    »Die alte Apothekerin? Sie ist tot. Wir fanden sie gestern Nachmittag dort drüben, direkt am Meer.« Der Mann zeigte auf die Stelle, wo sie am Vortag angelegt hatten.
    Mansuetta spürte, wie alle Kraft aus ihren Gliedern wich. Sie sank gegen Giovanni und wäre gefallen, wenn er sie nicht sofort festgehalten und an sich gezogen hätte.
    »Ruhig«, sagte er. »Ich bin bei dir.«
    Mansuetta schüttelte den Kopf, als könne sie so das betäubende Gefühl des Schmerzes vertreiben.
    »Mutter lächelte doch«, sagte sie hilflos. »Ich habe es genau gesehen! Oder habe ich mir das nur eingebildet?«
    »Nein, ich sah es auch.« Giovanni umfasste sie fester. »Sie schloss die Augen und hat gelächelt.«
    »Sie ist nicht eingeschlafen, sondern gestorben!«, stieß Mansuetta hervor.
    »So muss es gewesen sein«, räumte Giovanni ein. »Aber wenn ich je einen Menschen habe glücklich sterben sehen, so war es deine Mutter.«
    Trostlosigkeit bemächtigte sich ihrer, und schluchzend vergrub sie ihr Gesicht an Giovannis Brust. Eine Zeit lang ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
    Nach einer Weile merkte sie, dass sie eher ihr eigenes Elend beweinte als den Verlust. Den schlimmsten Kummer, das erkannte sie jetzt, hatte sie bereits viel früher verarbeiten müssen – damals, als ihre Mutter fortgegangen war.
    Sie hob den Kopf und wischte mit dem Ärmel die Tränen weg. »Ja«, sagte sie mit fester Stimme. »Sie ist glücklich gestorben. Und ich habe sie geliebt, so wie sie auch mich liebte. Ich war ihr Kind, und sie war meine Mutter, und in meinem Herzen wird sie für immer bei mir sein.«
    Giovanni drückte sie noch einmal an sich und küsste sie auf die Stirn. Anschließend nahm er das Ruder und stieß das Boot von der Anlegestelle weg. Während er das Segel hisste und langsam beidrehte, um zu wenden, schaute Mansuetta zur Insel zurück. Die Blumenbeete in den Gärten entfalteten im Sonnenlicht ihre ganze sprühende Farbenpracht, und für einen Moment schien es Mansuetta, als wehte der Wind den Duft von Blüten herüber. Während das Boot Fahrt aufnahm, legte sie die Hand auf den Arm ihres Mannes, ohne den Blick von der Insel zu wenden. Nach und nach wurde San Lazzaro immer kleiner, und als sie schließlich die Brille wegnahm, blieb nur noch ein Schatten vor der Weite des Meeres.
    Laura fühlte, wie ihre Augen brannten, während sie Arcanzola beobachtete. Sie wusste nicht, ob es von dem Hass kam, der sie erfüllte, oder von den glimmenden Kohlebecken, die überall in dem fensterlosen Raum verteilt standen und Rauchschwaden verbreiteten. Laura konnte in dem stechend riechenden Gemisch nicht alle verwendeten Kräuter unterscheiden. Vermutlich war Schöllkraut dabei, aber auch Farn, Johanniskraut und Mistel. In jedem Fall jedoch Bilsenkraut, ebenso Fingerhut. Beide Gewächse waren hochgiftig und wurden dem Teufel zugeschrieben. Sicherlich gehörten sie deshalb zu dieser Satansmesse, die allem Anschein nach hier zelebriert werden sollte.
    Laura hatte das verkehrt angebrachte Kreuz mit einem kopfunter hängenden Christus an der Wand nur mit einem flüchtigen Blick gestreift, ebenso die merkwürdigen Schriftzeichen auf dem Boden. Nicht einmal der Umstand, dass diese Malerei allem Anschein nach mit Blut gefertigt worden war, vermochte länger als einen Augenblick ihre Aufmerksamkeit zu fesseln. Das Einzige, worauf sie sich wirklich konzentrieren konnte, war der Altar.
    Sie hatten Matteo darauf gefesselt, nachdem sie ihn nackt ausgezogen und ihm ein Mittel eingeflößt hatten, das ihn einschlafen ließ.
    »Glaub mir, wir wollen ihn nicht damit töten«, hatte Arcanzola lächelnd versichert.
    Nicht damit  – die tiefere Bedeutung dessen war Laura nicht entgangen. Sie hatten natürlich eine andere Todesart für ihn vorgesehen, eine, bei der Blut fließen würde. Mit einem Mal stiegen in Lauras Erinnerung Worte auf,

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