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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Selbstzerstörung, oder sehnte ich sie herbei? Ich hatte nicht lange Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, die Droge ergriff von mir Besitz. Meine Kraft war die Kraft von zehn Männern, und mein Herz war das eines Adlers. Ich sprang auf, tat einen Schritt zur Tür, dann wandte ich mich noch einmal um.
    Ich kniete vor meinem toten König nieder und hob sein Messer an meine Stirn. »Eure eigene Klinge soll Euren Tod rächen«, gelobte ich, küßte seine Hand und ließ ihn in dem leeren, stillen Gemach vor dem Feuer zurück.
    Wenn ich die blaue Funken versprühenden Kerzen für unheimlich gehalten hatte, dann übte der blaue Schein der Fackeln im Korridor einen ganz anderen Zauber aus. Es war, als befände man sich in einer wirklichen Unterwasserwelt. Ich lief zur Treppe. Unten konnte ich Wallace lamentieren hören, seine schrille Stimme übertönte alle anderen. Blaue Flammen und der Narbenmann, jammerte er. Es war nicht so viel Zeit vergangen, wie ich geglaubt hatte. Ich fand eine unverschlossene Tür, schlüpfte hindurch und wartete. Sie brauchten eine Ewigkeit, um die Treppe hinaufzukommen und noch länger, bis sie an meinem Zimmer vorüber waren. Ich ließ sie bis zum Gemach des Königs kommen. Als ich die Alarmrufe hörte, verließ ich mit einem Satz mein Versteck und jagte die Stufen hinunter.
    Jemand rief etwas hinter mir her, aber keiner nahm die Verfolgung auf. Erst als ich am Fuß der Treppe war, hörte ich eine Stimme den Befehl geben, mich zu ergreifen. Ich lachte laut. Als ob sie das könnten! Die Burg war ein Labyrinth aus Hintertreppen und Seitengängen für einen Jungen, der hier aufgewachsen war. Ich kannte mein Ziel, aber ich gedachte nicht, meine Verfolger hinzuführen. Wie ein Fuchs lief ich, erschien kurz in der großen Halle, preschte über das Kopfsteinpflaster des Wäschehofs, erschreckte die Köchin mit meinem Sturmlauf durch die Küche. Und immer, immer die fahlen Gabenfinger, die an mir zupften und kratzten und nicht ahnten, daß sie sich die Mühe sparen konnten, denn ich war auf dem Weg zu ihnen, auf dem Weg zu euch, Freunde, um abzurechnen.
    Galen, geboren und aufgewachsen in Farrow, hatte nie gelernt, das Meer zu lieben. Er fürchtete es, glaube ich. Deshalb lagen seine Räume an der den Bergen zugewandten Seite der Burg. Wie man hörte, waren sie nach seinem Tod zu einem Schrein für ihn geworden. Serene hatte sein Schlafgemach übernommen, das Tageszimmer aber als Versammlungsort für die Kordiale eingerichtet. Ich war zu seinen Lebzeiten nie bei ihm gewesen, aber ich kannte mich aus. Die Treppe hinauf wie ein von der Sehne abgeschnellter Pfeil, im Flur vorbei an einem Pärchen in enger Umarmung. Dann blieb ich vor einer massiven, eisenbeschlagenen Tür stehen. Aber eine Tür, auch aus dicken Eichenbohlen, die nicht fest verschlossen ist, stellt kein Hindernis dar, und nach kaum einer Minute schwang diese unter dem Druck meiner Hand nach innen.
    Ein Halbkreis von Stühlen um einen runden Tisch, in dessen Mitte eine Kerze brannte. Hilfe zur Konzentration, wahrscheinlich. Nur zwei Stühle waren besetzt. Justin und Serene saßen Hand in Hand, beide mit geschlossenen Augen und haltlos nach hinten gesunkenem Kopf. Kein Will. Ich hatte gehofft, auch ihn hier zu finden.
    Mein Blick streifte nur kurz ihre Gesichter. Sie glänzten vor Schweiß, und ich fühlte mich geschmeichelt, daß sie sich derartig anstrengten, um meine Barrieren zu überwinden. Um ihre Münder flackerte ein Lächeln, Folge ihres Ringens gegen die Ekstase der Gabe, während sie sich bemühten, nur an das Wild zu denken und nicht der Lust der Jagd zu erliegen. Ich zögerte nicht. »Überraschung!« sagte ich leise. Zwei, drei Schritte brachten mich hinter Serene. Ich bog ihren Kopf zurück und zog das Messer des Königs quer über ihre gespannte Kehle. Sie zuckte einmal, und ich ließ sie zu Boden fallen. Die Menge Blut erstaunte mich.
    Justin sprang mit einem Schrei in die Höhe, und ich wappnete mich für seinen Angriff, doch es gelang ihm, mich zu narren. Er floh. Floh quiekend auf den Gang hinaus, und ich folgte ihm, das Messer in der Hand. Er hörte sich an wie ein Schwein, und er war unglaublich schnell. Kein Hakenschlagen für Justin, schnurstracks hielt er auf die große Halle zu und hörte nicht einmal auf zu schreien. Ich lachte, während ich lief. Glaubte er, Edel würde das Schwert ziehen und sich schützend vor ihn stellen? Glaubte er, irgendeine Macht der Welt könnte ihn retten, nachdem er meinen König

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