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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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das vorgestellt hatte.
    Noch einmal ließ er den Mordabend vor seinem inneren Auge passieren.
    Gusto hatte bei ihm geklingelt, zitternd vor Entzugserscheinungen, und ihm damit gedroht, ihn zu verraten, sollte Truls ihm kein Geld für Violin geben. Aus irgendeinem Grund war seit Wochen schon kaum noch Stoff auf der Straße aufzutreiben gewesen, was die reinste Panik im Needle Park ausgelöst hatte und den Preis für das Viertelgramm bis auf dreitausend Kronen und mehr hatte hochschnellen lassen. Truls hatte vorgegeben, dass sie erst zu einem Bankautomaten fahren müssten und er nur eben die Autoschlüssel holen müsse. Stattdessen hatte er die Steyr-Pistole eingesteckt. Im Grunde hatte er nicht eine Sekunde daran gezweifelt, was zu tun war. Gusto würde seine Drohung immer wieder einsetzen, Junkies wie er waren, was das anging, verdammt berechenbar. Doch als Truls wieder zur Wohnungstür zurückgekommen war, war der Junge verschwunden gewesen. Anscheinend hatte er Lunte gerochen. Truls war das nur recht, Gusto würde nicht auspacken, solange er nichts davon hatte, und schließlich war er ja auch selbst an dem Einbruch beteiligt gewesen. Es war ein Samstag, und Truls hatte Rufbereitschaft, musste also jederzeit erreichbar sein, so dass er ins Fyrlyset gefahren war, wo er ein bisschen gelesen, Kaffee getrunken und Martine Eckhoff beobachtet hatte. Er hatte die Sirenen gehört, noch bevor sein Telefon geklingelt hatte. Die Einsatzzentrale. Jemand hatte eine Schießerei in der Hausmanns gate 92 gemeldet, und vom Dezernat für Gewaltverbrechen war niemand verfügbar. Truls hatte sich zu Fuß auf den Weg gemacht, da die Adresse nur wenige Hundert Meter vom Fyrlyset entfernt lag. Auf seinem Weg hatte er aufmerksam die Menschen auf der Straße beobachtet, wohl wissend, dass er wichtige Beobachtungen machen konnte. Als er in die Hausmanns gate kam, fiel ihm ein junger Mann mit einer Wollmütze auf, der an der Wand des Hauses lehnte, in dem die Schüsse gefallen waren, und der zu dem Polizeiwagen hinübersah, der auf der anderen Straßenseite parkte. Der Mann war Truls aufgefallen, weil er die Hände ungewöhnlich tief in den Taschen seiner North-Face-Jacke vergraben hatte. Außerdem war die Jacke irgendwie zu groß und dick für die Jahreszeit, und ihre großen Taschen konnten alles Mögliche beherbergen. Der Junge hatte einen ernsten Gesichtsausdruck, wirkte aber nicht wie ein Dealer. Als die Polizei Oleg Fauke vom Fluss kommend zum Auto führte, wandte sich der junge Mann ab und ging schnellen Schrittes über die Hausmanns gate davon. Natürlich waren Truls auf seinem Weg zum Tatort auch noch etwa zehn andere Personen aufgefallen, über die er sich ähnliche Gedanken gemacht hatte. Dieser eine war ihm aber in Erinnerung geblieben, weil er ihn später noch einmal gesehen hatte. Und zwar auf dem Familienfoto, das Hole ihm im Leons gezeigt hatte.
    Hole hatte gefragt, ob Truls auf dem Foto Irene Hanssen wiedererkannte, und er hatte wahrheitsgemäß geantwortet, dass er das nicht tat. Dass er neben Gusto auch noch den anderen Jungen kannte, hatte er Hole aber nicht gesagt. Gustos Stiefbruder. Auch auf dem Foto hatte er diesen ernsten Gesichtsausdruck gehabt. Das war der Junge vom Tatort.
    Truls hielt in der Prinsens gate unterhalb des Leons.
    Er hörte den Polizeifunk ab, bis endlich die Meldung an die Einsatzzentrale kam, auf die er gewartet hatte.
    »Nachricht an Null Eins. Wir sind der Anzeige wegen Ruhestörung im Blindernveien nachgegangen. Es scheint hier tatsächlich einen Überfall gegeben zu haben. Mit Tränengas und einem intensiven Schusswechsel, vermutlich mit automatischen Waffen. Ein Mann ist erschossen worden. Wir sind nach unten in den Keller gegangen, aber der ist voller Wasser. Wir brauchen das Einsatzkommando hier vor Ort, um die erste Etage zu checken.«
    »Können Sie zuvor abklären, ob noch jemand im Haus ist?«
    »Sollen wir etwa Kopf und Kragen riskieren? Haben Sie nicht gehört, was wir gesagt haben? Automatische Waffen und Tränengas!«
    »Okay, okay. Wie viele Leute brauchen Sie?«
    »Vier Streifenwagen, um die Umgebung zu sichern. Das Einsatzkommando Delta, die Spurensicherung und … ja vielleicht noch einen Klempner.«
    Truls Berntsen stellte den Ton leiser. Er hörte ein Auto scharf bremsen und sah einen großgewachsenen Mann vor dem Auto die Straße überqueren. Das Auto hupte wie wild, aber der Mann schien das gar nicht zu bemerken, sondern lief weiter in Richtung Leons.
    Truls Berntsen kniff die

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