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Die Lanze des Herrn

Die Lanze des Herrn

Titel: Die Lanze des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaud Delalande
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nach dem reinen Blut, seinem persönlichen Gral, von ihrer okkulten Macht zu profitieren. Im April 1945 hatten angeblich amerikanische Soldaten unter einem gewissen Leutnant Horn die Lanze ausgegraben, die Hitler in einer Höhle bei Nürnberg verborgen hielt. Am selben Abend brachte sich Hitler in seinem Bunker um. Gab es einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen, reichlich befremdlichen Episoden?
    Judith setzte ihre Notizen fort:
    Lanze → Phantasiegebilde okkulter Macht?
    Sie seufzte. Die dunkle Seite der Lanzenüberlieferungen war dazu geeignet, die Phantasie zu beflügeln und lief Gefahr, jeglicher Form von Manipulation und Diabolisierung als ideologische Basis zu dienen. Die Vereinnahmung der Bibel im Namen des Bösen erregte Judiths Übelkeit. Gleichzeitig konnte sie nicht leugnen, dass auch sie, die normalerweise geradezu mustergültig rational war, von der Geschichte der Lanze fasziniert war. Aber das musste noch lange nicht bedeuten, dass es einen echten Zusammenhang zwischen den dunklen Überlieferungen und dem aktuellen Geschehen gab. Sie glaubte nicht daran. Wer war heute der wahre Feind?
    Die Lanze der Allmacht… Sektiererischer Wahn? Oder was?
    Judith fühlte sich äußerst unwohl in ihrer Haut, und ihre Besorgnis stieg.
    Sie sah auf die Uhr. Bald würden sie in Kairo landen.
    Vielleicht wusste man beim Mossad mehr über die Sache. Sie sah auf das Blatt mit dem Namen des Agenten, den sie in Kairo treffen sollten. Ein gewisser Harry Milchan, jedenfalls war das einer seiner Namen. Sobald sie ihr Gepäck in ihrem Hotel im Botschaftsviertel Zamalek abgestellt hätten, würde er mit Anselmo Verbindung aufnehmen, und sie würden sich irgendwo im Herzen der Altstadt treffen. Wenn sie den Franzosen Seltzner erwischten und er sich weigerte zu reden, sollte Harry Milchan ihn nach Beersheba in Israel bringen, wo er von israelischer Seite verhört werden sollte. Vielleicht fuhren Judith und Anselmo ebenfalls nach Beersheba, wenn Kardinal Lorenzo es für richtig hielt und sie die nötige Genehmigung erhielten, was freilich keineswegs sicher war. Aber diese Dinge wurden direkt vom Vatikan geregelt. Darum brauchten sie sich nicht zu kümmern.
    Judith schloss die Augen. Die Bilder der Leichen von Megiddo quälten sie. Ein äußerst unangenehmer Gedanke ging ihr durch den Kopf. Alle an den Ausgrabungen Beteiligten waren tot… und man hatte die Ausgrabungen in Angriff genommen, weil sie, Judith Guillemarche, dazu geraten hatte. Ihr Gesicht verdüsterte sich. Ihre Kopfschmerzen wurden wieder stärker. Sie fühlte sich plötzlich für den Vorfall verantwortlich. Aber es war doch nie die Rede davon gewesen, dass damit die geringste Gefahr verbunden sein könnte! Warum war es dazu gekommen? Sie wusste keine Antwort. Sie fuhr hoch, als sie die näselnde Stimme des Flugkapitäns im Lautsprecher hörte.
    »Meine Damen und Herren, wir befinden uns im Landeanflug auf den internationalen Flughafen von Kairo. Wir bitten Sie, Ihren Platz einzunehmen, den Tisch hochzuklappen und Ihren Sicherheitsgurt anzulegen. Die Temperatur in Kairo beträgt…«
    Anselmo klappte seine Jagdzeitschrift zu.
    Judith schloss ihren Sicherheitsgurt.
    ♦♦♦
    Judith war auf dem Weg zur Al-Ashar. Die aus der Zeit der Fatimiden stammende sogenannte »schöne Moschee« lag ganz in der Nähe des Khans, wo sich Anselmo und der israelische Agent in diesem Augenblick trafen. Sie würde in der Moschee in Sicherheit sein und warten, bis der Archäologe in der Falle saß. Der Israeli war ihm ständig auf der Spur geblieben, seit der Geheimdienst ihn entdeckt hatte. Judith sah in regelmäßigen Abständen angespannt auf die Uhr und strengte sich an, einen klaren Kopf zu behalten.
    Anselmo hatte ihr versprochen, sobald wie möglich ein Straßenkind zu schicken. Sie wollten sich treffen, bevor sie den Archäologen endgültig aufgriffen.
    Die junge Frau holte tief Luft und blickte auf.
    Vorausgesetzt alles lief nach Plan, dachte sie. Judith nahm unauffällig ihr Kruzifix ab und verbarg ihr blondes Haar unter einem Tuch. Sie zog ihre Schuhe aus, um in den Haupthof zu gehen, der in der heißen Sonne lag. Sie schlenderte durch die Bogengänge und bewunderte zur Ablenkung die Mosaiken der Gebetsnische. Eine Minute später betrat sie den großen Gebetsraum, der mit unzähligen roten und grünen Teppichen ausgelegt war und von acht Säulenreihen getragen wurde. Sie fand es sonderbar, hier an dieser Stelle ein kurzes Gebet zu sprechen. Sie faltete die Hände und sah

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