Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Knoten. An einigen Stellen waren die Linien unterbrochen, so als hätte sie jemand auseinandergerissen. Auf diese Stellen konzentrierte sich Georg Waldberger und natürlich auf die Nanosonde, die sich zwischen den Zellen bewegte. Sie war winzig, bestand lediglich aus ein paar Dutzend Atomen, ihre Form erinnerte an ein Wollknäuel. Endlich dockte die Nanosonde an einem der losen Enden an. Dann passierte nichts mehr. Aber immerhin, so weit war Georg Waldberger bisher noch nie gekommen. Entweder seine Nanosonden hatten sich nicht einmal bewegt oder sie hatten die Nervenzellen gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Vielleicht war es nur Zufall. Georg Waldberger nahm eine Pipette und tröpfelte eine Nährlösung mit weiteren Nanosonden auf die Probe unter dem Mikroskop. Er zählte dreizehn Nanosonden, immerhin drei bewegten sich. Aber anstatt an weiteren Nervenenden, dockten sie an Ihresgleichen an. Dabei rissen die drei sich bewegenden Nanosonden die anderen mit, wurden allerdings mit jeder weiteren Sonde langsamer. Schon bald klumpten alle dreizehn Sonden zusammen und bewegten sich kaum noch. Als sich hinter ihm die Tür öffnete, lehnte sich Georg Waldberger in seinem Bürostuhl zurück und drehte sich zur Tür. Sein Kollege Wim Kluge betrat das Labor.
„Hallo Georg. Und, Erfolg gehabt?“, fragte er, während er zu Georg Waldberger herüberkam und durch das Mikroskop sah.
„Sie haben sich zu einem Verbund zusammengeschlossen?“, fragte er weiter.
„Sie meinen wohl, sie haben sich verklumpt. Dabei war ich mir sicher, es würde funktionieren“, antwortete Georg Waldberger.
„Aber es funktioniert doch. Sie haben sich genau zwischen zwei Nervenenden platziert. Jetzt müssen sie nur noch den Transport der RNA ermöglichen“, entgegnete Wim Kluge.
„Was? Lassen Sie mal sehen.“
Georg Waldberger hätte seinen Kollegen am liebsten vom Mikroskop weggestoßen. Quälend langsam richtete dieser sich auf und machte Platz für Georg Waldberger. Tatsächlich hatten die Sonden an einer Bruchstelle der Nervenbahnen angedockt. Dort hatte sich der Klumpen teilweise zu einer Kette auseinandergezogen und so die Lücke zwischen den Nervenenden geschlossen. Für einen kurzen Moment blieb die Verbindung stabil, dann allerdings trennten sich die Nanosonden plötzlich wieder. Fast alle bewegten sich nun, nicht nur die drei vom Anfang. Immer wieder dockte die eine oder andere Sonde an einem losen Nervenende an, eine weitere Verbindung kam allerdings nicht zustande. Dennoch wartete Georg Waldberger darauf. Seine Hoffnung wurde aber nicht erfüllt. Nach mehreren Minuten blickte er vom Mikroskop auf, seine Augen strahlten.
„Nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte, aber trotzdem sehr beeindruckend. Eigentlich sollten die Sonden ja die RNA einfach von einem Ende zum anderen transportieren. Dass sich mehrere zu einer Verbindung zusammenfinden, ist überraschend, aber ein Erfolg auf alle Fälle. Wir sind so nah dran. Ein riesiger Schritt nach vorn. Schauen wir als nächstes doch einmal, ob die Nanosonden RNA untereinander weiterreichen können. Wenn das funktioniert und wir in diese Richtung gehen möchten, brauchen wir allerdings stabilere Verbindungen. Wir müssen die Sonden so umgestalten, dass sie andere Sonden anziehen, sobald sie an einem Nervenende angedockt haben. Was meinen Sie, Wim, wäre das denkbar? Wir hätten eine Lösung gegen das Vergessen, sogar zerstörtes Nervengewebe könnte so zumindest teilweise überbrückt werden. Vielleicht können wir eines Tages eine wahrhaft biblische Leistung vollbringen, dann können Blinde tatsächlich wieder sehen“, sagte er.
„Eine schöne Vorstellung Georg. Ich bin mir sicher, Sie werden sie verwirklichen“, antwortete Wim Kluge.
„Wir werden sie verwirklichen Wim…“, begann Georg Waldberger.
„Georg, ich werde das Institut im August verlassen“, fiel ihm Wim Kluge ins Wort.
„Aber was wird aus unserer gemeinsamen Arbeit?“, fragte Georg Waldberger.
„Sind wir doch mal ehrlich Georg, es ist Ihre Arbeit. Ich habe kaum etwas dazu beigetragen. Meine Talente liegen einfach auf einem anderen Gebiet. Ich werde mich an dem neuen ESA Projekt beteiligen. Sie brauchen jemanden, der ihnen den Fahrstuhl zu ihrem Weltraumkraftwerk baut“, entgegnete Wim Kluge.
„Bezahlbarer Strom für alle. Ja, ich habe davon gelesen. Und Ihr Entschluss steht fest? Ich… verdammt Wim, ich dachte wir sind ein Team“, polterte Georg Waldberger.
„Sie finden jemanden anderen,
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