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Die Lanze des Herrn

Die Lanze des Herrn

Titel: Die Lanze des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaud Delalande
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Professor Li-Wonk erfahren hatte, sollte der entscheidende Eingriff an diesem Morgen stattfinden. Frank war froh, dass sein Auftrag dem Ende zuging. Sobald die Wissenschaftler fertig wären, würde die Leihmutter, wie sie sie nannten, diesen Ort unter Begleitschutz verlassen. Man würde sich in einem anderen Land weiter um sie kümmern. Der Sicherheitschef wusste nicht, wo das sein würde, aber das war ihm umso lieber. Noch heute würden sie mit dem Abbau und Abtransport beginnen. Bald würde niemand mehr hier sein. Er musste noch die Aufräumarbeiten beaufsichtigen, aber er sah schon Licht am Ende des Tunnels und war alles andere als traurig darüber. Ihm wurde bewusst, wie sehr die Verantwortung, die er hier hatte, ihn belastet hatte. Ganz gleich was geschah, lange würde er hier nicht mehr bleiben müssen.
    Er schnippte seine Kippe weg und hob den Blick.
    Ein kurzer Blitz ließ ihn stutzen.
    Was war denn das?, fragte er sich.
    Es hatte nur den Bruchteil einer Sekunde gedauert. Ein Lichtstern.
    Der Sicherheitschef war hellwach. Dort oben auf dem Plateau hielt sich jemand versteckt. Und der kurze Blitz konnte durchaus von einer Waffe stammen, auf die ein Sonnenstrahl gefallen war.
    Wir werden beobachtet, dachte er.
    Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Sein erster Reflex war, sein Funksprechgerät in die Hand zu nehmen. Der Profi in ihm bremste ihn gerade noch rechtzeitig. Er ließ ein paar Sekunden verstreichen und drehte sich dann gemächlich um sich selbst, so, als mustere er die Landschaft… Dann nahm er in aller Ruhe sein Funksprechgerät aus dem Gürtel, hielt es sich an den Mund und senkte den Kopf, damit seine Bewegung möglichst natürlich aussah. Ein Blick nach links. Dann nach rechts. Die Wächter in den Wachtürmen waren auf ihren Posten.
    Verflucht noch mal, ausgerechnet jetzt!, dachte er. Dann flüsterte er:
    »Duncan hier. Rote Alarmstufe. Hört Ihr mich, Ihr Penner? Rot!«
    Hundertzwanzig Meter von ihm entfernt bückte sich ein Soldat und zog seine Waffe mit Laservisier zu sich heran. Sein Kamerad ließ fluchend seinen Feldstecher auf die kugelsichere Weste fallen.
    »Glaubst du…?«, fragte der andere.
    »Das reflektiert doch, zum Kuckuck noch mal, du warst genau im Licht!«
    Dann räusperte er sich und sprach in sein Headset am Helm.
    »Alpha sechs, Alpha sechs, man hat uns entdeckt, hören Sie?«
    Auch Judith, die mit dem Hauptmann etwas weiter hinten in einem Jeep saß, begriff, was geschehen war.
    »Man hat uns entdeckt!«
    »Stürmen!«, brüllte der Hauptmann.
    Als die ersten Schüsse krachten, vernahmen die Wissenschaftler im Untergeschoss nur ein schwaches Echo. Aber sie waren sofort gewarnt, weil an der Decke rote rotierende Warnlichter angingen. Professor Li-Wonk sah nach oben, und auch der Amerikaner verdrehte ungeschickt den Kopf. Der Japaner Yzamata zitterte.
    »Was ist passiert?«, fragte Elena, als eine Sirene zu heulen begann.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Professor Sparsons beugte sich über die junge Frau.
    »Nichts, gar nichts«, sagte er sichtlich nervös mit abgehackter Stimme.
    »Alles wird gut gehen«, sprang der Italiener Ferreri ihm bei.
    »Um Himmels willen, stellt das ab!«, rief der Koreaner.
    Man brachte die Sirene zum Schweigen. Nur die rotierenden Lampen tauchten den Saal weiterhin in grelles Licht. Die Kameras schienen ihre Linsen bei jeder Veränderung der Helligkeit zu schließen und zu öffnen. Die Szene wurde auf den Monitoren des Raums vervielfacht.
    Professor Li-Wonk versuchte, die Leihmutter mit einem wenig überzeugenden Lächeln zu beruhigen und wandte sich dann seinem Kollegen Yzamata zu.
    »Und? Wie sieht es aus?«, fragte er.
    Auf Yzamatas Stirn perlte der Schweiß. Er bahnte sich noch immer einen Weg durch die Gebärmutterschleimhaut.
    Auf den Bildschirmen sah man, wie die Mikropipette langsam in den Uterus vordrang, aber der Japaner war nervös und das Instrument zitterte.
    »Ich bin nicht an der richtigen Stelle, ich bin noch nicht ganz da.«
    Er richtete sich einen Moment auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Der Koreaner packte plötzlich den Arm seines Kollegen mit ungeahnter Kraft.
    »Versuchen Sie es noch einmal! Hören Sie! Sie müssen es noch einmal versuchen!«
    Seine grauen Augen hinter den dicken, eckigen Gläsern waren riesig.
    »So kurz vor dem Ziel dürfen wir nicht scheitern.«
Die Jeeps näherten sich auf der Sandpiste. Die wachhabenden Söldner hatten schnell das Eingangstor geschlossen, aber die vorderen Fahrzeuge

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