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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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wahrzunehmen. Doch dann drehte die Nachbarin sich weg und ging davon.
    »Viel Glück«, rief sie über die Schulter zurück.
    Die Frau des Zunftmeisters wies Laura an, sich auf eine der niedrigen Bänke zu setzen, die auf dem Traghetto für Passagiere vorgesehen waren. Die beiden Männer der Scuola und die zweite Frau bestiegen ebenfalls das Boot und ließen sich auf den Bänken nieder.
    Der Barcaruolo löste das Haltetau und stieß das Traghetto mit dem Ruder von der Ufermauer weg.
    »Ich kann mich gar nicht daran sattsehen«, sagte der Zunftmeister. »So ein prachtvolles Fresko! Dein Vater war wirklich ein großer Maler, mein Kind.«
    Laura konnte nur stumm die Fassadenmalerei betrachten, während das Boot sich langsam von der Anlegestelle entfernte und den Kanal entlangglitt.
    Die Sonne tauchte das Haus, in dem sie aufgewachsen war, in strahlende Helligkeit. Das Licht verwandelte die Außenwände des Anbaus in einen geheimnisvollen Garten, in dem die Rosenbüsche sich bis in weite Fernen erstreckten. Im Vordergrund wirkten die üppigen Blüten so echt, dass man meinte, sie greifen und ihren Duft einsaugen zu können, und im Hintergrund bildeten die ausladenden Ranken vor dem mehrfarbigen Grün der gemalten Wiese eine Kulisse sommerlicher Vollkommenheit.
    Das Boot fuhr um die nächste Kanalbiegung, und das Haus entschwand ihren Blicken. Tränen ließen die Welt vor Lauras Augen verschwimmen, und als sie auf das Kind in ihren Armen hinabschaute, sah sie, dass eine davon auf die kleine Stirn gefallen war. Unwillkürlich hob sie die Hand und verrieb die wässrige Perle. Die Haut unter ihrer Fingerspitze war weich und so zart wie Daunen. Im selben Moment wurde ihr klar, dass sie ihren Bruder zum ersten Mal richtig berührt hatte. Der kleine Junge lag still in ihren Armen. Er hatte die Augen geöffnet, und nun konnte sie auch das Dunkelblau seiner Iris sehen. Sein Blick schien sich ins Ungewisse zu richten, und er riss den kleinen Mund zu einem Gähnen auf, dem eine drollige Grimasse folgte. Fasziniert betrachtete Laura das Mienenspiel des Neugeborenen.
    Lodovica streckte die Arme aus. »Ich nehme den Kleinen wieder!«
    Laura schüttelte den Kopf und drückte das Bündel fester an sich. »Später«, sagte sie. »Lass ihn mich während der Fahrt halten.«
    Sie hatte ihr Zuhause aufgeben müssen. Ihren Platz am Fenster, den Himmel in ihrem Zimmer, den Löwen. Die Emaildose der Mutter, den Rasierspiegel des Vaters, seine Zeichnungen und Entwürfe. Das Rosenfresko am Haus. All die Erinnerungen, die künftig nicht mehr mit Bildern vor ihren Augen verknüpft werden konnten, nur noch mit solchen, die sie in ihrem Inneren sah. Und doch hatte sie das Wichtigste von allem mitgenommen, das Beste, das von ihren Eltern geblieben war. Sie blickte erneut auf ihren Bruder nieder. Er war ein Mensch, winzig noch, aber von ihrem Blut. Ein vollkommenes kleines Wesen, das in ihren Armen lag und ihr anvertraut war.
    »Matteo«, sagte sie. Und dann gleich noch einmal: »Matteo!«
    Es war, als könnte sie eine besondere Verbindung zu ihm herstellen, indem sie seinen Namen aussprach.
    Sie schaute ihn an und fühlte seine Wärme und seine Zerbrechlichkeit, und mit einem Mal begriff sie, dass ihr Leben nicht vorbei war, sondern lediglich eine Wendung genommen hatte. Die Zukunft, die vor ihr lag, mochte ungewiss und wenig verheißungsvoll sein, doch immerhin gab es eine, und für den Moment blieb Laura nichts anderes übrig, als sich ihr zu stellen – und sie mit ihrem Bruder zu teilen.
    »Matteo«, sagte sie abermals, und diesmal berührte sie der Klang seines Namens bis tief in die Seele.



  Februar 1503
     
    Laura wich unter die Arkadengänge zurück, als zwei betrunkene Männer ihren Weg kreuzten. Sie waren maskiert, und diese schwarzen Masken, die vom Haaransatz bis zum Kinn reichten, versetzten Laura jedes Mal in Panik. Sie konnte sich noch so oft sagen, dass ihre Furcht kindisch war – sie war machtlos dagegen. Deshalb schaute sie bei den Männern, die auf diese Art maskiert waren, immer wieder auf die Hände. Sie tat es wie aus einem Zwang heraus, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war, denn in diesem Gedränge waren die Hände der Vorübereilenden kaum lange genug zu sehen.
    Außerdem war sie nicht hergekommen, um sich vor Maskenträgern zu ängstigen, sondern weil sie den Karneval erleben wollte. Sie hatte schon im letzten Jahr versucht, ihren Vater davon zu überzeugen, dass sie alt genug war, um zum Giovedì grasso zu gehen,

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