Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Wolkenloch ließ die Mittagssonne die Steine wärmen, und Kristin beantwortete Jehans unersättliche Fragen. Sie erklärte ihm gerade, was es mit dem Problem der roten und grünen Farben für ihren Bruder auf sich hatte, als es hinter den Sträuchern raschelte.
    Ich sprang auf, um mich darunter zu verstecken, denn der Geruch gefiel mir nicht. Jehan verstummte mitten in einer Frage und stand auf. Vorsichtig bog er die Zweige des Haselbusches auseinander.
    »Oh verd... Entschuldigt, Kristin. Aber das darf doch nicht wahr sein. Arnoldus! Er hat die Büßerzelle verlassen!«
    Kristin sprang auch auf, und ich wagte einen vorsichtigen Blick unter den Blättern hervor. Richtig, da rannte Arnoldus, jetzt in fliegender Kutte, auf die Pferdeställe zu. Kurz darauf führte er seinen Braunen gesattelt heraus, schwang sich auf und spornte das Tier zu einem gnadenlosen Galopp an.
    »Er wird nach Rommerskirchen reiten!«, mutmaßte Jehan tonlos. »Er wird Sivert von Vater und mir berichten.«
    »Das ist wirklich schlimm. Clemens hat mir erzählt, was vorgefallen ist, Jehan.«
    »Ihr wisst davon?«
    »Von dem Brandanschlag und den Hunden, ja.« »Kristin, ich habe Angst!«
    Kristin zog ihn kurz und fest an sich und meinte dann: »Gehen wir sofort zu Pater Melvinius, er wird Rat wissen.«
    Mich vergaßen sie darüber, aber ich nahm es ihnen nicht übel. Langsam wanderte ich hinter ihnen her und schlüpfte durch meinen Einstieg in die Kammer. Ich hörte Stimmengemurmel aus der Bibliothek und musste doch tatsächlich ein paarmal laut miauen, bis man mir die Tür öffnete.
    »Ich werde mit dem Abt ein Wörtchen zu reden haben. Ich dachte, ich hätte ihm verständlich gemacht, mit was für einer Art Mensch wir es bei ihm zu tun haben.« Melvinius sah ungewöhnlich zornig aus. »Ändern können wir allerdings nichts mehr daran. Arnoldus ist fort, und ihr beide vermutet sichervollkommen richtig, dass er zu Sivert aufgebrochen ist, um ihm über die Neuigkeiten zu berichten.«
    »Wo hält sich Meinhard von Rommerskirchen überhaupt im Augenblick auf, Pater Melvinius?«
    »Er ist in Dormagen bei seinem Advokaten. Er wollte heute zurückkommen.«
    »Das weiß Arnoldus aber nicht, oder?«
    »Ich wäre mir da nicht so sicher. Vater Ignaz ist ein guter Bekannter von Sivert, wer weiß, was er dem Diakon erzählt hat. Ich werde es sogleich herausfinden. Wartet hier auf mich!«
    Ich hätte zu gerne den Pater zum Abt begleitet, aber Jehan hielt mich fest.
    »Ich habe den ehrwürdigen Vater erst einmal getroffen. Ich mag ihn nicht besonders«, meinte der Junge. »Er hat die Dame Caroline sehr herablassend behandelt.«
    »Mich hat er überhaupt nicht wahrgenommen, weder als Kristin noch als Meister Clemens. Aber er stammt ja auch aus hochadligem Haus.«
    »Aus hochnäsigem, wolltet Ihr sagen!«
    Ein zustimmendes Schnauben war ihre Antwort. Dann warteten wir in Schweigen auf Melvinius’ Rückkehr.
    Er war nicht milder gestimmt, als er kurz vor dem Glockenruf zur Non in die Bibliothek zurückkam.
    »Es ist nicht zu fassen!«, schimpfte er. »Es ist unglaublich. Eine Vetternwirtschaft sondergleichen! Familiäre Verpflichtungen Arnoldus’ Vater gegenüber, persönliche Verantwortung für das Wohlergehen seines Schützlings. Haltlose Anschuldigungen, die nicht bewiesen werden können. Unnötige Aufregung wegeneines schmutzigen Gärtnerburschens, der sich als Hochstapler erweisen wird. Die großzügigen Spenden des Herren von Rommerskirchen. Kostbare Reliquien, das teure Angedenken an Frau Magdalena und so weiter, und so weiter.«
    Melvinius wanderte aufgebracht zwischen Bücherregalen und Lesepulten umher.
    »Dabei dachte ich, ich hätte ihm vorgestern ausreichend klar gemacht, welch überaus zweifelhaften Lebenswandels sich sein kostbarer Diakon befleißigt. Aber er hat ihm heute Morgen die Beichte abgenommen, und es scheint, der Schleimer hat ihm eine gereinigte Version aufgetischt, vor Reue geschluchzt, Buße und Besserung gelobt und eine vollständige Absolution erhalten. Inklusive der Mitteilung, er könne sich derzeit bei dem Gärtnerburschen nicht entschuldigen, da der sich ohne Erlaubnis und unter Vernachlässigung seiner Pflichten nach Dormagen abgesetzt habe.«
    »Können wir ihn nicht warnen, Pater?«
    »Wie, Kristin? Wie? Wir wissen nicht, welchen Weg er nimmt und wann er zurückkommt.«
    »Doch, Pater Melvinius, zumindest den Weg wissen wir. Er hat sein Pferd beim Gutsherrn vom Lindenhof untergestellt, also wird er dorthin zurückkehren und

Weitere Kostenlose Bücher