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Die Landkarte des Himmels

Die Landkarte des Himmels

Titel: Die Landkarte des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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weiterzumachen, Emma. Das wissen Sie.»
    «Ja, Gilliam, das weiß ich», antwortete die Lady liebevoll. «Obwohl Sie ihn eigentlich gar nicht bräuchten. Sie sind der große Gilliam Murray, der Herr der Zeit; Sie brauchen an nichts und niemanden zu glauben. Aber die anderen brauchen etwas, woran sie glauben können. Und ich bin fest davon überzeugt, dass sie jetzt aus dem Glauben an Shackleton ihre einzige Kraft beziehen.» Sie legte eine Pause ein und fügte dann hinzu: «Und schuld daran sind Sie.»
    «Ich?» Murray klang verblüfft. «Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen.»
    «Oh, Gilliam, natürlich wissen Sie das. Sie haben ihm die Tür zu unserer Welt geöffnet, ihm damit seine Welt und sein Schicksal aus den Händen genommen. Er ist heute nur hier bei uns, weil Sie ihn allen als den Retter der Menschheit präsentiert haben. Finden Sie es richtig, ihn jetzt zu demontieren, wo alle an ihn glauben?»
    «Schon gut, schon gut», murmelte Murray. «Zum Teufel, Emma, ich glaube, Sie haben recht. Ich weiß auch nicht, warum ich mich so aufführe … Aber der Hauptmann ist doch nicht die Antwort auf ihr Hoffen!», fuhr er wieder auf. «Das wissen Sie. Wir beide wissen es …»
    «Aber dass wir beide keine Hoffnung mehr haben, gibt uns nicht das Recht, sie auch den anderen zu nehmen, Gilliam», sagte Emma mit der ihr eigenen Sanftheit, die Murray jedes Mal einlenken ließ.
    Was zum Teufel hatte das alles zu bedeuten?, fragte ich mich in meinem Versteck. Warum konnten wir unsere Hoffnung nicht in einen Helden aus der Zukunft wie Shackleton setzen? Was wussten Emma und Gilliam von ihm? Fragen über Fragen, die meine zufälligen Informanten wohl nicht die Absicht hatten, mir beantworten zu wollen, denn jetzt hörte ich Emma sagen:
    «Ich glaube, wir müssen zurück zu den anderen.»
    «Warten Sie, Emma», bat Murray, und an meine Ohren drang das Geräusch von raschelndem Stoff, weswegen ich annahm, dass er sie am Arm ergriffen hatte. «Wir haben nie allein miteinander sprechen können, seit wir Claytons Unterschlupf verlassen haben. Ich muss wissen, was Sie von dem halten, was ich Ihnen dort gesagt habe. Seitdem werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie … mir aus dem Weg gehen. Ein paarmal haben Sie mich beobachtet, und wenn ich Sie angeschaut habe, haben Sie den Blick abgewandt.»
    Jetzt schien sich tatsächlich eine Szene anzubahnen, die peinlich werden konnte, wenn sie mich entdeckten. Also brachte ich mich so gut es ging hinter der Kiste in Sicherheit, auf der ich gesessen hatte, wobei ich möglichst kein Geräusch zu machen versuchte und meine Zigarette ausdrückte, damit mich der Rauch nicht verriet. Zugleich betete ich, dass die beiden, wenn sie auf der Suche nach noch mehr Intimität hereinkämen, keinen Blick hinter die Kiste werfen würden. Wenn das geschähe, wusste ich wirklich nicht, wie ich erklären sollte, warum ich dort wie ein Gürteltier zusammengekauert am Boden hockte.
    «Aber Gilliam, das ist nicht wahr!», protestierte Emma.
    «Doch, das ist es.»
    «Nein, Gilliam, ich schwöre Ihnen …»
    «Sagen Sie mir nur eines, Emma», unterbrach sie der Unternehmer mit eindringlicher Stimme. «Als ich Ihnen mein Geheimnis anvertraute, habe ich mich geirrt, stimmt’s? Anstatt Ihre Liebe zu gewinnen, habe ich nur erreicht, dass Sie mich verachten.»
    «Wie können Sie so etwas sagen … Selbstverständlich verachte ich Sie nicht, Gilliam. Will Ihnen denn nie in den Kopf …»
    «Mein Geständnis hat ganz eindeutig das Gegenteil von dem bewirkt, was ich erreichen wollte», murmelte Murray, der Emmas Worte gar nicht wahrgenommen zu haben schien und seine Worte jetzt mit dem Geräusch seiner Schritte begleitete, als würde er im Tunnel auf und ab gehen. «Ich glaube, der Teil von Ihnen, für den es nur eine korrekte Haltung gibt in einer unkorrekten Welt wie dieser, verabscheut mich jetzt …»
    «Gilliam …»
    «Natürlich, Sie haben Zeit gehabt, über die Geschichte nachzudenken, die ich Ihnen erzählt habe, und, na ja … dies ist das Ergebnis. Ich wollte, dass Sie mich lieben können, und erreicht habe ich, dass Sie mich verachten …»
    «Verachten? Gilliam, ich …»
    «Bravo, Murray, gut gemacht! Eine ganz tolle Nummer, mein Freund. Schlechter hättest du es nicht hinkriegen können», bemitleidete sich der Unternehmer. «Aber wenn schon alles verloren ist, lassen Sie mich Ihnen wenigsten sagen, was ich für Sie empfinde, Emma …»
    «Gilliam, wenn Sie mich nur einmal ausreden

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