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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Mulda führten, verlor niemand ein Wort darüber. Jeanne hegte den Verdacht, dass selbst Agathe den streitsüchtigen Franz nicht vermisste.

    Jeanne hielt inne, denn sie vermeinte Pferdehufe zu hören. Tatsächlich klopfte es bald darauf an der Haustür, und Zilla kam mit einem Brief in die Werkstatt.
    »Für den Herrn Fry.« Sie knickste artig und gab Endres den dicken, versiegelten Umschlag.
    Jeanne trat zu ihrem Vater an die Werkbank. Thomas, der gerade den Korpus einer Laute vom Klotz genommen hatte und die Innenseite mit Papierstreifen verleimte, hob nur kurz den Kopf. »Hoffentlich gute Nachrichten.«
    Endres legte seinen Ziegling hin, mit dem er die Eibenspäne glättete, und wendete den Brief. »Aus Dresden.«
    »Von Conrad Nothmann?« Mit klopfendem Herzen wartete Jeanne, dass ihr Vater das Papier entfaltete, und beobachtete gebannt seine Lippen, die stumm die Worte formten, welche der Musikus mit steilen Schriftzügen aufgeschrieben hatte.
    »Nun, er lädt uns nicht direkt ein, sofort nach Dresden zu kommen, aber das habe ich auch nicht erwartet. Antonio Scandello, der Trompeter aus Brescia, ist derzeit Hofkapellmeister. Wie es scheint, steht Nothmann nicht gerade hoch in der Gunst des Italieners. Er verstand sich besser mit dem alten Walter, der sich auf das geistliche Lied konzentrierte.«
    »Johannes Walter? Der hat in Wittenberg das ›Geistlich Gesang-Büchlein‹ herausgegeben und die Hofkapelle erst begründet. Was ist mit ihm?«, fragte Thomas.
    »Ein Leiden zwang ihn aus dem Dienst bei Hof. Er komponiert nur noch Lieder für die Messe und hat sich ganz der Religion anheimgegeben.«
    »Und was bedeutet das für uns, Vater?« Die Verhältnisse am Dresdner Hof waren Jeanne ebenso unbekannt wie der Name des Kirchenmusikers. Scandellos Ruf als ausgezeichneter Trompeter hingegen war ihm bis nach Frankreich vorausgeeilt, und er hatte »Neapolitanische Canzonen« veröffentlicht, die sie bereits gespielt hatte. Da Jeanne sich ihres Talents als Lautenspielerin nicht
zu schämen brauchte, sehnte sie sich danach, mit guten Musikern zu spielen - und gar mit einer Größe wie Scandello! Doch solange sie hier in dieser Einöde festsaßen, blieben ihr nur Träume.
    »Im April, vielleicht«, hörte sie ihren Vater sagen und horchte auf.
    »April? Dann gehen wir nach Dresden an den Hof des Kurfürsten?«
    »Jeanne, hörst du überhaupt zu? Nothmann schreibt, dass frühestens ab April mit einer Veränderung der Situation zu rechnen ist, insofern, als dann eine Umstrukturierung der Kapelle ansteht und neue Instrumente gebraucht werden. Allerdings sind die Instrumentenbauer in Dresden und Leipzig in Zünften organisiert.« Endres trommelte mit den Fingern auf der Werkbank.
    »Mit denen wirst du’s nicht leicht haben, Endres«, meinte Thomas. »Deren Regularien sind streng, Neuzugänge ungern gesehen, und Fremde haben fast keine Aussicht auf Aufnahme.«
    »Früher gab es die Zunftordnungen für unseren Stand nicht«, meinte Endres.
    »Seit einigen Jahren reden sie davon, auch uns hier der Dresdner Zunft anzugliedern, bislang ohne Erfolg, aber es wird noch dazu kommen. Was nicht bedeutet, dass sich hier jeder einfach niederlassen kann und sein Gewerbe nach Gutdünken ausübt. Unser lieber Kurfürst bemüht sich sehr um Recht und Ordnung und hat auch viel Gutes bewirkt.« Thomas lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Wir haben ihm den Augsburger Religionsfrieden zu verdanken und leben zum ersten Mal seit vielen Generationen in Zeiten, in denen die Söhne nicht zu den Waffen gerufen werden. Dass der Kurfürst so eng mit den Habsburgern steht, ist nicht nach jedermanns Geschmack, und mir wäre es auch lieber, er würde den Kampf der Protestanten in den Niederlanden unterstützen. Die Spanier sind mir zuwider. Papistengewürm!« Der Instrumentenbauer strich sich durch den silbernen Bart. »Einfacher ist unser Leben trotzdem nicht geworden. Aber wir lieben, was wir tun, nicht wahr, Endres?«

    Sein Ziehsohn nickte lächelnd. »Es gibt kein besseres Handwerk, jedenfalls keines, das ich lieber ausüben würde.«
    »Und wenn jemand kommt wie deine Tochter und der Theorbe solch überirdische Töne entlockt, dann weiß ich, dass es einen Himmel geben muss. Einen Himmel, in den ich gerne eingehe, wenn die Engel dort so spielen wie Jeanne.« Der alte Froehner bedachte sie mit einem anerkennenden Blick. »Wäre die Theorbe nicht bereits verkauft, ich würde sie dir schenken. Zumindest weiß ich, wie sie klingen kann.«
    Mit

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