Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)
voreinander, dann umkreisten sie sich langsam. Malum war klar: Sie mussten rascher sein als die Gegner und ihnen zuvorkommen. Die Cromis-Männer wirkten sehr jung und unerfahren.
JC erholte sich. Zusammen mit Duka erledigte er sie in knapp einer Minute. Die beiden attackierten mit gestrecktem Arm, stachen den Gegnern in den Hals und sorgten mit einem Schnitt in die Kniekehlen dafür, dass sie sich nicht mehr erhoben. JC und Duka ließen die drei am Leben, doch die Verletzten konnten kaum mehr reden.
Die Herausforderer hatten träge und ungenau gefochten. Mehrmals hatte Malum gedacht, das Vogelwesen würde endlich eingreifen, doch die Garudafrau hielt sich zurück, und er fragte sich, wann sie sich einmischte.
Nun schüttelte sie den Umhang ab, streckte sich und breitete die ramponierten Flügel aus. Ihr braunes Gefieder war weiß gesprenkelt. Malum hieß seine Männer beiseitetreten, wie es die Etikette gebot, und sie stürzte sich auf ihn, als wäre er ihre persönliche Beute.
Während er die Fänge ausfuhr, schlitzte sie ihm den Mantel mit den Krallen links und rechts auf, und Goldmünzen purzelten geräuschlos in den Schnee. Er bebte vor Wut, und etwas bemächtigte sich seiner. Mit flatternden Flügeln sprang sie ihn an, und er rollte zur Seite und trat ihr die Beine weg. JC wollte sein Messer werfen, doch Malum winkte barsch ab. Dass der Kerl immer seine Unentbehrlichkeit beweisen will! Kaum lag die Garudafrau auf der Seite, stemmte er ihr den Stiefel am Flügelansatz in den Rücken. Ihr Schmerzensschrei gellte durch die kalte Luft.
Sie schlug mit dem Arm nach ihm, doch er war rascher, sprang zurück und gleich wieder vor und schaffte es, sie zu beißen. Wieder kreischte sie, konnte den Arm befreien und kam auf die Beine, doch Malum trat ihr mit voller Wucht seitlich ans Knie, sodass sie einknickte, auf den Rücken stürzte und sich unter Qualen wand. Er stieß ihr das Messer in die Brust, und ihr Blut schoss in den Schnee. Sie öffnete den dicken Schnabel, brachte aber keinen Laut mehr hervor.
Sie lebte noch und litt große Schmerzen, während er in ihre Wunden biss und ihr die Innereien aus der Brust fetzte, weil er das Ungeheuer in sich nicht im Zaum halten konnte. Die Garudafrau zuckte bebend und erschlaffte. Endlich ließ Malum von ihr ab, und sein Rausch verging. Eine breite Blutspur lief ihm übers Kinn.
Er stieg von ihr herunter, sammelte die verstreuten Münzen auf und wischte sich das Blut der Cromis-Anführerin vom Gesicht. Wie bei den Stämmen üblich, riss er ihr ein Stück Fleisch aus dem Leib und hielt es den Überlebenden hin, die sich in blankem Entsetzen an die Wand drückten. »Seht ihr das, ihr Mistkerle?«, rief Malum. »Kommt uns nicht in die Quere, kapiert?« Er warf ihnen das Fleisch zu und gesellte sich wieder zu JC und Duka, die ihre Wunden versorgten.
»Helft mir«, befahl er. »Und JC , krieg die verdammte Sauferei in den Griff! Du bist langsam. Ich kann dir nicht immer den Rücken freihalten.«
Die Bloods wickelten die Tote in deren Mantel, und JC zerrte die Leiche durch den hohen Schnee zum Hintereingang des Schlachthauses. Malum klopfte mehrmals.
Schließlich öffnete Voland und blickte verblüfft drein. »Guten Morgen, die Herren!« Er besah sich die Vogelfrau.
Malum grüßte ihn mit einem Nicken. »Hier ist noch eine Leiche. Seid Ihr interessiert?«
»Äh, famos, famos.« Voland rieb sich verwirrt den Hinterkopf, trat beiseite und wies in die Dunkelheit. »Könnt ihr sie reintragen und hinten in der Ecke ablegen? Die Ware liegt schon zur Abholung bereit.«
»Eine Schönheit ist das.« Wenigstens war nun klar, dass Volands Quellen so anrüchig waren, wie von Malum vermutet. Er drehte sich um und lächelte seinen Männern zu, die sich verwirrt etwas zumurmelten. »Ich sollte sie mir bezahlen lassen, was? Geld ist schließlich Geld. Und nur darum geht es in dieser Stadt.«
Duka lachte leise, als JC sich – schwer bepackt mit der Vogelfrau – ins Gebäude schleppte und dabei fast die Maske verloren hätte. Eine schwarze Katze fegte über die Schwelle hinaus. Die Tote hatte viele Federn gelassen, die der Wind durch die Gasse trieb, und die Katze setzte ihnen nach.
Das war seltsam …
Aus sicherem Abstand hatte Jeryd beobachtet, wie die Maskierten den Garuda erledigten. Mit einer Feder im Maul kam die schwarze Katze nun angeschritten und musterte ihn, als könnte sie seine Gedanken lesen. Jeryd bückte sich und kraulte ihr den Kopf. Das ließ das Tier sich ein Weilchen
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