Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)
Stadt mehr oder weniger, doch dies war eine vergleichsweise saubere Gegend mit großem Platz und einer Reihe anständiger Geschäfte. Ein kalter Wind ließ seine Wangen kribbeln, als er sich aufmachte, die Umgebung zu inspizieren, und dem Weg folgte, den der Barmann ihm beschrieben hatte.
Drei Eingänge hinter der Kreuzung klopfte er laut an eine Tür, die sich zwischen einem Geschäft für erotische Fummel und einem Laden für Messer befand. Die Tür ging auf, und ein ungepflegter Junge fragte: »Was willst du?«
»Ich muss einen Mann namens Malum sprechen.«
»Aber der will dich nicht sehen, verdammt!«
Von hinten erklang eine andere Stimme. »Verzieh dich, Kleiner! Wer da?« Ein Rothaariger kam im offenen Hemd an die Tür geschlurft. »Ja?«
»Ich muss Malum dringend sprechen. Ich habe Geld dabei.«
»Sicher habt Ihr das.« Der Rothaarige musterte ihn von oben bis unten. »Ihr seid Soldat, was?«
»Könnt Ihr ihm bitte Bescheid sagen?«
Nach einem lastenden Schweigen verzog sich der Mann und ließ Nelum unter den wachsamen Augen des bösartig wirkenden Jungen zurück. Der Soldat beschloss zu warten und fragte sich, was vorging, wurde schließlich aber hereingewunken.
Zwei Minuten später saß er tief unter der Erde an einem von Gangmitgliedern umstandenen Tisch. Sie beobachteten ihn argwöhnisch, während sich ein Mann mit roter Maske ihm gegenüber niederließ.
»Die Jungs sagen, Ihr habt nach mir gefragt«, knurrte der Mann, dessen Maske – ein abscheuliches Stammeserzeugnis – ihn noch finsterer wirken ließ, als er ohnehin war, und zudem ein blaues Auge zu verdecken schien.
»Richtig. Ihr sollt gewisse Informationen über den Kommandeur unserer Armeen erhalten haben.«
»Ich soll doch wohl keinem Soldaten helfen, was?«
Diese lächerliche Überheblichkeit entmutigte Nelum. »Und Ihr sollt den Albino gewisser Vorlieben verdächtigen.«
»Dass er mit Männern schläft, meint Ihr?«
»Stimmt das?«
»Nun aber halblang, Soldat! Ich gebe nur Informationen, wenn ich welche dafür bekomme. Ihr alle seid gestern Abend wegen einer Auseinandersetzung ausgerückt – warum haben die Warnglocken geläutet? Was bedeutet das für die Stadt?«
Nelum zögerte kurz und enthüllte dann die Einzelheiten des Scharmützels. »Letztlich bedeutet der gestrige Vorfall, dass mehr Militär auf den Straßen patrouillieren wird. Also – ist es wahr, was man über unseren Kommandeur sagt?«
»Natürlich. Wir haben das Geständnis des Mannes, mit dem er Verkehr hatte. Zwei meiner Leute haben Euren Albino beschattet und recht gut gesehen, was er im Schilde führte.«
Nelum hatte insgeheim eine andere Antwort erhofft. »Warum sollte ich Euren Worten trauen?«
»Was sollte mich das kehren?«, gab Malum zurück. »Ich habe mit Euch ohnehin nichts zu schaffen. Aber was hätte ich davon, Euch Lügen aufzutischen? Ich will den Albino tot sehen, und die Gangs werden sicher nicht für einen Perversen wie ihn kämpfen. Denkt nach: Wäre er gestern Abend allein zu dem Kampf erschienen, wenn er unschuldig gewesen wäre?«
Nelum nickte, klopfte Malums Sätze auf ihre Logik ab, griff in die Tasche, zog einen Beutel mit Münzen hervor und warf ihn auf den Tisch. »Für Eure Hilfe«, erklärte er.
»Ich nehme das«, erwiderte Malum und schob seinen Stuhl zurück. »Aber es bedeutet mir wenig. Ich habe mehr Geld, als Ihr Euch überhaupt vorzustellen vermögt.«
KAPITEL 27
K eine Erstattungen!«, wiederholte der Händler und hob die Handflächen dem fallenden Schnee entgegen. Der Himmel war bleigrau und Jeryds Laune ebenso trüb.
»Mir geht es nicht darum, mein Geld zurückzubekommen«, erwiderte er entschieden. »Ich will nur wissen, woher Ihr das Fleisch bezogen habt.«
»Kann ich nicht sagen.« Der Händler blickte finster.
Jeryd seufzte, und eine Droschke ratterte hinter ihm vorbei. Dann öffnete er den Kragen, um sein Dienstabzeichen hervorzuziehen. »Ermittler Rumex Jeryd von der Inquisition Villiren. Erzählt Ihr mir jetzt, woher Ihr Euer Fleisch bezogen habt? Oder wollt Ihr abtransportiert werden und den Rest der Woche in einer Arrestzelle in den Eimer pinkeln?«
»Ich kann Euch das nicht sagen. Ich … hab Angst.«
Jeryd runzelte die Stirn. Wovor mag der Angst haben? »Ich glaube, ich versteh Euch nicht.«
»Kann ich nicht sagen.« Die Augen des Händlers waren geweitet; ab und an warf er einen raschen Blick in die nächste Gasse, als würde er beobachtet.
»Wenn Ihr Angst habt – wir können Euch schützen«, bot
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