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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich …
    Die Tür schwang erneut auf, und die Cîanai ging weiter.
    Welch Glück! Ich kann ihr doch folgen!
    Die gemeinsame eilige Wanderung durch den Palast offenbarte Firûsha gleich mehrere Geheimnisse, bei denen ihr Erstaunen wuchs und wuchs: Marandëi benutzte verborgene Türen in den Wänden, deren Existenz sie den Drillingen verheimlicht hatte. Ein Druck auf ein unscheinbares Ornament im Mauerwerk, ein Zug an einem hervorstehenden Stein, und schon öffneten sich neue Wege durch das Gebäude.
    Das erklärt, warum mir die Räume klein vorkamen. Es gibt einen Palast im Palast. Firûsha blieb unbeirrt hinter Marandëi und legte Schatten um sich, die sie vor der Entdeckung verbargen.
    Die extrem engen Gänge sowie steilen Treppchen stellten Abkürzungen dar oder führten in kleine Gemächer, die sich die Cîanai für ihre ganz eigenen Zwecke vorbehalten hatte. Das großzügige Geschenk an die Geschwister erwies sich als perfekter Ort, um sämtliche Gespräche von der anderen Seite der Wand zu belauschen oder vertraulich verfasste Schriftstücke in aller Heimlichkeit zu lesen.
    Das erklärt ihre Schenkung. Firûsha war verärgert und enttäuscht. Es ging ihr darum, uns besser auszuspionieren. Sie hatte fest damit gerechnet, in Marandëi eine verlässliche Verbündete zu haben, allein wegen des Versprechens, das sie Sisaroth gegeben hatte. Sie ist eine Ratte im Gemäuer.
    Es ging weiter und weiter. Das Kleid, das Firûsha trug, war viel zu dünn und ungeeignet für solche Unternehmungen. Ständig blieb sie an den rauen Steinen hängen und ruinierte den Stoff.
    Vor ihr verschwand die Cîanai mit einem Sprung durch eine Luke nach unten; gleich danach leuchtete Kerzenschein auf. Leiser Singsang ertönte, gefolgt von rhythmischem Klappern und Rappeln.
    Was geht nun wieder vor? Firûsha wartete ein wenig, bis sie zur Öffnung schlich. Sie musste sich nach vorn beugen, auf den Bauch legen und den Kopf durch die Luke schieben, um Marandëi zu sehen: Sie kniete vor einem Altar, auf dem ein verwitterter Schädel ruhte.
    Der Größe nach gehörte er keinem Alb, sondern einem kleineren Wesen, das zu Lebzeiten äußerst hässlich gewesen sein musste. Der Knochen war verformt, der Hinterkopf lang nach hinten gezogen, die Stirn dagegen platt, wie von einem Brett getroffen. Das Gebein wies stellenweise Bemalungen und Gravuren auf.
    Die Laute, welche die Cîanai von sich gab, folgten einem tonalen Muster und schienen keiner bekannten Sprache anzugehören. Sie verneigte sich unentwegt vor dem skelettierten Kopf, bis sie abrupt schwieg und sich stöhnend die Pulsadern aufbiss.
    Das austretende Blut ließ sie auf den Schädel tropfen – und es wurde davon aufgesogen! Nicht einmal winzige Flecken blieben zurück.
    Firûsha zog sich zurück, schlich den Gang entlang. Das müssen meine Brüder erfahren! Wir müssen herausfinden, welches Spiel Marandëi mit uns treibt.
    Aber sosehr sie die Korridore durchstreifte, Leitern und Treppen hoch und runter stieg, sich anstrengte und bemühte, die junge Albin fand keinen Ausgang.
    Es schien, als wären sämtliche Mechanismen, die Wände zu öffnen, verschwunden.

 

    Solange du glaubst,
    du wärst die Spinne im Netz –
    vergewissere dich ganz genau,
    wie du deine Haltepunkte wähltest.
    Zudem bedenke:
    Wer in der Mitte des Netzes sitzt,
    wird von allen gesehen.
    Wenn du mich fragst:
    Sei nicht Spinne.
    Sei der Vogel,
    der sie frisst.
    Weisheiten, aus dem Epos »Junge Götter«,
aufgezeichnet von Carmondai, dem Meister in Bildnis und Wort

 
    Phondrasôn
    Wo mag sie stecken? In ihrem Zimmer ist sie nicht, und die Küche war verwaist. Tirîgon lief über den Hof, wo der Unterirdische wartete und ungeduldig hinauf zum Höhlenhimmel blickte. »Wir sind gleich bereit, dir zu folgen«, sagte er mürrisch im Vorbeigehen zu ihm. »Meine Schwester muss es geschafft haben, sich in ihrem eigenen Palast zu verlaufen.«
    »Ho, Schwarzauge!« Tungdil stieß einen schrillen, kurzen Pfiff aus, der den Alb zum Stehenbleiben brachte. »Das dauert mir zu lange. Ich merke, wenn man mich hinhalten will. Entweder wir vier gehen jetzt oder ich kehre allein zu meinem Meister zurück und erkläre ihm, dass ihr versucht habt, mich reinzulegen.«
    Du Schrumpfbastard! Wie gerne würde ich dich … Tirîgon drehte sich mit einem falschen Lächeln um. »Ich versuche nicht, dich hinzuhalten.«
    »Das habt ihr davon, dass man euch in den Schatten nicht sieht und ihr schleicht wie die Katzen.« Tungdil feixte. »Ihr findet

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