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Die Lanze des Herrn

Die Lanze des Herrn

Titel: Die Lanze des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaud Delalande
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Draußen schien alles ruhig zu sein. Nach dem seltsamen Traum, aus dem sie erwacht war, beruhigte sie die Stille. Der Traum war noch ganz nah, und sie hatte das Gefühl, noch nicht in der Wirklichkeit angekommen zu sein. Was für ein herrlicher Tag! Wie gut, hier zu sein, um sich vor dem großen Ereignis auszuruhen. Sie war innerlich angespannt, das konnte sie nicht leugnen, auch wenn man sich gut um sie gekümmert hatte und ihr geschmeichelt hatte, sie sähe aus wie ein Bild von Botticelli. Dabei wusste sie, dass sie nur ein ganz gewöhnliches junges Mädchen war.
    So, jetzt muss ich aber wirklich richtig aufwachen!, dachte sie.
    Wieder begrüßte sie den Tag und schnupperte die milde Brise.
    Als sie den Amerikaner Sparsons entdeckte, der auf ihr Haus zukam, lächelte sie ihn strahlend an. Er erwiderte ihr Lächeln, während er die Stufen zur Terrasse heraufkam. Die ursprünglich für den ägyptischen Verteidigungsminister bestimmte Wohnung lag ein wenig abseits der Quartiere der Angestellten und war zweihundert Quadratmeter groß. Hell, funktional, mit Blumen geschmückt und mit Obstschalen versehen, war sie geschmackvoll eingerichtet und eine würdige Unterkunft für die Mutter des zukünftigen Messias.
    Der Wissenschaftler Sparsons strich sich über das blonde Haar und rückte seine Brille zurecht. Unter seinem Kittel trug er ein T-Shirt mit der Aufschrift South Park. Er küsste die Leihmutter auf beide Wangen, respektvoll und fast schüchtern, während sie aus dem Ärmel ihrer weißen Bluse einen roten Apfel hervorholte.
    »Sind Sie bereit?«, fragte er.
    Das junge Mädchen lächelte, biss gierig in den Apfel und zeigte dabei ihre perlmuttweißen Zähne. Ihre Augen leuchteten.
    »Ja.«
    »Wir können in ein paar Minuten anfangen.«
    »Ich hole nur meine Tasche.«
    Sie verschwand in der Wohnung. Der Amerikaner betrachtete die Berge, deren Gipfel in der Helligkeit des wunderschönen Tages erstrahlten. Bald kam das Mädchen zurück.
    »Nun geht es also los, Elena. Der große Augenblick ist gekommen.«
    Sie lächelten einander zu.
    Das Mädchen sah auf die Berghänge und die majestätischen Gipfel. Dann sagte sie mit starrem Blick und ungewohntem Ernst:
    »Ja, der Augenblick ist gekommen. Ich bin bereit.«
    Eine leichte Brise liebkoste die Stirn der Leihmutter, und nun schritt sie neben John Sparsons, ihrem Lebensund Todesengel, die Treppe hinunter zu dem wartenden Jeep, um zu dem benachbarten Gebäudekomplex zu fahren, in dem jener unbeschreibliche, schreckliche, vielleicht wahnsinnigste Eingriff stattfinden sollte, den sich je ein Mensch ausgedacht hatte.
     

7. Kapitel
    Katharinenkloster, Berg Mose, 2006 Djebel Katharina, 2006 Labor Axus Mundi, 2006
    Mephisto: Begehrst du Gold?
    Faust: Was soll mir Reichtum?
    Mephisto: Gut! Ich sehe, wo der Schuh dich drückt.
    Steht dein Sinn nach Ruhm?
    Faust: Mehr als das!
    Mephisto: Macht?
    Faust: Nein! Ich will einen Schatz… der alles umfasst.
     
    »Margarete«  von Charles Gounod, Erster Akt, zweite Szene
     
    Als die Leihmutter aus dem Aufzug trat, verstummten alle. Ein Ehrenspalier bildete sich zu beiden Seiten.
    Das junge Mädchen, obwohl etwas eingeschüchtert, ging erhobenen Hauptes auf die Wissenschaftler zu.
    Sie standen in der Mitte des Großen Saals, unweit von dem Bett und der Lanze. Einen Schritt vor den anderen Professor Li-Wonk, rechts von ihm Yzamata, links Ferreri. John Sparsons begleitete die Neue Maria. Der Wissenschaftler Li-Wonk grüßte sie respektvoll und lächelte sie durch seine dicken Brillengläser breit an. Die anderen scharten sich um sie, da sie ihr die verschiedenen Schritte es Eingriffs erklären wollten, der an ihr vorgenommen werden sollte. Ein Tag stand ihnen zur Verfügung, um sie vorzubereiten.
    Während Elena nicht ohne ein gewisses Bangen, das sie durch ihr Lächeln überspielte, das Gewölbe des Großen Saales und die technischen Einrichtungen betrachtete, dachte der Koreaner daran, welchen Aufwand sie getrieben hatten, um die richtige Mutter für ihr Experiment zu finden. Sie waren von einer Liste mit vierundfünfzig geeigneten Frauen ausgegangen, von denen keine wusste, worum es genau ging, und welches ganz außergewöhnliche Kind die Wissenschaftler dank ihrer Unterstützung zur Welt bringen wollten.
    Zu Beginn hatte es lange Diskussionen gegeben, denn die Wissenschaftler waren sich durchaus nicht in allen Punkten einig gewesen. Die junge Frau musste vollkommen gesund sein. Sie musste beste genetische Voraussetzungen mitbringen.

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