Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Wort

 
    Phondrasôn
    »Es ist gleich erledigt.« Firûsha sah durch einen Spalt, den sie in die Zeltwand geschnitten hatten, und verfolgte den Flug des letzten Pakets, das eben in die Höhe verschwand.
    Sie bewunderte den Einfallsreichtum ihres Bruders Tirîgon. Er war einfach aus dem Zelt marschiert und hatte sich in Korhnojs Namen schwebende Lampen sowie dünne Lederhäute für einen Versuch geordert: Man wolle damit die Festung unter Umständen in Brand setzen.
    Gleich darauf waren Laternen und Häute zu ihm gebracht worden. Noch viel schneller waren die abgeschlagenen Köpfe einzeln in die Lederhäute eingewickelt und mit den Ballons in die Höhe geschickt worden.
    Firûsha hatte verfolgt, wie sie hinaufschwebten. Sie wurden vom Luftstrom erfasst und auf die Felszunge zugetrieben, wie Tirîgon es vorhergesagt hatte. Oberhalb von Shuctos Spähposition verfingen sie sich in der Felswand, verbrannten und warfen somit von selbst die Säckchen mit den Trophäen wieder ab.
    Der Barbar muss sie nur noch einsammeln. Auch der letzte Sack erreichte sein Ziel, wie Firûsha sah. »Ihr könnt gehen«, sagte sie zu ihren Brüdern. »Führt unser Volk nach Tark Draan.« Sie umarmte die beiden. »Und wagt es nicht, mir meinen Lautenspieler und sein Liebchen umzubringen.«
    Tirîgon lachte. »Nein, werden wir nicht. Sie gehören dir, wie versprochen.«
    »Wir markieren dir den Weg zur Kaskade. Aber vergiss nicht, die Stellen zu säubern, damit uns kein anderer folgt«, sagte Sisaroth und bemühte sich, seine Sorge nicht offen zur Schau zu stellen. »Du willst es wirklich alleine tun?«
    Firûsha nickte. Ich muss es tun, um mir selbst zu beweisen, dass ich mehr vermag als schön zu singen. Sie sah auf Balodil herab. »Wir beide schreiben die Geschichte Phondrasôns neu.«
    Er nickte ihr mit einem breiten Grinsen zu. »Ich bin bereit.« Danach verabschiedete er sich nacheinander mit Handschlag von Sisaroth und Tirîgon. »Wir sehen uns wieder. In Tark Draan, und wehe, ihr habt es bis dahin nicht zu Herrschern gebracht! Ich komme mit einer Streitmacht, um euch zu testen.«
    Die beiden Albae lachten und taten, als seien sie mit ihm in wahrer Freundschaft verbunden. Firûsha beneidete sie um ihr schauspielerisches Talent. Ich kann meine Abneigung gegen etwas nicht so leicht verbergen.
    »Was wirst du tun, bis du den Ausgang durch die Schwarze Schlucht gefunden hast?«, erkundigte sich Sisaroth.
    »Willst du wirklich nicht mit uns kommen?«, versuchte es Tirîgon zum Schein.
    »Nein. Mich bringt nichts durch einen Wasserfall und einen Teich. Ich nutze die Zeit und räume derweil noch ein wenig in den Höhlen auf«, gab Balodil verschmitzt lächelnd zurück. »Jemand trägt eine Rüstung, die ihm nicht gebührt.«
    »Das ist deine Meinung«, warf Sisaroth ein. »Der Zhadar wird es anders sehen.«
    Der Unterirdische bleckte die Zähne und berührte die Narbe, danach die Augenklappe. »Ich hoffe es. Es wäre sonst zu langweilig.« Dann wurde er ernst. »Ich danke euch für alles, was ihr für mich tatet. Ich schulde euch mein Leben, meine Erinnerungen, so vieles, was ich nicht wieder gutmachen kann.«
    Die Brüder betrachteten ihn zufrieden.
    Firûsha wusste genau, was sie dachten: Er ist uns gut gelungen. Sie gratulierten sich gerade gegenseitig zu dem, was sie erschaffen hatten.
    »Vergiss nicht, deine Arznei zu nehmen«, mahnte ihn Sisaroth. »Ich legte dir einen großen Vorrat an, und die Rezeptur findest du in der kleinen Kiste, zusammen mit den Zutaten. Die nächsten Teile der Unendlichkeit wird es reichen.«
    »So lange brauche ich nicht, bis ich den Ausgang gefunden habe«, wehrte Balodil ab. »Du wirst mir das Zeug frisch aufbrühen können. Falls ich es überhaupt noch brauche. Der Tod des Zhadar wird mich von allem heilen, was er mir antat«, sprach er finster.
    Sie reichten sich erneut die Hände, dann verschwanden Sisaroth und Tirîgon; das Klappern der Nachtmahrhufe entfernte sich schnell vom Zelt.
    Nun kommt mein Teil der Unternehmung. Firûsha wehrte sich gegen das flaue Gefühl im Magen. Es war eine Sache, im Kampf gegen viele Feinde zu bestehen. Was jetzt von ihr verlangt wurde, übertraf alles.
    Balodil sah auf die Leichen der Barbarinnen und Barbaren, die kreuz und quer im Zelt lagen und ihr Blut auf dem Boden verströmten. »Das Fehlen der Wachen wird niemandem auffallen, aber das Rot wird in die Zeltwände ziehen und sich nach oben saugen«, schätzte er und säuberte Blutdürster am Gewand eines Toten.

Weitere Kostenlose Bücher