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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Franz die demütigenden Worte und presste schließlich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor: »Ja, Großvater.«
    »Gib mir die Hand darauf, und dann kein Wort mehr darüber.«
    Franz’ Miene spiegelte den Widerwillen, doch der Respekt vor dem Familienoberhaupt überwog seinen Trotz. Vielleicht hatte er auch Angst, hinausgeworfen zu werden. Mehr als das beschäftigte Jeanne die Tatsache, dass Gerwins Schwester Dirne in einem Badehaus war. Seit ihrer Begegnung vor einigen Tagen hatte sie oft an den angehenden Medicus denken müssen, öfter vielleicht, als ziemlich war. Und da missfiel ihr zu hören, dass Gerwins Familie zum Abschaum der Gesellschaft gehörte.
     
    Vor dem Schlafengehen bat ihr Vater sie zu sich. »Ja, Vater?« Sie zog den Schal enger um die Schultern.
    »Was hältst du von dem jungen Zacharias? Ein respektabler Bursche, und wir sind eingeladen worden, was einiges bedeutet.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Er ist einen Kopf kleiner als ich!«
    »Größe sagt doch nichts über den Menschen aus. Soweit ich mich entsinne, ist Johann Zobeltitz eine Seele von Mensch, gelehrt
und wohlhabend, und der Apfel scheint nicht weit vom Stamm gefallen zu sein.«
    »Nein!« Resolut verschränkte sie die Arme vor der Brust.
    »Irgendwann werden wir einen Bräutigam für dich finden müssen, Jeanne. Ich bin nicht der Jüngste und möchte dich versorgt wissen, bevor meine Zeit gekommen ist.« Endres setzte sich auf den niedrigen Schemel und schob die Papiere hin und her, die auf dem Tisch lagen. »Bisher ist nichts dabei herausgekommen.«
    »Aber der Nothmann hat uns doch nach Dresden eingeladen!« Ängstlich trat sie näher.
    »Ach, Jeanne. Eingeladen hat er uns nicht gerade, das weißt du doch. Nun gut, für heute ist es spät. Ich wünsche dir eine gute Nacht.«
    Sie küsste ihren Vater auf den Kopf, und er tätschelte ihr abwesend die Hand, mit den Gedanken bereits bei etwaigen Auftraggebern.
    Als sie die Tür zuzog, sagte er, ohne aufzusehen: »Schade, ein Apotheker wäre nicht das Übelste, aber er ist wirklich klein …«

6
    Der Einzug der Jagdgesellschaft versetzte Gesinde, Dienerschaft und die Familie von Alnbeck in Aufruhr. Gerwin hatte sein Pferd gerade in den Stall zurückgebracht, als er die Hörner hörte. Der kaum genesene Pferdeknecht verzog das Gesicht, während er das Zaumzeug abnahm.
    »Verfluchte Herrenbrut! Denen wird’s irgendwann auch an den feinen Kragen gehen.« Er spuckte aus.
    »Warum gehst du nicht fort? Grund genug hättest du«, meinte Gerwin. Den Sack mit Hippolyts Habe hatte er bei einem Waldbauern untergestellt und nur den Geldsack und die Arzneien bei sich behalten.

    »Du kennst den Ritter nicht. Das ist ein Verderber und Leuteschinder! Er hat meine Schwester Almut geschwängert und gibt ihr keinen Groschen extra, damit sie das Kind ernähren kann, das bei Milcheltern aufgezogen werden wird. Aber wir sind alle abhängig von ihm, und er ist für seine grausame Rachsucht bekannt.«
    Die Eingangstore des Gutes waren aufgezogen worden, und die ersten Wagen rollten in den Hof, begleitet von klappernden Pferdehufen, Hundegebell und fröhlichen Stimmen. In Gerwins Magen machte sich ein flaues Gefühl breit.
    Er hörte nicht mehr, was der Knecht noch murrte, denn auf dem Hof wurde er von einem Wirrwarr aus Rufen, hin und her eilenden Dienern, stampfenden Pferden und einer Meute Jagdhunde eingekreist, die ihm das Durchkommen zum Aufgang erschwerten. Er schlug seinen Umhang über die Schultern zurück, um mehr Armfreiheit zu haben, und schob die schnuppernden Hundenasen beiseite, die seinen Beutel erkunden wollten. Einer der Jagdaufseher rief einen Befehl, worauf die Hunde zu ihm stürmten und sich in einer Ecke um das Fleisch balgten, das ihnen vorgeworfen wurde. Noch nie hatte Gerwin so viele Edelleute aus der Nähe gesehen und war beeindruckt von den reich bestickten Stoffen, den silberbeschlagenen Gürteln, den mit Juwelen bestückten Waffen und den pelzgefütterten Mänteln der Damen, die sich zierten, ihre Seidenpantöffelchen auf das Pflaster zu setzen. Dem ersten Wagen entstieg ein älterer Edelmann, den Gerwin für Schönberg hielt. Er trug eine pelzverbrämte Schaube über dem Schoßrock, halblanges, über der Stirn glatt geschnittenes Haar und einen waagerecht gestutzten, breiten Vollbart.
    Eine prachtvoll gekleidete Dame stellte sich neben Schönberg. Ihre Kopfbedeckung war eine seltsame Mischung aus Federn und Perlen.
    Gerwin eilte die Treppe zum ersten Stock hinauf und

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