Die Lebküchnerin
nahe dem Hauptmarkt war genügend Platz. Und als er neulich ans Sterbebett seines Vaters geeilt war, war ihm das treue Tier einfach gefolgt und hatte ihn zur Burg begleitet.
»Und ich dachte schon, der Klosterknecht, den ich ins Gebüsch warf, hat dich auf dem Gewissen«, raunte Konstantin der Hündin ins Ohr. Dass sie so schlau war, aus dem Wald herauszufinden, konnte er sich noch vorstellen, aber wie war sie nur zum Stadttor hereingekommen? Er war jedenfalls überglücklich, sein treues Tier wohlbehalten zurückzuhaben. Die schlechte Stimmung war wie verflogen, als er in Begleitung seines tot geglaubten Hundes durch die Gassen trabte.
Als er der Kirche Sankt Sebaldus entgegenritt, wurde gerade ein junges Paar vor dem Portal getraut. Sosehr Konstantin auch nach einer Hochzeitsgesellschaft Ausschau hielt, außer dem Brautpaar und dem Pfarrer entdeckte er nur zwei Menschen vor dem Gotteshaus. Dabei sehen sie gar nicht so ärmlich aus, als könnten sie sich keine größere Hochzeitsfeier leisten, dachte Konstantin beim Näherkommen. Sein Blick blieb an der jungen Frau hängen, die nicht heiratete. Sie besaß ungewöhnlich feine Gesichtszüge, hatte dunkle Locken und war außergewöhnlich groß und schlank.
Von ihrem Anblick gebannt, ritt er langsamer. Eine solche Frau bekam er in den Gassen der Stadt nicht allzu oft zu Gesicht. Hätte sie nicht ausgesprochen schlichte Kleidung getragen, er hätte sie für ein adliges Fräulein gehalten. Er ließ sein Pferd anhalten, um sie näher zu betrachten.
Und während er verstohlen zu ihr hinüberblinzelte, blickte sie ganz offen in seine Richtung, und ihr Gesicht hellte sich auf. »Artemis!«, rief sie erfreut. »Artemis!«
Der Pfarrer warf Benedicta einen warnenden Blick zu. Agnes versetzte ihr einen Stoß in die Rippen, denn Anselm war gerade dabei, ihr feierlich den Ring aufzustecken. Da rannte der Hund bereits freudig herbei und sprang an den beiden Frauen hoch.
»Wollt ihr die Hochzeit nun zu Ende bringen oder nicht?«, brummte der Pfarrer. Agnes nickte eifrig und zischelte ihrer Freundin zu: »Jetzt gib Ruhe!«
Benedicta aber hörte gar nicht zu. Sie war so erleichtert, dass Artemis zurückgekehrt war! »Und ich dachte schon, der Hundefänger hat dich mitgenommen. Jetzt lasse ich die nie mehr los«, flüsterte sie und griff der Hündin zärtlich ins weiche Fell.
»Ich sage es euch zum letzten Mal. Wenn ich weiterhin gestört werde, dann könnt ihr euch woanders trauen lassen.«
Benedicta versuchte, dem Pfarrer mit größerer Aufmerksamkeit zuzuhören, während sie unauffällig das Tier streichelte. Da tauchte plötzlich ein Fremder neben ihr auf. Er war groß, blond, hatte ein kantiges Gesicht und führte ein prächtiges Pferd am Zügel mit sich.
»Komm, Schwarzschnauz, komm her!«, befahl er, doch statt ihm zu gehorchen, ließ sich die Hündin hingebungsvoll zu Benedictas Füßen fallen und sich von ihr kraulen.
»Sie gehört mir und heißt Artemis!«, fauchte sie den feinen Herrn an, doch bevor dieser etwas erwidern konnte, schimpfte der Pfarrer von Neuem los. »Nun lasst uns das Paar doch endlich zu Mann und Frau machen, und wartet mit dem Geplänkel, bis ich die beiden vor Gott vereint habe!«
Benedicta schüttelte den Kopf. Konstantin rollte mit den Augen, aber er tat, was der Pfarrer verlangte. Dabei warf er seinem Hund, der sich immer noch genüsslich von der Fremden streicheln ließ, schiefe Blicke zu.
»Es ist vollbracht!«, bemerkte der Pfarrer nach einer Weile und raunte Benedicta zu: »Ich warte mit der Messe, bis du dich mit dem hohen Herrn geeinigt hast.«
»Mach bloß nicht so viel Aufhebens! Die Leute bleiben schon stehen und beobachten uns«, zischte Crippin Benedicta zu.
»Aber ich kann doch nicht dulden, dass der fremde Herr mir meinen Hund wegnimmt«, erwiderte Benedicta wutentbrannt und trat Konstantin drohend entgegen.
»Was wollt Ihr von meinem Hund?«
Konstantin strafte die junge Frau mit Missachtung und befahl streng: »Schwarzschnauz, komm her!«
Widerwillig stand die Hündin auf, schüttelte sich einmal kräftig und trabte brav zu dem großen Blonden hinüber.
»Artemis, hierher!«, zischte Benedicta, doch das Tier folgte dem Mann. Tränen schossen Benedicta in die Augen. Warum ging die Hündin einfach mit einem Fremden mit? Nach allem, was sie für ihn getan hatte! Sie fühlte sich verraten. »Artemis!«, schrie sie verzweifelt, doch da war der Edelmann schon um die Ecke gebogen.
Wütend ballte Benedicta die Fäuste, bis
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