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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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doch wie mein alter Lehrer glaubte, war kaum etwas von meinen Habseligkeiten entfernt worden, und niemand würde bemerken, wenn etwas fehlte. Ich fragte ihn, ob er sich an den Gobelin von König Weise und dem Uralten erinnerte. Ja, antwortete er, aber das gute Stück wäre ihm zu schwer für den Weg hier herauf. Angesichts meiner betrübten Miene gab er sofort nach und meinte, bestimmt ließe sich eine Möglichkeit finden.
    Ich grinste. »Das war ein Scherz, Chade. Das Ding war nie zu etwas anderem gut, als einem kleinen Jungen Alpträume zu bescheren. Nein. In meinem Zimmer gibt es nichts, das mir noch wichtig wäre.«
    Chade sah mich fast traurig an. »Du gehst aus einem Leben mit nur den Kleidern, die du am Leib trägst, und einem Ohrring? Und du sagst, da ist nichts, worauf du außerdem Wert legst? Kommt dir das nicht sonderbar vor?«
    Ich nahm mir einige Augenblicke Zeit, um nachzudenken. Das Schwert, mir von Veritas verliehen, ›für besondere Verdienste‹. Der Silberring von König Eyod, der Rurisk gehört hatte. Eine Agraffe von Lady Grazia. Auch Philias Meerpfeifen waren in meinem Zimmer gewesen – ich hoffte, sie hatte sie wiederbekommen. Meine Schreibutensilien. Eine kleine Schatulle mit meinen Giften. Zwischen Molly und mir waren nie irgendwelche Pfänder ausgetauscht worden. Sie wollte nie Geschenke von mir annehmen, und ich hatte nie daran gedacht, ein Band aus ihrem Haar zu stehlen. Hätte ich es getan...
    »Nein. Ein klarer Bruch ist wahrscheinlich das beste. Obwohl du etwas vergessen hast.« Ich drehte den Kragen meines groben Hemdes um und zeigte ihm den kleinen, in Silber gefaßten Rubin. »Die Nadel, die Listenreich mir gab, als Abzeichen für seinen Vasallen. Die habe ich noch.« Philia hatte sie benutzt, um das Leichentuch festzustecken, in das sie mich eingehüllt hatte. Ich schob den Gedanken beiseite.
    »Mich wundert immer noch, daß Edels Schergen deinen Leichnam nicht gefleddert haben. Ich nehme an, die Alte Macht umgibt eine solche Aura des Bösen, daß sie dich tot nicht weniger fürchteten als lebendig.«
    Ich befühlte meinen lädierten Nasenrücken. »Für mich sah es nicht so aus, als ob sie große Angst vor mir hätten.«
    Chade verzog den Mund zu einem hinterhältigen Lächeln. »Die Nase stört dich, nicht wahr? Ich finde, sie verleiht deinem Gesicht Charakter.«
    Ich mußte in die Sonne blinzeln, um ihn anzusehen. »Ehrlich?«
    »Nein. Aber als höflicher Mensch sagt man das. Wirklich, so übel ist es nicht. Fast sieht es aus, als hätte jemand versucht, sie zu richten.«
    Ich schauderte bei dem Dolchstich der Erinnerung. »Ich möchte nicht daran denken.«
    Schmerz meinetwegen zog wie ein Schatten über Chades Gesicht. Ich wandte den Blick ab, unfähig, sein Mitleid zu ertragen. Die Erinnerung an die Schläge, die ich erduldet hatte, war leichter zu ertragen, wenn ich mir vormachen konnte, daß sonst niemand davon wußte. Ich schämte mich für das, was Edel mir angetan hatte. Ich lehnte den Kopf gegen das sonnenwarme Holz der Hüttenwand und atmete tief ein. »Nun gut. Was geht vor da unten, wo die Menschen noch lebendig sind?«
    Chade räusperte sich und ging auf meinen Versuch ein, das Thema zu wechseln. »Hm. Was weißt du alles?«
    »Nicht viel. Daß Kettricken und der Narr entkommen sind. Daß Philia möglicherweise erfahren hat, daß Kettricken im Bergreich in Sicherheit ist. Daß Edel sich von König Eyod vor den Kopf gestoßen fühlt und die Handelsbeziehungen zu den Chyurda abgebrochen hat. Daß Veritas noch lebt, aber niemand hat Nachricht von ihm.«
    »Langsam, langsam!« Chade setzte sich kerzengerade hin. »Die Sache mit Kettricken – das hast du in der Nacht gehört, als Burrich und ich darüber sprachen.«
    Ich schaute den Pfad entlang, der sich den grasbewachsenen Hang hinunterschlängelte. »Die Erinnerung ist wie die Erinnerung an einen Traum. Unterwasserfarben und alles verworren. Mir ist nur im Gedächtnis geblieben, daß davon die Rede war.«
    »Und das mit Veritas?« Die plötzliche Gespanntheit, die von ihm ausging, bewirkte, daß mir ein kalter Schauer über den Rücken lief.
    »Er hat in jener Nacht zu mir gedacht«, antwortete ich so gelassen wie möglich. »Ich habe euch gesagt, daß er noch lebt.«
    »VERFLUCHT!« Chade schnellte hoch und hüpfte vor Ärger auf und ab. Etwas Derartiges hatte ich ihn noch nie tun sehen, und ich starrte ihn an, hin- und hergerissen zwischen Verwunderung und Furcht. »Burrich und ich haben deinen Worten kein Gewicht

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