Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Menschen lagen nebeneinander, offenbar vollkommen erschöpft von ihrer Paarung. Sivert begann zu schnarchen. Katryn erwachte wohl von diesem sägenden Geräusch, denn sie räkelte sich ein wenig und setzte sich dann langsam auf. Offensichtlich war auch ihr eine gute Portion Neugier innewohnend, denn sie ließ ihre Augen flink durch den Raum gleiten. Dann stand sie vorsichtig auf und streifte sich das dünne Hemd über, das sie unter ihrem Gewand getragen hatte. Es war an den Schultern zerrissen und verhüllte kaum ihren üppigen Busen. Auf leisen Sohlen strich sie im Raum umher, hob Truhendeckel hoch und lugte hinter Vorhänge, dann betrachtet sie lange ein Gemälde, das an der Wand hing. Ich hatte es auch schon bemerkt, aber nicht besonders attraktiv gefunden. Eine Frau in düsterer Kleidung war darauf abgebildet, die streng unter ihrer festen, weißen Haube und dem schwarzen Schleier auf den Betrachter blickte. In der Hand hielt sie ein zusammengerolltes Papier, und um den Hals trug sie einschlichtes hölzernes Kreuz. Dann fand Katryn den Altar und das von mir aus dem Beutel hervorgeholte Amulett. Immerhin war sie achtsam genug, es mit großer Vorsicht zu behandeln. Sie hielt es mit den Fingern gegen das Licht, das durch das Fenster fiel, und bewunderte die goldenen Fäden darin.
»Verdammt, was machst du da?«
Sivert war wach geworden und fuhr seine Gespielin in harschem Ton an.
Katryn legte den Stein unverzüglich hin und kehrte mit einem leisen, gluckernden Lachen zum Bett zurück.
»Aufgewacht von den Toten?«
»Und ganz lebendig!«
Sivert schien nicht weiter ungehalten, und wieder knarrte die Bettstatt über mir. Das Gebalge war diesmal von längerer Dauer, aber schließlich stand Katryn auf und goss einen Becher Wein aus einem Krug ein. Sie brachte ihn zum Bett und deutete dann auf das Gemälde.
»Wer ist die strenge Dame dort auf dem Bild, Herr? Ich habe nicht den Eindruck, dass sie unser Tun billigt.«
»Das ist Magdalena von Rommerskirchen, meine Mutter. Nein, ganz sicher würde sie es nicht billigen. Sie war fromm und sittenrein.«
»Warum habt Ihr das Bild dann hier aufgehängt?« »Um an das Sündige meines Treibens erinnert zu werden.«
»Ihr seid komisch, Herr!«
»Findest du?«
Es klang seltsam gefährlich, und Katryn vertieftedas Thema klugerweise nicht. Stattdessen deutete sie auf den Feenstein, der noch immer schimmernd auf dem Samt lag.
»Das ist ein wunderschönes Amulett, das Ihr da habt, Herr!«
»Was?«
»Dieser Stein mit den goldenen Fäden.«
Er richtete sich auf und spähte zu dem Altar in der Ecke.
»Musst du denn überall deine Finger reinstecken!«
»Es lag aber offen da, Herr, ich habe nichts angerührt! Ach kommt, Herr, seid nicht so grantig mit mir. Noch eben konntet Ihr sehr, sehr nett sein.«
Katryn schmiegte sich an ihn und strich mit kundigen Händen über seinen bloßen Körper. Er hingegen griff zum Weinbecher, leerte ihn mit einem Zug und wälzte sich wieder auf seinem Lager herum.
»Das Amulett ist mir heilig«, knurrte er. »Du berührst es nie wieder, verstanden?«
»Ganz bestimmt nicht. Ich berühre sowieso lieber Euch!«
Er ließ sich etwas besänftigen und beantwortete nach einer Weile sogar ihre Frage nach dem Talisman.
»Meine Mutter hat es vor Jahren von einem Reliquienhändler erstanden. Es ist ein Haar Mariens, das in den Kristall eingeschlossen ist. Es heißt, es beschütze den Träger vor aller Unbill. Sie hat es mir am Tage ihres Todes gegeben.«
»Und, hat es Euch beschützt?«
»Bisher ist mir noch keine Unbill widerfahren, mit der ich nicht fertig geworden wäre!«
Ich stellte fest, das Siverts Lachen siegessicherklang, und mein Schwanz peitschte in zornigem Aufruhr.
Zwei haarige Beine erschienen über der Bettkante, und Sivert sprang von seinem Lager. Er wandte sich an den Altar, steckte den Kristall wieder zurück in den Samtbeutel und zog das Bändchen zusammen.
»Genug der Tändeleien, Dirne. Jetzt sieh zu, dass du wieder in die Küche kommst und uns zu einem vernünftigen Essen verhilfst.«
Er gab Katryn einen kräftigen Schlag auf den bloßen Hintern, und sie quiekte auf. Dann raffte er seine Kleider zusammen und zog sich an.
Jetzt oder nie war mein Augenblick gekommen. Wenn sie das Zimmer verließen, musste es mir gelingen, den Samtbeutel zu schnappen und mit ihnen durch die Tür zu entwischen. Ohne es zu wollen, half mir die Katryn dabei, denn sie zog ihre Gewänder in der Nähe des Altärchens an und brauchte einige Zeit,
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