Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
und spendeten leisen, zustimmenden Beifall.
»Denkt ihr, dass ihr drei den Auftrag des Zhadars erfüllt, oder soll ich euch begleiten?« Crotàgon ließ die Muskeln zucken.
»Es wird besser sein, wenn du bei den Kriegern bleibst und Firûsha als unsere Repräsentantin an deiner Seite weißt, falls die Karderier zuschlagen sollten«, gab Sisaroth nach kurzem Überlegen zurück. »Tirîgon hat recht, wenn er Marandëi als Begleitung vorschlug. Mit ihrer Magie brauchen wir keinerlei Gegner fürchten.« Er erhob sich. »Wir sehen uns bald wieder.« Er umarmte seine Schwester. »Mach uns keine Schande«, sagte er grinsend.
»Wie sollte sie?«, merkte Tossàlor an und rieb über den geschnitzten Knochen. »Bei einem Angriff würde sie die Angreifer in Stücke schlagen, und danach wird sie ein hinreißendes Lied von ihrem Sieg singen.«
Die Albae lachten. Sisaroth verließ zusammen mit Marandëi den Bücherhort, um einige Sachen für die Reise zu packen.
»Ich werde den Schädel mitnehmen«, eröffnete sie im Gehen.
»Du traust Firûsha nicht?«
»Sie zerschlug ihn ein Mal, und sie würde es wieder tun. Ich sehe es ihr an.« Marandëi trug das Kistchen an einem kleinen Griff. »Es ist ratsam, Shëidogîs mitzunehmen. Stell dir vor, wir treffen unterwegs auf einen entbehrlichen Alb.« Um ihre Lippen spielte ein vorfreudiges Lächeln. »Ich weiß, dass der Infame wieder zu uns zurückkehren wird! Ich fühle es! Man müsste Tossàlor für seine meisterliche Arbeit ein Denkmal setzen.«
Sisaroth sah das verängstigte, eingeschüchterte Gesicht seiner Schwester vor sich. »Firûsha teilt deine Begeisterung nicht. Was genau tat der Schädel ihr an?«
»Nichts. Sonst wäre sie tot«, gab die Cîanai trocken zurück. »Er wollte sie in die Flucht schlagen, weil er um seine Existenz fürchtete.« Sie blieb stehen und sah ihm in die Augen. »Glaube mir, Sisaroth, Shëidogîs vermag einen Verstand in den Wahn zu treiben und ihn zu brechen. Genau dies wäre Firûshas Schicksal gewesen – wenn er gewollt hätte.« Marandëi nahm das Gehen wieder auf, die Silberspitze des Gehstabes prallte knallend auf den Boden. »Möchtest du Priester werden?«
»Ja, das möchte ich«, gab er schnell zurück. »Ich … habe alle Rituale studiert.«
Sie lachte freundlich. »Du meinst die Gebete, welche die Unauslöschlichen noch erlaubten, bevor sie ihren Glauben an die Infamen verloren und jede Handlungen zu deren Ehren untersagten.« Sie schwenkte das Kistchen. »Du vermagst dir die Macht Shëidogîs’ nicht auszumalen. Das Wunder des Glassees ist nur eines von vielen, die kommen werden. Stell dir die Kraft eines Infamen wie einen unbändigen Nachtmahr vor! Ein Prachtexemplar, voller Wut und Stärke, das seinen Reiter sicher durch die Schlacht trägt und dessen Feinde spielend zerschmettert.« Ihr Antlitz wurde traurig. »Die Erlasse der Unauslöschlichen legten diesen wunderschönen Nachtmahr in Ketten, verschlossen ihm das Maul mit den scharfen Reißzähnen, nahmen ihm die tödlichen Blitze um die Hufe und ließen ihm nichts als sein schönes Fell.« Sie pochte mit dem oberen Stabende gegen das Behältnis. »Dsôn Sòmran wird Augen machen, wenn sie ihn erblicken. Sein Beistand wird mit Freuden angenommen werden, du wirst sehen!«
Sisaroth konnte das Opferritual kaum erwarten, um den Geist des Infamen in den Schädel zu rufen. Zwar vernahm er die mahnende Stimme seiner Schwester, die von einem Geist oder Dämon anstelle von Shëidogîs sprach, doch er schob den Einwand zur Seite. Marandëi klang überzeugend. Ich werde ihm diejenigen opfern, die falsches Zeugnis gegen uns ablegten. Allesamt! »Wirst du mich tiefer in die alten Rituale einweihen? Der Weg bis zur Dreifachhöhle ist nicht eben kurz und für Pferde kaum zu bewältigen. Du könntest mich bei unserem Marsch unterrichten!«
»Du meine Güte, Sisaroth! Du erinnerst mich an meine frühen Teile der Unendlichkeit, als ich mit dieser Leidenschaft für Shëidogîs brannte.« Marandëi nickte ihm zu. »Aber gut, das werde ich. Du sollst erfahren, wie man den Infamen anbetet und seine Ketten sprengt. Wir beide bringen den wahren Glauben zurück zu unserem Volk.« Sie bog in ihr Gemach ab. »Ich benötige nicht lange, um meine Utensilien zu packen. Wir treffen uns am Tor.«
Sisaroth ging weiter in den Trakt des Palastes, der ihm gehörte.
Was werden die Unauslöschlichen sagen, wenn wir die Infamen zurückbringen?, überlegte er. Beschwören wir einen Streit in unserem Volk herauf,
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