Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
nachzudenken, schüttelte dann aber lächelnd den Kopf. »Ich fürchte, in diesem Punkt kann ich dir nicht nachgeben. Wir brauchen sein Blut, weißt du. Beliar musste lange auf frische Opfer warten, und es ist leider so, dass er die unschuldigen Kinder am liebsten nimmt.« Er wandte sich seinem Diener zu, der vor der Wiege stehen geblieben war. »Mach schon.«
Silvio beugte sich vor, um das schlafende Kind aus der Wiege zu nehmen. Als er die Hände ausstreckte, war ein surrendes Geräusch zu hören. Silvio erstarrte mitten in der Bewegung. Seine überlangen Arme fielen herab, und ein perplexer Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. Aus seinem Mund drang ein Gurgeln, während er in die Knie brach. Mit einem Poltern fiel er vornüber und blieb dicht neben der Wiege liegen. Zwischen seinen Schulterblättern steckte der Pfeil einer Armbrust, und als Valerias Blicke von ihm hinüber zur Tür glitten, sah sie Zuane dort stehen. Sein Haar war wirr und nass geschwitzt, das Gesicht hochrot vor Fieber. Vereinzelt zeigten sich auf seiner Haut schwärzliche Flecken, Zeichen dafür, dass er von innen her verblutete und bald sterben würde. Es grenzte an ein Wunder, dass er es in diesem Zustand überhaupt noch geschafft hatte, von seinem Lager aufzustehen; das Delirium musste ihm ungeahnte Kräfte verliehen haben.
Seine Blicke irrten durchs Zimmer, bis er Valeria sah. Die Armbrust glitt aus seinen Händen und fiel zu Boden. »Habe ... deinen Schrei gehört ...« Mit diesen Worten sackte er zusammen.
Cattaneo achtete nicht auf ihn. Stirnrunzelnd eilte er zu der Wiege und drehte Silvio auf den Rücken. Nach einem kurzen Blick in das Gesicht seines Dieners gab er ein unterdrücktes Fluchen von sich und ging zu Zuane. Er trat dem Liegenden in die Seite. »Mistkerl! Du hast den besten Diener umgebracht, den ich je hatte!« Er zog sein Messer, bückte sich und schnitt Zuane die Kehle durch, alles in einer einzigen fließenden Bewegung. Blut ergoss sich über seine Füße, aber es schien ihn nicht zu stören.
Valeria presste die Hände vor den Mund, während Cattaneo seinen Dolch an Zuanes Haaren abwischte und die Waffe anschließend wieder in die Scheide schob.
»Zeit zu gehen, meine Schöne.«
Er richtete sich auf, um zum Bett zurückzukehren. Bevor er den ersten Schritt tun konnte, wurde er von hinten gepackt und in den Raum hineingeschoben.
»Sieh sie an, während du stirbst«, sagte Carlo hinter ihm. »Schau ihr in die Augen, vielleicht begreifst du dann etwas.« Er hielt Cattaneo hoch wie eine Puppe, eine Hand in seinem Genick und die andere an seinem Gürtel.
»Carlo!«, schrie Cattaneo in einer Mischung Verzückung und Angst. »Ich wusste, dass du kommst!«
»Wirklich?«, gab Carlo zurück. »Dann weißt du sicher auch, was als Nächstes passiert.« Er schmetterte Cattaneos Körper gegen einen der deckenhohen Bettpfosten, und Valeria wurde durch die Erschütterung des Aufpralls zur Seite geworfen. Sie sah Blut spritzen und hörte das Knacken, mit dem Giacomos Nase und andere Körperteile brachen. Carlo schleuderte Cattaneo zu Boden und stellte ihm den Fuß quer über den Hals, um ihn unten zu halten. Er zog seinen Degen und reichte ihn Valeria, den Griff voran. »Du kannst es selbst tun, wenn du willst.«
Sie schüttelte den Kopf. »Glaub mir, ich täte es mit Freuden. Aber ich kann kaum einen Finger rühren.«
Carlo nickte. Mit einer beinahe nachlässigen Bewegung holte er aus und stach Cattaneo in die Brust. Valeria beobachtete, wie der Schwarze mit scheinbar kühlem Interesse Giacomos vergebliche Bemühungen verfolgte, nach Luft zu schnappen, und sie sah, wie dem tödlich Verletzten rotblasiger Schaum auf die Lippen trat, bevor seine Augen im Tod erstarrten. Das Ganze schien eine Ewigkeit zu dauern, endlose Augenblicke, in denen Valeria ihr gesamtes Leben vorüberziehen sah, seit jener Zeit, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren.
Dann war es vorbei.
Valeria merkte, wie ihr die Tränen über das Gesicht liefen. Trotz ihrer Schwäche gelang es ihr, die Hand zu heben und sie Carlo entgegenzustrecken. Er nahm sie und hielt sie fest.
»Er ist tot«, schluchzte sie. »Er ist tot!«
Er gab keine Antwort, sah sie nur unverwandt an.
»Laura«, stieß sie hervor. »Matteo ... Er sagte, dass sie ...«
»Sie sind in Sicherheit. Wir haben sie gefunden, Antonio und ich.«
»Eugenia und Bartolomeo ... Sie sind hier im Haus, oben! Eugenia ist ... Sie gehört zum Bund der Sechs.«
»Sie entkommen uns
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