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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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schon so lange her, seit sie … uns verlassen hat.«
    »Meint Ihr, dass sie ihm je vergeben wird?«
    »Ich hoffe es. Sie ist eine ganz andere geworden, seit sie sich der Jorsalir-Kirche angeschlossen hat.«
    Brynd überdachte das. »Vielleicht tut dem Kaiserreich ein Mensch mit so starken Glaubensüberzeugungen gut. Vergebt Ihr ihm, wenn ich fragen darf?«
    »Ich habe ihn gehasst.« Eir schob ihren Teller weg und sank in den Stuhl zurück. »Ihr müsst nicht meinetwegen hierbleiben, Kommandeur.«
    »Das weiß ich. Aber in diesem verdammten Palast seid Ihr fast die beste Gesellschaft.«
    »Im Moment bin ich wohl für niemanden ein angenehmer Umgang.« Es fiel ihr offenkundig schwer, ihre Gefühle zu beherrschen.
    Brynd unternahm nichts, um die Stille zu füllen.
    Schließlich fuhr sie fort: »Nun, da er tot ist … Es hört sich schlimm an, aber … «
    »Nein, sprecht es aus!«
    »Es ist, als wäre mir eine Last von den Schultern genommen.«
    »Ich glaube, das verstehe ich. Erzählt weiter!«
    »Ständig musste ich auf ihn aufpassen und hatte kaum ein eigenes Leben.«
    »Eir, Eure Kindheit war so schön, wie es in Eurer Stellung nur möglich war. Eure Mutter wäre stolz, wenn sie Euch sähe.«
    »Aber jetzt ist er weg«, fuhr sie fort. »Ich brauche das nicht länger zu tun. Ich muss nicht mehr aufpassen, wann er anfängt zu trinken, oder mich bei den Dienern entschuldigen, wenn er seine Laken besudelt. Ich muss nicht mehr auf der anderen Seite einer zugesperrten Tür stehen, wenn er wegen seines Verfolgungswahns wirres Zeug redet. Und doch denke ich, sobald ich nichts zu tun habe, stets daran, dass er tot ist.«
    »Immerhin habt Ihr wieder ein eigenes Leben.«
    »Wirklich?« Sie lächelte bitter. »Das ist auch nicht weiter großartig. Wegen meiner Herkunft werde ich natürlich etwas besser behandelt als die meisten Frauen von Villjamur, doch es gibt eine Liste von Männern, die darauf warten, mich binnen eines Jahres zu heiraten, und nicht einmal der Hälfte von denen bin ich je begegnet. Bedenkt, wie wertvoll ihre Beute inzwischen ist. Ich kenne die Kaiserliche Politik, Kommandeur. Ich weiß, dass mein Leben dieser Regierung kaum mehr bedeutet als die Verbesserung von Einkünften.«
    »Manchmal verwehrt uns diese Welt die Möglichkeit, Liebe zu finden«, murmelte Brynd und merkte, dass seine Worte auch auf ihn selbst gemünzt waren. »Es ist nicht immer an uns, Herzensdinge zu entscheiden. Die Lage erlaubt das mitunter nicht.«
    »Liebe.« Bei diesem Wort hätte sie beinahe höhnisch gegrinst. »Als Mann versteht Ihr ohnehin nichts davon.«
    Brynd bedeutete dem Diener mit einer Handbewegung, die Teller abzuräumen. Als der Junge das Zimmer verlassen hatte, fuhr er fort: »Es ist in Ordnung, dass Ihr aufgebracht seid, Eir. Zu trauern ist nur natürlich.«
    »Ich bin nicht aufgebracht.« Ihr Ton hatte sich verändert. Ihm war klar, dass sie sich in sich zurückzog.
    Das Gespräch war fast zum Erliegen gekommen, und eine peinliche Stille machte sich breit. Eir starrte ins Leere und schloss mitunter die Augen, als wollte sie die Welt aussperren.
    Kurz darauf stand er auf.
    »Geht Ihr?«, fragte sie, sah ihn aber noch immer nicht an.
    »Jemand wie ich dürfte Euer Elend nur vergrößern«, sagte er, und ihr schwaches Lächeln ließ vermuten, dass ihr diese Bemerkung gefallen hatte. »Der Dawnir will mich sehen. Da ich bald wieder abreise, gehe ich ihn besser besuchen. Schlaft ein wenig, wenn Ihr könnt.«
    Er ließ sie mit dem Geräusch seiner verklingenden Schritte und dem knackenden Feuer im Zimmer allein.
    Brynd ging kurvenreiche Straßen entlang, bis er endlich das Heim des Dawnir erreichte, ein abgelegenes Gewölbe, das ein gutes Stück in die Klippen hineingebaut war und fern des prächtig geschmückten Balmacara lag. Es handelte sich um das Überbleibsel einer weit älteren Anlage, deren Gemäuer der Wind im Laufe vieler Jahrhunderte glatt geschliffen hatte.
    Brynd schlug mit der Faust an die eiserne Tür des Gewölbes, die an ein Gefängnistor denken ließ.
    Auf der anderen Seite waren langsame Schritte zu hören. Die Tür ging auf, und das schmale Licht einer Laterne fiel ihm ins Gesicht. »Sele von Jamur, Kommandeur Brynd aus dem Hause Lathraea!«
    »Bitte kommt rein«, erklang eine barsche Stimme.
    Gleich hinter der Tür stand der Dawnir leicht vorgebeugt da.
    »Sele von Jamur!«, wiederholte Brynd und trat ein.
    »Ich freue mich, dass Ihr mich besuchen kommen könnt, Kommandeur Brynd Lathraea«, sagte der

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