Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
das obere Stockwerk wollen.«
    Das Einhorn preschte voran, den Kopf zum Stoß leicht gesenkt.
    »Komm schon!«, rief Sisaroth lachend und bot ihm die breite Brust. »Vernichte mich, wenn du es vermagst!« Er tänzelte zur Seite und glitt in einem Fleck seines eigenen Blutes aus. Zwar geriet der Cîanoi lediglich ins Straucheln, aber die Unkonzentriertheit genügte, um eine Katastrophe vorzubereiten, die sich kaum mehr abwenden ließ.
    Nein! Du wirst mir meinen Bruder nicht rauben! Nicht so kurz vor dem Einmarsch nach Tark Draan, du Biest! Tirîgon streifte sein Wehrgehänge ab und schleuderte es samt dem langen Schwert darin über den Kopf nach den Beinen des heranstürmenden Einhorns, das laut wieherte und nach dem Tod des Feindes trachtete.
    Der Gurt verfing sich in den Hufen, das Schwert verhedderte sich zwischen den Läufen.
    Der Schimmel stürzte, rutschte auf Sisaroth zu. Einhorn und Alb verbanden sich zu einem Knäuel.
    »Bruder!« Tirîgon rannte los, zog seine beiden Doppelklingendolche aus der Halterung. Ich steche es ab, solange es am Boden ist. Mir gleich, ob wir damit einen Nachtmahr verlieren. Sisaroths Leben ist tausendfach wichtiger.
    Als er näher kam, sah er das Horn bis zur Stirn in Sisaroths Bauch stecken. Es trat auf dem Rücken aus, Blut rann an den vier Windungen entlang und troff auf den zerstörten Boden. Sein Bruder rang röchelnd nach Atem, während das Einhorn versuchte, die Beine anzuziehen und sich zu erheben.
    Nein. Er hob die Dolche und zielte auf den Nacken mit der weißen Mähne. »Du elendes …«
    »Das Beil«, ächzte Sisaroth. Seine Finger öffneten sich, die Waffe fiel klirrend nieder. »Nimm das Beil und hacke das Horn ab. Danach gibst du von deinem Blut auf den Stumpf und lauschst den Worten, die Shëidogîs dir zuwispert.«
    Tränen traten in Tirîgons Augen. »Denkst du, dass Firûsha oder ich auf dem Rücken eines Nachtmahrs sitzen werden, der seine Existenz unserem toten Bruder verdankt?« Er hakte einen Dolch an der Befestigungsöse der Oberschenkelpanzerung ein und nahm das Beil; mit einem raschen Fußfeger verhinderte er, dass sich das Einhorn erhob. »Es soll dir in die Endlichkeit folgen.«
    Tirîgon nahm Maß und schlug zu – aber sein Bruder drückte sich mit enormer Kraft nach oben und stand auf, trotz des Horns in seinem Leib. Damit ging der Hieb nicht in die Wirbel des Schimmels, sondern knapp oberhalb des Ansatzes durch das Horn.
    Befreit vom Ballast, ruckte der Schädel blitzartig in die Höhe und stieß mit Tirîgons Oberkörper zusammen.
    Der Alb schnitt sich dadurch mit seinem Doppeldolch in den Hals und fühlte, wie Blut herausquoll. Die Wunde war tief.
    Das endet böse. Tirîgon wankte und ließ die Waffe fallen, stützte sich am Treppengeländer ab und versuchte, die Verletzung zuzudrücken. Warm lief ihm der Lebenssaft über die Finger. Ich brauche einen Heiler. Jetzt, oder ich …
    Das Einhorn hatte es geschafft, sich mit zittrigen Beinen zu erheben. Es schrie schrecklich, während sein Blut aus dem Stumpf sprudelte, die Blesse und die Schnauze hinabfloss und das weiße Fell rot färbte.
    »Es wird uns nicht besiegen.« Sisaroth stand immer noch. Er streckte den Arm nach seinem Bruder aus. Dachte Tirîgon zuerst, er wollte sich an ihm abstützen, nahm er eine Wurfscheibe aus der Rüstungshalterung, zog sie durch sein eigenes, danach durch Tirîgons Blut. »Nun werden wir es gemeinsam erschaffen.« Anschließend schleuderte er die Waffe – und traf den Stumpf.
    Alb- und Einhornblut mischten sich. Es zischte und brodelte, schwarzer Schaum bildete sich auf der Schnittfläche.
    Der Schimmel gebärdete sich wie toll, keilte aus und sprang durch die Halle. Was von den Hufen getroffen wurde, zersprang in viele Stücke.
    Wie kann er diese Wunde überstehen? Ohne die Macht des Infamen wäre er schon lange tot. Tirîgon vernahm das leise Murmeln, das über Sisaroths Lippen zusammen mit seinem Blut drang. Noch immer ragte das abgeschlagene Horn aus Bauch und Rücken.
    In diesem Moment wurde der Haupteingang durch einen Schlag aufgebrochen.
    Balodil kam herein, den Blutdürster mit beiden Händen führend. Der Unterirdische musste über eine äußere Treppe hinausgelangt sein. Sein Auge erfasste die Lage, sah die beiden Brüder und ihre Verfassung. »Beim Infamen! Tirîgon! Sisaroth!« Er stutzte, wich vor dem Einhorn zurück, dessen Schmerzensschreie durchdringender und unerträglich wurden. »Wir müssen raus! Raus aus dem Palast!«, brüllte er gegen den

Weitere Kostenlose Bücher