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Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Titel: Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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festgestellt, dass sie alles, was atmete, erspüren und identifizieren konnte. Sie konnte zwar nicht immer genau sagen, welche Kreatur sie spürte, aber sie konnte erkennen, ob es groß oder klein war, harmlos oder gefährlich, ob es wartete oder schlief, jagte oder einfach nur herumlief. Die Wahrnehmung war subtil, angereichert mit Nuancen, die sie zuvor niemals registriert hatte, und diese Fähigkeit vermittelte ihr Einsichten, die sie mit unerwartetem Selbstbewusstsein erfüllten.
    »Wie weit willst du heute wandern?«, erkundigte er sich.
    Sie zuckte die Achseln. »So weit, wie du willst.«
    »Aber du bist doch bereits mehrere Tage gelaufen, nur um mich zu erreichen. Du hast noch nicht einmal Zeit gehabt, dich auszuruhen. Wie lange hast du nicht mehr geschlafen?«
    »So lange ist das gar nicht her, Pan. Ich kann noch weitergehen. Ich fühle mich gut.« Sie schnappte seinen Blick auf und sah den Zweifel darin. Offensichtlich war Zweifel keine Farbe. »Wirklich, ich fühle mich gut.«
    Sie gingen den ganzen Morgen hindurch, verließen die Talsohle und erreichten die höheren freien Flächen der niedrigen Hänge. Allerdings blieben sie noch unterhalb der Schneegrenze. Sie kamen an einsamen Höfen und Katen vorbei und sahen ein- oder zweimal Leute. Sie winkten sich gegenseitig zu. Die Sonne ging auf, und es wurde heller. Der dichte Nebel zog sich weiter in die Berge zurück, so dass die Luft wärmer wurde und die Feuchtigkeit der Morgendämmerung allmählich nachließ. Raubvögel kreisten am Himmel über ihnen, und Habichtskraut und Lilien blühten zwischen den Felsen.
    »Es könnte fast so sein wie immer, hab ich Recht?«, fragte sie irgendwann und deutete auf die Landschaft. Könnte es, setzte sie innerlich hinzu, aber nicht, wenn ich die Farben der Blumen nicht mehr erkennen kann.
    »Es ist so wie immer«, erwiderte er nach einem Moment. »Du und ich, wir beide tun das, was wir immer getan haben.«
    Du und ich, wiederholte sie insgeheim. Die Worte trösteten sie ein wenig.
    Sie rasteten gegen Mittag und aßen etwas im Schutz einer moosbedeckten Böschung, die sie vor dem kalten Wind aus Norden schützte. Außerdem hatten sie einen freien Blick in alle Richtungen. Prue aß mehr, als sie erwartet hatte. Sie fühlte sich merkwürdig friedlich in ihrer getrübten Welt, unerwartet glücklich. Ihre Augen spielten keine Rolle, ebenso wenig wie die Farben. In diesen raren Momenten war nur wichtig, dass ihr Leben wieder in der richtigen Spur verlief.
    Sobald sie jedoch weitergingen, wurde sie daran erinnert, was sie gerade zu tun im Begriff waren, dachte an die Gefahren, die hinter beinahe jeder Biegung lauerten, und an die Verantwortung, die ihr vom König des Silbernen Flusses übertragen worden war. Dann verpufften alle behaglichen Gefühle.
    Sie gingen den ganzen Nachmittag hindurch, bis die Sonne hinter den Bergen im Westen unterging und es dämmrig wurde. Pan entschied sich, ein Lager aufzuschlagen, bevor sie die Böschung hinaufstiegen, die sie von der Grenze des Elfenlandes und Arborlon trennte. Er entschied sich für ein kleines Gehölz aus Hochgebirgsbüschen und Fichten, das zwischen einer Ansammlung von Felsblöcken stand, die sie vor neugierigen Blicken schützen würden. Hier konnten sie rechtzeitig jeden unerwarteten Besucher nahen sehen. Pan war jetzt ganz Fährtenleser und benutzte all seine Fertigkeiten und seine Erfahrung, um sie zu beschützen. Er hoffte vielleicht, dass sie auf Prues Instinkte zurückgreifen konnten, aber er wollte kein Risiko eingehen, falls sie sie unerwarteterweise doch im Stich ließen, trotz des Versprechens des Königs des Silbernen Flusses.
    Prue wusste, dass dies einfach Pans Charakter entsprach. Er war schon immer so gewesen. Die beste Verteidigung war seiner Meinung nach die, für die man selbst sorgte, und man sollte sich nie auf andere Leute verlassen. Nicht einmal auf sie. Das hätte sie vielleicht verletzt, wenn sie ihn nicht so gut gekannt hätte. Pan wollte keineswegs ihre Fähigkeiten herabsetzen; er machte einfach von seinen eigenen ebenfalls Gebrauch. Die Fähigkeiten von zwei Personen zu nutzen war stets besser, als sich nur auf die von einer zu verlassen, das war einer seiner Wahlsprüche.
    Sie verzehrten ihre Mahlzeit und gingen schlafen. Prue hatte erwartet, dass er sie irgendwann wecken würde, damit sie die Wache übernahm, aber als sie schließlich die Augen aufschlug, lugte die Sonne bereits über den Kamm der Berge, und der neue Tag war angebrochen. Pan

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