Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
für mich noch eine Weile warten müssen.«
Melvinius nickte und fragte dann: »Wie willst du also vorgehen?«
»Als ich herkam, hatte ich eigentlich vor, mit den Dokumenten zu Sivert zu gehen und mit ihm zu verhandeln. Das Gut bedeutet ihm weniger als mir, und ich hätte ihm eine großzügige Abfindung gezahlt, mit der er seine eigenen Pläne, welcherart auch immer, verwirklichen könnte. Selbstverständlich hätte ichihm auch das lebenslange Wohnrecht im Herrenhaus eingeräumt.«
»Eine vernünftige Lösung. Doch wenn man sein jetziges Verhalten in Betracht zieht, vielleicht nicht mehr die wünschenswerteste.«
»Richtig. Dennoch, Pater, ich werde an diesem Plan fest halten, sowie ich beweiskräftige Unterlagen habe. Wenn ich ihn des versuchten Mordes anklage, wird es schwer fallen, das zu beweisen. Mit ihm kämpfen aber kann und will ich nicht. Wenn er mit Geld zufrieden ist, will ich alles vergessen. Allerdings werde ich es ihm zur Auflage machen, die Gegend zu verlassen. Nun, wir werden sehen. Sowie Jehan wieder munter ist, werde ich den Advokaten Hermann Kerpen in Dormagen aufsuchen und mich mit ihm beraten. Vielleicht kann er mir einen Hinweis geben, was die Moen mit den Dokumenten gemacht hat. Oh, warum musste die gute Alte nur zu dieser Unzeit ihr Leben aushauchen!«
Für uns alle hieß es im Augenblick also abzuwarten. Jehan erholte sich, wie ich von Melvinius erfuhr, und ich kam auch recht schnell wieder zu Kräften, dank der köstlichen und nahrhaften Speisen, die mir, selbstverständlich im Einklang mit den Klosterregeln, von der Abtsküche an meinem Lager serviert wurden. Mein Fell wurde wieder glatt, denn ich pflegte es mit Hingabe. Mein Flanken füllten sich gefällig, und mein Bäuchlein rundete sich zufrieden stellend über dem, was ich zu tragen hatte. Meine Spaziergänge wurden länger, aber ich blieb immer an Melvinius’ Seite. Wir besuchten am Montag sogar schon den Kräutergarten,und ich bewunderte die neue Hütte, die dort entstanden war. Meiko hingegen wohnte dort wirklich nicht mehr. Er verbrachte seine Zeit hauptsächlich bei Jehan in der Infirmerie.
Ich traf Meiko jedoch am kommenden Tag in den Gärten am Forellenteich, und er wurzelte wie früher in den Beeten herum. Irgendwo hatte er grobe Kleider aufgetrieben, und seine Stiefel und Hände waren wie früher erdverschmiert.
»Na, Mirza, wieder munter?«, begrüßte er mich freundlich, als ich mich neben den Zwiebeln niederließ, die er in die Erde stecken wollte.
»Mau!«, bestätigte ich ihm und beäugte das Zeug kritisch. Es war noch immer matschig hier, aber der Brandgeruch war weitgehend verflogen.
»Kleines Spielchen gefällig?«
Meiko hob eine der Zwiebeln auf und warf sie ein Stück weit in die Landschaft. Ich schlenderte hinterher und holte sie ihm zurück.
»Du lässt es langsam angehen, was? Ist wohl auch besser so.«
Er lächelte mich an, und ich fand ihn wirklich ziemlich nett. Deshalb gestattete ich ihm auch, mich mit seinen schmutzigen Fingern zu kraulen, und warf mich sogar auf den Boden, damit er an meinen Bauch herankam. Es fühlte sich ungeheuer gut an. So als ob schon ein paar Kleine sich um meine Zitzen drängelten. Ach, bald!
Aber dann kam mir eine Idee.
Was für eine Art Kämpfer war Meiko eigentlich? Ich schnappte mir mit den Vorderpfoten seine Handund hielt sie fest. Gleichzeitig strampelte ich zur Aufforderung ein paarmal kräftig mit den hinteren Pfoten gegen seinen Arm.
Er verstand.
»Willst du raufen?«, grinste er.
»Mau!«
Er versuchte, seinen Arm wegzuziehen.
Ich hielt mich fest.
Er hob mich daran hoch.
Ich ließ ihn kurz los, duckte mich in Positur und funkelte ihn an. Er hielt meinem Blick stand.
Ich forderte ihn heraus.
Lockend hielt er den Arm hin.
Ich sprang!
Ins Leere.
Ging ihn von hinten an.
Packte ihn.
Strampelte.
Wurde auf den Rücken gedreht.
Ließ los und sprang erneut.
Biss in den Ärmel.
»Au!«, sagte er und versuchte freizukommen.
Ich trampelte vor Freude und klammerte mich mit den Krallen fest. Nagte an seinem Daumen.
Er musste sich niederbeugen.
Ha! Gewonnen!
Ich ließ ihn los.
Er stand auf.
Ich an sein Bein. Festkrallen.
Er lachte.
Wir rauften ganz wunderbar, und die paar Kratzer, die er dabei aus Versehen abbekam, schienen ihn nichtweiter zu stören. Er kämpfte gut, mit ordentlichem Blickkontakt, schnellen Reaktionen und richtig eingesetzter Kraft. Er bemerkte sogar vor mir, dass mir die Puste ausging, und hielt plötzlich still, senkte
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