Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
hatte ihnen gedroht, sie bis in den hintersten Winkel des Kurfürstentums verfolgen und sie anschließend vierteilen zu lassen, sollten sie Dörnthal gegen seinen Willen verlassen. Gerwin hatte sich nicht widerwillig in seine Lage gefügt, denn Adelia verkürzte ihm die Nächte auf angenehmste Weise, wobei sie nie vergaß, ihn an die Kräuter zu erinnern. Hippolyt ließ ihn gewähren, mahnte ihn jedoch zur Vorsicht mit den höfischen Weibsbildern, bei denen man nie genau wisse, woran man sei.
    Am späten Vormittag des dritten Tages trat Gerwin aus dem Stall, wo er dem Pferdeknecht den Rücken gesäubert und gesalbt hatte. Der Mann war von zäher Konstitution und nahm die Schmerzen mit stoischer Miene hin. Einige Sonnenstrahlen waren durch die dichte Wolkendecke gebrochen und verwandelten den Hof in einen Morast aus Mist, Kot, Stroh und Abfällen. Gerwin balancierte auf einem Brett auf die Treppe zu, als der Herr des Gutes auf dem Balkon erschien und sich mit großer Geste auf der
Balustrade abstützte. Christoph von Alnbeck trug ein prächtiges Wams mit Pelzbesatz, die Beine steckten in langen Stulpenstiefeln.
    »Es stinkt hier zum Himmel!«, brüllte der Ritter und zeigte in den Hof. »Wenn ich zurückkomme, ist der Unrat fortgeschafft, und die Steine sind blank! Wir erwarten Besuch, und Dörnthal soll sich von seiner besten Seite zeigen!«
    Gerwin hörte, wie ein Knecht hinter ihm murrte: »Scheiß auf die Herren …«
    Alnbeck beugte sich vor wie ein Habicht, schien sich aber nicht sicher zu sein, ob er richtig gehört hatte. Herrisch winkte er Gerwin zu sich. Langsam stieg der junge Mann die Treppe hinauf und studierte die finstere Miene des Ritters, um darin endlich einen Hinweis zu finden, woher der Mann ihm bekannt sein könnte. Im Grunde waren seine Überlegungen müßig, denn er war kaum je weiter als bis Freiberg gekommen. Einmal hatte er Hippolyt nach Böhmen begleitet. Wäre es möglich, dass er Alnbeck in einem der Gasthäuser oder der Apotheke in Jirkov gesehen hatte?
    »Gott zum Gruße.« Gerwin neigte höflich den Kopf.
    »Wird der Pferdeknecht wieder arbeiten können?«
    »Es wird noch einige Wochen dauern …«
    »Wochen?«, unterbrach Alnbeck ihn und schlug mit der Faust auf die Balustrade. »Der Kerl kann von Glück sagen, dass ich ihn nicht getötet habe. Entweder steht er heute wieder auf, oder er kann gehen und braucht sich hier nie wieder sehen zu lassen.« Die letzten Worte richtete er an die junge Magd Almut, die unten mit einem Korb schmutziger Wäsche vorbeilief. »Ja, lauf nur gleich zu ihm.«
    Gerwin hätte nicht zu sagen vermögen, ob die Lüsternheit in Alnbecks Blick überwog oder die Wut auf den ungehorsamen Knecht. Seit seiner Ankunft auf Dörnthal hatte Gerwin einiges über Alnbeck gelernt, und er begann, Adelias Aussage zu glauben.
    »Erlaubt Ihr mir eine Frage, Herr?«
    »Was?«, blaffte Alnbeck und sah weiter der Magd nach.
    »Ist es möglich, dass Ihr einmal in Jirkov gewesen seid?«

    »Was ist das für ein Unsinn? Komm jetzt mit, der Medicus braucht dich!« Alnbeck ging vor ihm zum Zimmer seines kranken Sohnes, in dem Hippolyt mit sorgenvoller Miene auf und ab ging.
    »Ah!« Der Wundarzt strich sich über den kahlen Kopf. »Dank Euch, werter Ritter, Dank Euch. Gerwin, bitte setz noch etwas von dem fiebersenkenden Trank an.«
    Christoph von Alnbeck betrachtete seinen Jungen, der mit jedem Tag mehr dahinzuschwinden schien. Die Wangen waren eingefallen und Leanders geschlossene Augen von dunklen Ringen umgeben. Die Stirn glänzte schweißnass, doch die Rötung war aus den Wangen gewichen, und die Haut schimmerte wie graues Porzellan. Der Armstumpf war sauber verbunden. Was noch an schwärenden Säften austrat, stank nicht und wies auf einen guten Heilungsverlauf hin.
    »Medicus, Ihr sagt, dass der Arm gut heilt, aber warum weicht dann das Leben mit jedem Tag mehr aus meinem Jungen?« Alnbeck runzelte die Stirn. »Und sagt nicht, dass das nicht stimmt.«
    Hippolyt kniff sich nachdenklich in die Unterlippe. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Aus der Erfahrung würde ich sagen, wenn die Wunde verheilt und das Fleisch nicht fault, ist der Kranke über den Berg. Medicus curat, natura sanat. 3 Aber in diesem Fall …«
    Draußen erklangen Jagdhörner, und Christoph von Alnbeck kontrollierte den Sitz des langen Jagdmessers an seinem Gürtel. »Ich habe Euch vertraut, Medicus. Ihr habt darauf bestanden, dass Leander seinen Arm verliert. Nun hoffe ich für Euch, dass er

Weitere Kostenlose Bücher