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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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einfach nicht mehr verstand. Ja, er begriff sich ja selbst kaum noch! »Kommt bitte rein und setzt Euch!«
    »Danke!« Als sie an ihm vorbei eintrat, wehte ihn der Hauch eines dezenten Parfüms an, Vanille mit einer Spur Moschus. Ihr Gang war schwungvoll und doch etwas zögernd, als hätte sie bis vor einiger Zeit noch stark gehinkt.
    Als Erstes fragte er nach ihrem Namen.
    »Nanzi.«
    »Das ist ein schöner und ungewöhnlicher Name. Wie Ihr wisst, bin ich Ermittler Rumex Jeryd und erst seit Kurzem in der Stadt. Hundertachtzig Jahre habe ich für die Inquisition von Villjamur gearbeitet und in dieser Zeit eine Menge gesehen.« Die Vorstellung, dass jemand etwas von ihm lernen wollte, wuchs ihm rasch ans Herz. Sie brachte eine neue Folgerichtigkeit in die täglichen Arbeiten, und rasch vergaß er seine Vorbehalte dagegen, es mit einer Helfer in zu tun zu haben.
    »Ein guter Ermittler«, fuhr er fort, »gibt sich nie zufrieden. Er hält das, was er herausfindet, nie für absolut richtig und endgültig – so wenig wie alles andere im Leben. Wer auf Veränderung eingestellt ist, kommt meist besser klar, während alle, die es nicht sind … rasch vergessen werden und vor sich hin dümpeln.«
    Sie nickte, zog einen kleinen Notizblock aus der Tasche und schrieb sorgfältig mit, was er sagte. Eine Viertelstunde lang breitete er seine Weisheiten aus, um einen Einstieg in den Fall zu bekommen; Dinge, die hilfreich sein mochten oder auch nicht, aber ohnehin gesagt werden mussten – und sei es nur, damit er sie sich selber klarmachte.
    Jeryd begann Nanzi immer mehr zu mögen. Er erzählte ihr von seinem wohl ersten Fall in der neuen Stadt, von dem Albino, der tief in der Nacht an seine Tür gekommen war und seinen Namen geflüstert hatte. Sie äußerte sich nicht dazu.
    »Ich brauche vor allem jemanden, der mir die Stadt zeigt«, sagte Jeryd. »Kennt Ihr Villiren gut?«
    »Ich wohne zwar erst einige Jahre hier«, bekannte sie, »habe seither aber fast jede Gasse, jeden Verkaufsstand, jeden Pflasterstein und jedes Spinnennetz kennengelernt.«
    »Möchtet Ihr die Stadt angesichts des heraufziehenden Krieges nicht lieber verlassen?« Jeryd war plötzlich neugierig, warum die Leute überhaupt in Villiren blieben.
    »Wo sollten wir denn alle hin?«, fragte sie zurück. »Niemand riskiert doch, bei diesem Wetter in die Wildnis zu ziehen. Und keine andere Großstadt dürfte jemanden aufnehmen – den Leuten bleibt also nichts übrig, als zu bleiben. Schön mag Villiren nicht sein, doch es herrscht ein starkes Gefühl, hierher zu gehören, sogar eine Aufgabe hier zu haben. Das macht die Menschen stolz. Villiren war lange eine Zuwandererstadt, in die man von den östlichen Inseln gezogen ist. Auch ich bin nicht von hier und habe zudem keine Angehörigen mehr. Für Leute wie mich, die von vorn anfangen müssen, ist diese Stadt eine Zuflucht.«
    Jeryd bedachte ihre Worte. Vielleicht hatte er Villiren vorschnell eine Seele abgesprochen. Wie er kurz zuvor selbst gesagt hatte, kam, wer auf Veränderung eingestellt war, meist besser klar im Leben.
    Auf dem Weg zur Zitadelle und zu den Kasernen fragte Jeryd Nanzi nach ihrer Vorgeschichte und erfuhr, dass sie im Archipel herumgereist war, bis sie einen Partner gefunden und sich niedergelassen hatte. Noch immer hinkte sie ein wenig, und Jeryd überlegte, wie sie zu dieser Behinderung gekommen sein mochte.
    »Wurdet Ihr im Dienst verletzt?«
    Sie zögerte und musterte ihn distanziert von der Seite. »Ein Unfall vor vielen Jahren. Ehrlich gesagt, tut mir das Bein noch immer weh, aber es ist schon viel besser geworden. Für die Inquisition zu arbeiten, ist gut: Es strengt körperlich nicht allzu sehr an, und ich komme raus und viel herum. So befasse ich mich nicht ständig mit meinen eigenen Problemen, die ohnehin winzig sind im Vergleich zu manchem, was es hier in Villiren zu sehen gibt.«
    »Das ist eine noble Haltung. Seit wann arbeitet Ihr schon für die Inquisition?«
    »Noch nicht sehr lange. Doch mein Unfall hat mich erkennen lassen, wie kurz das Leben ist – und indem ich der Stadt diene, will ich Gutes tun. Ich möchte helfen, wo immer ich kann, und mich für die Menschen einsetzen. Villirens Inquisition arbeitet weniger effizient und verfolgt weniger gute Absichten, als mir lieb ist – deshalb gebe ich mir große Mühe, meinen Pflichten gewissenhaft nachzukommen.«
    »Ein guter Ermittler«, verkündete Jeryd, »ist stets von positiven Zielen motiviert. Wenn die Leute sich am Ende über

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