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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Nachmittagen, um mich zu besuchen. Nachmittags fühle ich mich stärker.« Die Augen fielen ihm zu.
    »Soll ich heute nachmittag wiederkommen, Majestät?« fragte ich schnell.
    Er hob die Hand zu einer matten, abwehrenden Geste. »Morgen. Oder übermorgen.« Sein Kopf sank auf das Kissen. Er atmete so tief aus, als wäre es das letzte Mal.
    »Wie Ihr wünscht, Majestät.« Ich neigte tief den Kopf. Dann erhob ich mich, steckte die Nadel wieder unter meinen Kragen und ließ mir viel Zeit dabei. Alle sollten es sehen und sich merken. Schließlich verneigte ich mich kurz in Edels Richtung. »Wenn Ihr mich entschuldigt, Prinz«, sagte ich förmlich.
    »Geh mir aus den Augen«, knurrte er unwirsch.
    Ich drehte mich um und tat’s. Die Blicke seiner Kettenhunde folgten mir. Erst als ich auf dem Flur stand, fiel mir ein, daß ich keine Gelegenheit gehabt hatte, meinen Heiratswunsch zur Sprache zu bringen, und aller Wahrscheinlichkeit nach würde sich auch in näherer Zukunft keine bieten. Ich wußte, von nun an würde an den Nachmittagen Edel oder Wallace oder einer ihrer Zuträger an König Listenreichs Seite zu finden sein, und diese für Molly und mein Leben entscheidende Bitte wollte ich meinem König unter vier Augen vortragen, ohne unerwünschte Zeugen.
    Fitz?
    Ich habe den Wunsch, jetzt eine Weile allein zu sein, mein Prinz. Wenn es Euch nichts ausmacht?
    Er verschwand aus meinem Bewußtsein. Mit schweren Schritten ging ich die Treppe hinunter.

KAPITEL 15
GEHEIMNISSE
     
    Prinz Veritas entschied sich für den Mitteltag des Winterfestes in jenem entscheidenden Jahr, um seine Flotte von Kriegsschiffen vom Stapel laufen zu lassen. Der Tradition gemäß hätte er warten müssen, bis das Wetter umschlug, bis zum ersten Tag des Frühlingsfestes, eine Zeit, die als günstiger für Neuanfänge gilt. Doch Veritas hatte seine Schiffsbauer und ihre Arbeiter gnadenlos angetrieben, um alle vier Schiffe sobald wie möglich fertig zu haben. An dem von ihm gewählten Tag konnte er sicher sein, ein großes Publikum zu haben, sowohl für den Stapellauf als auch für seine Ansprache. Gewöhnlich hält man an diesem Tag eine Jagd, und das Fleisch, das man nach Hause bringt, gilt als Segenszeichen für die kommenden Tage. Während auf sein Zeichen die Schiffe auf ihren Rollhölzern aus den Schuppen geschoben wurden, verkündete er den Versammelten, dies wären seine Jäger, und das einzige Wild, das sie erlegen wollten, wären die Roten Korsaren. Die Reaktion auf seine Rede war mäßig und entsprach in keiner Weise seinen Erwartungen. Ich glaube, die Menschen wollten einfach nicht an die Gefahr erinnert werden, sich in der trügerischen Sicherheit des Winters verkriechen und so tun, als brächte kein neuer Frühling die Roten Korsaren zurück. Doch Veritas ließ nicht zu, daß sie die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen. Die Schiffe wurden an jenem Tag feierlich zu Wasser gelassen, und die Ausbildung der Besatzung begann.
     
    Nachtauge und ich gingen am frühen Nachmittag auf die Jagd. Er murrte und sagte, es wäre eine alberne Tageszeit, um zu jagen, und weshalb ich die Stunden der Morgendämmerung damit vergeudet hätte, mit meiner Gefährtin zu rangeln. Ich erklärte ihm, das wäre nun einmal so und würde auch so bleiben, die nächsten Tage und möglicherweise noch länger. Er war nicht erfreut. Ich für meinen Teil ebenfalls nicht. Es störte mich, daß er so genau wußte, wie ich meine Stunden verbrachte, selbst wenn ich von seiner Anwesenheit in meinem Kopf nichts ahnte. Hatte Veritas ihn bemerkt?
    Er lachte mich aus. Es ist manchmal schwer genug, dich auf mich aufmerksam zu machen. Soll ich deine Sperren überwinden und dann auch noch nach ihm rufen?
    Unsere Jagdausbeute wir gering. Zwei Kaninchen, beide nicht besonders fett. Ich versprach, ihm am nächsten Morgen Küchenabfälle zu bringen. Noch weniger Erfolg hatte ich mit meinen Versuchen, ihm mein Bedürfnis nach Ungestörtheit zu gewissen Zeiten zu übermitteln. Er konnte nicht begreifen, weshalb ich die Paarung in eine andere Kategorie einordnete als die übrigen Rudelaktivitäten wie Jagen oder Heulen. Paarung versprach Nachwuchs, und Nachwuchs war die Angelegenheit des ganzen Rudels. Worte vermögen die Schwierigkeiten dieser Diskussion nicht darzustellen. Wir kommunizierten durch Bilder, Gedanken, und dabei läßt sich kaum Diskretion wahren. Ich wand mich bei seiner Offenheit. Er versicherte mir, daß er mein Vergnügen an meiner Gefährtin und der Paarung teilte.

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