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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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kannte.
    Das Land, das sie erobern konnten.
    Das Land, auf dem die Hoffnungen ihres Volkes ruhten.
    Sie spürte, wie groß ihre Erwartungen wurden und dass sie eine Enttäuschung nicht hinnehmen wollte. Es muss diesen Mondteich geben! Ihre blauen Augen richteten sich auf Shuctos Nacken. Sie würde ihn bei lebendigem Leib entbeinen, sollte er sie betrügen.
    Firûsha lauschte in sich und bemerkte außer der Aufregung und Vorfreude ein weiteres Gefühl in sich: Angst.

    Phondrasôn
    Sisaroth hielt das sichelförmige Messer in der Rechten und erhitzte die Klinge in der Esse, bis sie rot glühte und die Einlegearbeiten darin grün vor Hitze leuchteten. Nun denn.
    Er konzentrierte sich zugleich auf die Formulierungen, die aus seinem Mund drangen. Nichts durfte vom Ritual abweichen, nichts anders klingen, und er musste genau den Rhythmus einhalten, den Marandëi ihm in der Kürze ihres Zusammenlebens lehrte.
    Er nahm nichts mehr von seiner Umgebung wahr. Obwohl er nicht allein im Raum war, fühlte er sich, als drehte sich die Welt nur um ihn. In diesem Moment könnte die schlimmste Katastrophe hereinbrechen, Sisaroth würde die Beschwörung nicht unterbrechen. Ein Opfer mehr, das ich ihm bringe. Es wird nicht das Letzte sein.
    Das meiste Wissen über die alte Sprache der Albae und die Anbetungen der Infamen, das ihm Shëidogîs auf besondere Weise in den Verstand gesetzt hatte, stammte aus den Büchern, Sisaroth verfügte darüber, als hätte er es sich in vielen Teilen der Unendlichkeit angelernt. Mit dem Relikt in den Händen gelang ihm alles.
    »So gebe ich dir, Shëidogîs, Größter der Infamen, dieses unendliche Leben, dieses kostbare Blut!«, sprach er fokussiert.
    Sisaroth nahm die Klinge aus dem Bett lodernder Kohlen und setzte sie auf den Unterbauch des Albs, der nackt vor ihm auf einem Steintisch lag. Er stach zu, die glühende Schneide durchdrang die Haut bis zum Heft. Perfekt.
    Sisaroth zog kräftig an und öffnete den Alb mit einem einzigen Schnitt bis hinauf zum Kinn. Dessen tierähnliches Schreien endete mit grausigem Gurgeln. Der Lebenssaft quoll auf ganzer Länge der klaffenden Verletzung aus dem Körper und rann über die Haut. Das Rot lief auf den Stein, in eine Auffangrinne, und durch einen Ausguss sammelte es sich in einer verzierten, tiefen Schale am Fußende.
    Am Boden der Schale befand sich das Relikt: der Schädel des Shëidogîs.
    Das Blut rann gleich dickem Saft genau auf die Knochenmitte, füllte die Schnitzereien und verteilte sich nach strengem Muster auf die angrenzenden Ornamente, über das Blattgold, über die Perlen und Silberkügelchen.
    Aber noch lebte der verwundete Alb!
    »Nimm die gesamte Kraft, die sein unendliches Leben bewahrt. Nimm es!« Sisaroth legte das Messer zurück in die Esse, stellte sich seitlich neben den Alb und packte mit beiden Händen in den Schnitt. Er wühlte sich durch die Innereien und bekam unter dem Brustkorb das Herz zu packen.
    Mit einem Ruck riss er das Organ heraus und warf es auf die glühenden Kohlen.
    Der Alb auf der Steinliege zuckte, als wäre nichts geschehen. Er prustete und schnaubte, seine Augen brachen nicht.
    Die Schale füllte sich weiter, das Artefakt war mittlerweile bis zu den Augenhöhlen umspült.
    Sisaroth nahm das Sichelmesser und fuhr auf Stirnhöhe kräftig rund um den Kopf des Unglücklichen, bevor er ein silbernes Beil von seinem Gürtel nahm und einen harten Schlag gegen dessen Schädel führte.
    Die angeritzte obere Schale sprang ab; Hirnwasser sickerte heraus und wurde ebenfalls von der Rinne aufgefangen und umgeleitet.
    Nun keinen Fehler begehen. Sisaroths rotnasse Finger holten das Gehirn aus dem Kopf. Es landete neben dem brennenden Herzen in der Esse.
    »Nimm den Verstand, der ihm sein Leben bewahrte. Nimm ihn an!«, rief er dazu und erhob die Arme, die bis über die Ellbogen vor Blut starrten. »Shëidogîs, zeige dich in seinem Blut! Auf dass du uns schützt! Auf dass du uns leitest!«
    Der skelettierte Kopf war komplett im Gemisch der verschiedenen Flüssigkeiten versunken. Die Oberfläche brodelte, weißlicher Rauch stieg aus den aufplatzenden Blasen.
    Unvermittelt brach eine Blutfontäne aus dem Behältnis. Geysirartig spritzte sie empor und formte daraus eine Silhouette. Es hatte den Anschein, als wäre ein blutüberzogener Alb entstanden, der seinen Mund zu einem schwarzen Hauch öffnete.
    Ja! Ja, ich erwarte meinen Lohn! Die düstere Wolke zog über den geopferten Alb hinweg und drang durch Sisaroths Mund und Nase

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