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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ist sicherlich kein karderischer Spion.
    Der unbekannte Alb hatte beide Arme verloren, einen unterhalb des Ellbogens, den anderen in der Mitte des Oberarms. Die Wunde in seinem linken Oberschenkel musste bis auf den Knochen reichen, Verbrennungen hatten ihm die Kleidung und die Haut auf der rechten Seite des Rumpfs genommen. Das Antlitz war deformiert und geschwollen, die grauen Haare büschelweise ausgerissen.
    Ein Wunder, dass er überhaupt noch lebt. »Tapferer Krieger«, grüßte sie ihn und nickte ihm zu, »willkommen bei uns. Ich bin Firûsha und zusammen mit meinen Brüdern die Befehlshaberin in dem kleinen Reich unseres Volkes. Wer immer dir das angetan …«
    »Du bist Firûsha?« Er sah sie erstaunt an. »Oh, wenn das Aïsolon noch erfahren könnte, dass ich seine Tochter fand. Mein Name ist Naïgonor. Ich gehörte den Wallmannschaften an und kannte deinen Vater, bevor …« Er hustete und sah sie flehend an. »Du musst die anderen retten!«, keuchte er. Das Mittel, das ihm die Heiler gegen die Schmerzen gaben, ließ an Wirkung nach.
    »Die anderen?« Meint er weitere Boten?
    »Die Einwohner von Dsôn Sòmran«, hauchte er. »Wir wurden …« Ein Weinkrampf überfiel ihn, die Verzweiflung presste einen Strom heißer Tränen aus ihm.
    Auch wenn Firûsha ihn am liebsten gepackt und geschüttelt hätte, um mehr zu vernehmen, setzte sie sich ungeachtet des Blutes neben ihn auf die Liege und streichelte sein verklebtes Haar. Es gibt ein Mittel, das besser wirkt. Behutsam hob sie ihre Stimme und sang eine Weise, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte.
    Die Töne wirkten beruhigend auf Naïgonor. Er atmete bald tiefer. Sein Blick verlor die Todesangst. Klarheit hatte in seinem Verstand Einzug gehalten.
    Firûsha sang zwei weitere Strophen, um ihm dauerhaft Ruhe zu geben. Das muss genügen. Ich halte es kaum mehr aus. »Nun berichte«, bat sie ihn.
    »Es ist … lange her. Eine Weile, nachdem ihr drei fort wart, ging ein Teil der Stadt durch einen Erdrutsch ab, wie es ihn zuvor noch nie gegeben hatte. Er riss mehr als ein Drittel Dsôns mit, begrub die Bewohner der Häuser und die Albae auf der Straße. Dabei brach eine breite Schneise in den nördlichen Teil des Walls«, erzählte Naïgonor. »Die Mauertrümmer, die nach innen fielen, richteten weitere Schäden an. Es war schrecklich!«
    Mutter! Firûsha war wie gelähmt. Ihre Hand, die bislang den geschundenen Kopf streichelte, wurde in den Bewegungen langsamer.
    »Wir waren noch damit beschäftigt, in den Ruinen und am Boden des Steinbruchs nach Überlebenden zu suchen, da erschien eine Horde Óarcos und Trolle. Sie hatten gehört oder gesehen, was mit dem Bollwerk geschehen war.« Naïgonor litt, während er berichtete. »Wir vermochten die breite Bresche gegen die schiere Masse an Bestien nicht zu halten. Sie überrannten uns und fielen in Dsôn ein. Zuerst versuchten wir, Barrikaden in den Straßen und Ringen zu errichten. Aber keiner wusste, wo Aïsolon steckte, um den Widerstand zu organisieren. Es ging drunter und drüber, wir waren versprengt und in den Straßen verteilt. Also wurde der Entschluss gefasst, lieber nach Phondrasôn zu flüchten und sich dort zu sammeln als im Trichter den Tod gegen die Scheusale zu finden.«
    Firûsha begann zu zittern. Solche Neuigkeiten wollte ich nicht hören! Mein Vater lebt sicherlich noch. Er … »Dann richteten dich die Trolle so zu?«
    »Nein. Ich schätze, dass wir um die tausend Albae sammeln konnten. Wir zogen durch Phondrasôns Gänge. Lange Zeit blieben wir unbehelligt, und falls wir doch angegriffen wurden, schlugen wir die Feinde vernichtend. Aber dann mischten sich Wesen unter uns, die durch ihre bloße Berührung töten und anschließend die Gestalt des Ermordeten annehmen.«
    Karderier. Oh, ihr Infamen, wie konntet ihr das zulassen? Firûsha unterdrückte ihre Tränen. Ihr Innerstes schien zu gefrieren, die Finger fühlten sich taub an . Gibt es gar keine Hoffnung für mein Volk? Wohin kehre ich mit meinen Brüdern zurück? Alles ist verloren!
    »Sie ersetzten unsere Anführer und lockten uns in eine Falle.« Naïgonors Augen richteten sich flehend auf Firûsha. »Sie halten uns Volk eingepfercht wie Vieh.«
    Hoffnung keimte in ihr auf. »Ist mein Vater unter ihnen?« Firûsha hatte verstanden, was den Überlebenden zugestoßen war. Die Karderier trafen auf unvorbereitete Gegner.
    »Nein. Ich sah ihn nicht mehr. In Dsôn das letzte Mal.«
    Das bedeutet nicht, dass er tot ist. Zu viel Erleichterung

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