Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
Verstand. Allerdings würde es sich ungemein schwerer gestalten, das Verschwinden des bei den Truppen beliebten Albs zu erklären. Vor allem gegenüber Firûsha. Sie wüsste genau, was ich tat.
Daher mühte er sich, den Einfall zu verdrängen und ihn gegen die Umwandlung des Einhorns in einen Nachtmahr zu ersetzen.
Shëidogîs muss mir helfen. Ich locke ihn mit einem Ausblick in die Zukunft. Sisaroth eilte durch das Loch in der Wand in die engen Gänge, schlich und lauschte, achtete auf den kleinsten Luftzug, bevor er das Artefakt aus seinem Versteck nahm.
Er bettete den Schädel vor sich auf dem kleinen Altar auf ein Kissen und erstattete ihm Bericht, als würde er mit einem guten Freund sprechen.
Sisaroth schilderte den Einfall nach Tark Draan in schillernder Finsternis, beschwor Berge von Elben herauf, die er zu Ehren des Infamen schlachtete. »Nun brauche ich deine Hilfe. Firûsha brachte uns ein Einhorn, und ich will es zu einem Nachtmahr wandeln. Meine Schwester soll ihn als Geschenk erhalten, für ihren Mut. Wie gelingt es mir?«
Und Shëidogîs erläuterte das Vorgehen ganz genau.
Phondrasôn
Tirîgon goss Balodil vom Wein ein und prostete ihm zu. Er verträgt ordentlich viel. Ich dachte, das Bier liegt ihm mehr. »Dann ist es abgemacht?«
Der Unterirdische nahm den Pokal, drehte ihn zwischen den schwieligen, kurzen Fingern und sah dem Getränk zu, wie es gegen die Ränder schwappte.
»Ich bin so gut wie sicher«, gab er schleppend zurück. Der Alkohol hatte seine Zunge schwer und seinen Verstand langsam gemacht. Er sog Luft ein, der breite Brustkorb dehnte sich. »In mir gibt es ein Verlangen, mit euch nach Tark Draan zu kommen. Aber ich … würde niemals den Weg wählen, den ihr nehmt.« Er sah unglücklich aus. »Ich kam durch die Schwarze Schlucht nach Phondrasôn, und es sieht aus, als müsste ich auf gleichem Weg zurückkehren. An einem unbestimmten Sonnenumlauf zu irgendeinem Zyklus.« Balodil setzte den Pokal an die Lippen und trank vom Wein. »Ist es verwerflich, dass ich deswegen trauere?« Er sah Tirîgon mit seinem braunen Auge an und lächelte. Die Fältchen in seinem Gesicht vertieften sich. »Ich verliere meinen besten Halt, guter Freund. Ihr habt mir das Leben bewahrt, für euch führte ich manche Schlacht, wenn auch verborgen.« Nachdenklich leerte er den Pokal. »Jetzt verlasst ihr mich.«
»Vergiss nicht, was du dafür erlangst. Den Tod des Zhadar und damit deine geliebte Rüstung, die er dir raubte. Ländereien und Höhlen, über die du bestimmst. Und du kannst den Glauben des Infamen verbreiten, der auch dir beisteht.« Tirîgon goss ihm wieder nach. »Wichtig ist, dass du weiterhin die Elixiere einnimmst, die Sisaroth dir brauen wird. Sie stellen sicher, dass sich dein Verstand erholt und auch die letzten Auswirkungen des Schlags gegen deinen Kopf schwinden.«
Balodil stieß einen dumpfen Laut aus, hob das Gefäß und betrachtete sich in der polierten Oberfläche. Behutsam fuhr er mit dem Zeigefinger die Narbe nach. »Es ist wahr«, raunte er. »Ich kann nicht eher fort von hier, bis ich den Zhadar zur Rechenschaft zog. Niemand versucht ungestraft, mich zu ermorden.« Er wandte den Kopf leicht nach rechts und links, prüfte die verheilte Wunde und den Wulst.
»Das sehe ich ebenso.« Tirîgon nippte von seinem Wein. Habe ich dich endlich auf die richtige Spur gesetzt. Nimm endlich Fahrt auf, du störrische Lore. »Die Gnade des Infamen ist dir dabei gewiss. Du warst stets ein guter und treuer Anhänger, der dem Cîanoi bei seinen Ritualen half. Er hat dich in guter Erinnerung. Du wirst sehen: Deine Erfolge werden die des Zhadar überflügeln. Um das Hundertfache!«
»Wenn es das ist, was ich tun muss, um durch die Schwarze Schlucht zu marschieren, dann soll es geschehen«, brummelte Balodil und stellte den Pokal auf den Tisch zurück. Er legte eine Hand gegen die Brust. »Ich fühle ihn in mir, Tirîgon.«
»Den brennenden Wunsch nach Vergeltung?«
»Shëidogîs.«
Er faselt schon. Tirîgon nickte. »Aber ja. Er ist in uns allen.«
»Nein, nicht so. Ich fühle ihn. Er spricht mit mir, als säße ein Teil von ihm in mir.« Der Unterirdische keuchte auf und hielt sich die Augenhöhle, vor der die Klappe saß. »Das ist sein Geschenk an mich, mein guter Freund. Mehr Schutz vermag man sich nicht zu wünschen.«
»Ich möchte dir nicht widersprechen, doch was du fühlst, sind womöglich die Wirkungen der Tränke.«
»Das dachte ich auch. Aber ich entsann mich einer
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