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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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von anderem Format. Das war eine Königin! In mancher Hinsicht wie Kettricken. Constance war eine Frau, die andere zu Taten anspornte, besonders ihre Geschlechtsgenossinnen. Zu ihrer Zeit bestand unsere Garde zur Hälfte aus Frauen, wußtest du das? Frag Hod irgendwann nach ihr. Wenn ich mich nicht irre, begleitete Hod sie, als Constance hierherkam, um sich mit Listenreich zu vermählen.« Sie verstummte und schwieg so lange, daß ich erstaunt war, als sie leise hinzufügte: »Königin Constance mochte mich gern.« Ein scheues Lächeln spielte um ihren Mund.
    »Sie wußte, unter vielen Menschen fühlte ich mich nicht wohl, deshalb ließ sie mich manchmal – und nur mich – zu sich in ihren Garten hinaufkommen. Wir redeten nicht viel, sondern arbeiteten ruhig in der Erde und im Sonnenschein. Das sind meine schönsten Erinnerungen an Bocksburg aus jener Zeit.« Sie blickte zu mir auf. »Ich war damals noch ein kleines Mädchen. Dein Vater war ein Knabe, und wir kannten uns kaum. Wenn meine Eltern an den Hof reisten, nahmen sie mich mit, obwohl sie wußten, ich machte mir nicht viel aus dem Firlefanz. Wie bezeichnend für das Wesen einer Königin, eine graue Maus wie mich zu bemerken und ihr etwas Zeit zu opfern. Aber so war sie. Bocksburg war anders unter ihrem Einfluß, heiterer. Es herrschten Frieden und Stabilität. Aber dann starb sie am Kindbettfieber und ihre neugeborene Tochter mit ihr. Und Listenreich nahm wenige Jahre später eine andere Gemahlin und…« Sie sprach nicht weiter und schüttelte leicht den Kopf. Dann aber setzte sie eine entschlossene Miene auf und klopfte neben sich auf den Boden.
    »Komm, setz dich zu mir. Es gibt etwas zu besprechen.«
    Ich folgte ihrer Aufforderung. Noch nie hatte ich Philia so ernst erlebt; ich fühlte, dies alles diente einem bestimmten Zweck. Sie war so anders als sonst, daß es mir beinahe angst machte. Als ich neben ihr saß, winkte sie mich noch näher zu sich und flüsterte: »Manche Dinge sollten unausgesprochen bleiben, aber es kommt doch eine Zeit, wenn es unrecht wäre, länger zu schweigen. FitzChivalric, du darfst mich nicht für böswillig halten, aber ich muß dich warnen, daß dein Onkel Edel dir nicht so wohlgesonnen ist, wie du vielleicht glaubst.«
    Ich konnte nicht anders. Ich lachte.
    Wie nicht anders zu erwarten, war Philia gekränkt. »Hör auf mich!« wisperte sie beschwörend. »Oh, ich weiß, er ist charmant und geistreich. Ich weiß, wie gut er zu schmeicheln versteht, und ich habe gesehen, wie sämtliche junge Frauen ihn umflattern und die jungen Männer seine Art der Kleidung und sein Auftreten nachäffen. Doch unter dem eleganten Putz verbirgt sich brennender Ehrgeiz. Gepaart mit Argwohn und Neid, fürchte ich. Bisher habe ich dir nichts davon gesagt, doch er war strikt dagegen, daß ich deine Erziehung übernehme, wie auch gegen deine Unterweisung in der Gabe. Manchmal denke ich, es ist gut, daß du darin versagt hast, sonst wäre seine Eifersucht ins Unermeßliche gewachsen.« Sie machte eine Pause, doch als sie sah, daß ich ihr ernsthaft zuhörte, fuhr sie fort: »Wir leben in unruhigen Zeiten, Fitz. Nicht allein wegen der Roten Korsaren, die unsere Küsten heimsuchen. Besonders du, aufgrund der Umstände deiner Geburt, mußt vorsichtig sein. Manche von denen, die dir freundlich ins Gesicht lächeln, sind hinter dieser Maske deine Feinde. Solange dein Vater lebte, vertrauten wir darauf, daß sein Einfluß ausreichte, dich zu schützen. Doch nachdem er… nach seinem Tod erkannte ich, daß mit jedem Jahr die Gefahr für dich wuchs. Nach einer angemessenen Zeitspanne überwand ich mich deshalb, an den Hof zurückzukehren, um zu sehen, ob meine Befürchtungen begründet waren. Sie waren es, wie ich bald feststellte, und du, ein kleines Kind, brauchtest Hilfe. Also gelobte ich, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um dich zu erziehen und zu beschützen.« Sie gestattete sich ein zufriedenes Lächeln.
    »Ich möchte sagen, bis jetzt habe ich mich gut um dich gekümmert. Aber irgendwann werde ich nicht mehr in der Lage sein, die Hand über dich zu halten. Du mußt anfangen, auf dich selbst aufzupassen. Rufe dir deine Lektionen bei Meisterin Hod ins Gedächtnis und geh so oft wie möglich zu ihr, um zu üben. Du mußt aufpassen, was du ißt und trinkst, und einsame Orte meiden. Es fällt mir schwer, dir deine Unbefangenheit zu nehmen, Fitz, aber du bist nun fast ein Mann und mußt lernen, auch die unschönen Seiten des Lebens zu

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